Sr. Hanni Denifl aus Fulpmes
Herausforderung Missionsarbeit in Afrika

Seit mehr als 19 Jahren ist die Ordensschwester Hanni Denifl aus Fulpmes weltweit im Missionseinsatz tätig.  | Foto: MIVA Austria
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  • Seit mehr als 19 Jahren ist die Ordensschwester Hanni Denifl aus Fulpmes weltweit im Missionseinsatz tätig.
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Über das Engagement von Don Bosco Schwester Hanni Denifl berichteten wir schon öfters. Kürzlich weilte die Fulpmerin auf Heimaturlaub – ein Portrait über die 54-Jährige.

Seit wann und in welchen Ländern waren Sie schon überall auf Missionseinsatz?
Der Weg bis zur Sendung in die Mission bedarf vieler Vorbereitungen und Ausbildungen. Als diplomierte Krankenschwester, und nach einem dreijährigen Kurzstudium in Rom, kam ich 2006 an meinen ersten Wirkungsort im Westen der Elfenbeinküste. Nach einem Jahr Einsatz in Mali kam ich für sechs Jahre nach Benin, wo ich neben der Begleitung Jugendlicher im Gefängnis und der Arbeit gegen den Kinderhandel auf dem Markt Dantokpa eine zusätzliche Ausbildung zur Sozialpädagogin absolvierte. Anschließend arbeitete ich ein Jahr lang auf unserer Missionsstation in Ghana bis ich 2016 wieder in die Elfenbeinküste zurückkehrte. Dort lebte ich zuletzt in unserem Kinderschutzzentrum in Abidjan mit verkauften, ausgebeuteten, misshandelten, missbrauchten, ausgesetzten verstoßenen oder zwangsverheirateten Mädchen. Ab August 2022 geht es wieder zurück zu meinen Anfangsjahren nach Benin.

Was hat Sie dazu bewogen in die Mission zu gehen?
Als 15-Jährige faszinierten mich Bilder über die Arbeit der Barmherzigen Schwestern in Tansania und in mir entbrannte der Wunsch, einmal selbst nach Afrika zu gehen. Als der Salesianerpater Johann Kiesling in seinem Heimaturlaub ganz begeistert von seiner Missionsarbeit im Kongo erzählte, war ich Feuer und Flamme und machte mich kurz darauf, als 22-Jährige, für einen freiwilligen Einsatz zu ihm in die Demokratische Republik Kongo auf. Dort lernte ich die Don Bosco Schwestern kennen und deren unermüdliches Wirken für die dortige Jugend, ließ mich auf meine eigene Zukunft besinnen. Was will ich, was ist der Plan Gottes mit meinem Leben? Wieder zurück in meiner Heimat entschied ich mich für die Nachfolge Jesu im Missionsorden der Don Bosco Schwestern.

Als Don Bosco Schwester liegen Ihnen die Kinder und Jugendlichen besonders am Herzen. Was ist das Besondere für Sie persönlich bei der Arbeit mit Kindern?
Mir ist wichtig, den Kindern einen Platz zu schaffen, wo sie angenommen sind und Kind sein können. Traumatisierte Kinder müssen wieder ein Selbstwertgefühl aufbauen, Vertrauen muss wieder hergestellt werden, was oft viel Geduld und Ausdauer braucht. Jugendliche brauchen auch eine solide Ausbildung, um einmal ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Eine Herausforderung ist die Elternarbeit. Eltern entziehen sich ihrer Erziehungs-Verantwortung und stempeln ihre Kinder oft ab, kulturelle Mythen spielen dabei oft eine große Rolle.

In der Elfenbeinküste waren Sie unter anderem in einer Schule tätig. Was sind die größten Herausforderungen im Bildungsbereich in ärmeren Ländern?

Eine der größten Herausforderungen im Bildungsbereich ist meiner Meinung nach das Schulgeld. Der Großteil der Menschen lebt an der Armutsgrenze. Öffentliche Schulen, die billiger sind, haben meist eine Schüleranzahl von 60 bis 110 in einer Klasse. Kinder steigen oft in höhere Klassen auf, ohne lesen zu können. Eltern, denen die Schulausbildung der Kinder wichtig ist, sind gezwungen, Kinder in private Schulen zu schicken, die jedoch sehr teuer sind. Sobald dem Kind ein Buch fehlt, wird es aus der Klasse geschickt und somit der Gefahr ausgesetzt, zu Schulabbrechern oder zu Straßenkindern zu werden. Dasselbe passiert, wenn die Eltern weitere Schulgeld-Raten nicht mehr bezahlen können. Ein weiteres Problem ist das noch weithin gängige repressive Schulsystem. Aus Angst vor Lehrern brechen Kinder vielfach ihre Schule ab.

Afrika ist ein Land mit großen Distanzen. Welche Fortbewegungsmittel stehen im Bildungsbereich, gerade wo Sie im Einsatz sind, zur Verfügung?

Um Zugang zu Schulen oder anderen Ausbildungsstätten zu haben, müssen Kinder oft weite Strecken hinlegen. Auf dem Land gibt es in den Dörfern nur Volksschulen. Der Besuch einer weiterführenden Schule in einer nahegelegenen Kleinstadt erfordert immer die Suche nach einer Pflegefamilie, wo die Kinder wieder dem hohen Risiko des Missbrauchs ausgesetzt sind. Deshalb ist am Land - Schulbusse gibt es nicht - der Transport mit Fahrrädern eine optimale Lösung. In den großen Städten, wo hohes Verkehrsaufkommen ist, ist das Radfahren für Kinder zu gefährlich, jedoch Jugendliche nützen diese Möglichkeit, um an ihren Lehrplatz zu kommen. Moped- oder Autotaxi kommen bei täglichem Gebrauch zu teuer. In manchen Hauptstädten gibt es inzwischen Busse, die auch für Studenten erschwinglich sind, um an die Universität zu kommen. Manchmal sind jedoch bezahlte Sammeltaxis die einzige Lösung. Mopeds werden beispielsweise in Cotonou viel gefahren, jedoch sind diese für Schüler unerschwinglich. Oft bleibt ihnen nur, den langen Fußweg in Kauf zu nehmen, was in der Regenzeit kaum zumutbar ist und sie dadurch wertvollen Unterricht versäumen.

Welchen Stellenwert nimmt die Mobilität für Ihre tägliche Arbeit ein?
Ohne Mobilität könnten wir unserer sozialen Arbeit nicht nachkommen. In der Begleitung unserer Kinder und Jugendlichen, ob jener vom Kinderhandel betroffenen, jener auf dem Markt, im Gefängnis oder unserer Berufsschulabgänger, ist mobil zu sein von höchster Bedeutung. Eltern müssen aufgesucht werden, mögliche Lehr- oder Arbeitsplätze erkundet oder für Verhandlungen mit möglichen Lehrherren aufgesucht werden. Alle diese Arbeit, auch Sensibilisierungen wie beispielsweise gegen Gewalt an Frauen in Dörfern oder gegen Jugendkriminalität in Stadtvierteln wäre ohne einen entsprechenden fahrbaren Untersatz nicht möglich. Während der Regenzeit kämpfen wir auch immer wieder mit Überschwemmungen. Auch die Straßenverhältnisse verschlechtern sich in dieser Zeit enorm. Robuste und geländegängige Fahrzeuge sind in dieser Zeit unabkömmlich.

Wir in Österreich haben ein funktionierendes Sozialsystem und die Mobilität spielt eher ein untergeordnetes Thema. Wie ist das in Afrika?
Mobil zu sein ist in vielen Ländern Afrikas Mangelware. Um zur Schule, auf den Lehrplatz oder in die Arbeit zu kommen, muss man sich jedoch fortbewegen können. Auch für die Versorgung von kranken Menschen ist es lebensnotwendig, Zugang zu Gesundheits-Einrichtungen zu haben. Diese sind aber oft bis zu hundert Kilometer weit entfernt. Für europäische Verhältnisse klingt das nicht viel, in ärmeren Ländern kommen aber noch die schlechten Straßenverhältnisse, die desolaten und oft nicht gewarteten Fahrzeuge, das rücksichtslose Fahrverhalten und zu guter Letzt die Gefahr durch Banditen, die Straßenbarrikaden errichten und die Menschen ausrauben und manchmal sogar töten, dazu. In Westafrika ist man diesen Gefahren ständig ausgesetzt und man muss dankbar sein, wenn man abends gesund nach Hause gekommen ist.

Ihre neue Tätigkeit führt sie im August nach Benin. Was werden die Schwerpunkte Ihrer Arbeit dort sein?
Ich werde auf jeden Fall wieder mehr in die Arbeit mit unseren jugendlichen Straftätern involviert sein. Jedoch wird meine Hauptaufgabe in Cotonou die Begleitung all unserer Berufsschulabgänger auf ihrem Weg ins Arbeitsleben sein. Egal ob selbstständig oder in einem Arbeitsverhältnis. Bei letzterem ist es wichtig, dass die Jugendlichen gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung erhalten. Leider werden sie noch zu oft ausgebeutet und müssen ohne Arbeitsvertrag „schuften“. Zudem begleite ich ärmste Familien, die wir durch Patenschaften unterstützen.

Sie kennen das katholische Hilfswerk MIVA, welches sich für Mobilität in den ärmsten Ländern einsetzt, bereits seit vielen Jahren. Wie wichtig ist eine solche Organisation für Sie?

Schon in der Demokratischen Republik Kongo bin ich mit Pater Johann Kiesling und Sr. Hildegard Litzlhammer mit MIVA-Autos, Fahrrädern, Motorrädern und sogar Booten durch den Busch in die entlegensten Dörfer gefahren. Und auch in meiner jetzigen westafrikanischen Heimat bewegen wir uns mit den verlässlichen MIVA-Fahrzeugen. Wir sind ein aktiver Orden, wir gehen zu den Menschen, die uns brauchen, suchen sie auf, dort wo sie leben, in den Dörfern, auf den Märkten, auf der Straße, in vernachlässigten Stadtvierteln, in den Gefängnissen, und vielerorts mehr. Ohne die MIVA, die unserem Orden in meinen unterschiedlichsten Stationen schon unzählige Fahrzeuge zur Verfügung gestellt hat, wäre diese Arbeit nur sehr eingeschränkt möglich. Auch unsere Jugendlichen selbst profitieren von Fahrrädern der MIVA und ihnen wird der Schul- oder Arbeitsweg erleichtert. Wir danken der MIVA für ihre jahrelange, treue Unterstützung mit Fahrzeugen aller Art. Ihre Hilfe ist ein wichtiger Beitrag zu unserem Wirken unter den Kindern, Jugendlichen und armen Menschen!

Zur Sache – über die MIVA – Spendenbitte

Die MIVA ist ein Hilfswerk der katholischen Kirche. Ihr Ziel ist es, Menschen in den ärmsten Regionen der Welt mit lebensnotwendiger Mobilität zu unterstützen. Je nach Bedarf Ambulanzfahrzeuge oder Geländewagen, Motorräder, Fahrräder, Traktoren, landwirtschaftliche Geräte, fallweise auch Boote, Mobilitätshilfen oder Lasttiere. Heuer stehen besonders Schulen und Bildungsprojekte im Fokus, denn eine profunde Ausbildung ist für junge Menschen oft der einzige Schritt auf dem Weg aus der Armut. „Pro unfallfreiem Kilometer einen ZehntelCent für ein MIVA-Auto“ lautet die Spendenbitte anlässlich der ChristophorusAktion, welche rund um den Schutzpatron aller Reisenden, dem heiligen Christophorus, am 24. Juli 2022 gefeiert wird. Die Spendenaktion wird getragen von der Überzeugung, dass Mobilität ein Gut ist, welches bei uns im Überfluss vorhanden ist, während sie in vielen Teilen der Welt schmerzlich vermisst wird. Der Solidaritätsgedanke lautet daher: „Mobilität ist teilbar.“ Mehr Infos und die Spendenmöglichkeiten auf www.miva.at

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