Landeskapellmeister Rudi Pascher im Gespräch
Pascher: "Beginnt wieder zu üben"

Landeskapellmeister Rudi Pascher hat derzeit nichts zu dirigieren. Die Blasmusik steht still und sieht schweren Zeiten entgegen. | Foto: privat
  • Landeskapellmeister Rudi Pascher hat derzeit nichts zu dirigieren. Die Blasmusik steht still und sieht schweren Zeiten entgegen.
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Landeskapellmeister Rudi Pascher sieht für die Zukunft große Probleme für die Blasmusik in Tirol.

Keine Proben, keine Konzerte, keine Feste. Wie geht es dem Landeskapellmeister in seinem 5. Jahr im Amt?
Rudi Pascher:
Nicht so gut. Es ist eine extrem ungute Situation, ich habe das Gefühl, die Motivation und die Moral gehen bei den Kapellen langsam verloren. Natürlich wird einiges online gearbeitet, das ersetzt aber weder eine Probe noch ein Konzert.

Viele Kapellen hatten seit mehr als einem Jahr keine Proben. Sehen Sie dadurch eine Gefahr für den Bestand der Musikkapellen im Land?
Bei einigen sicher. Und bei vielen wird es ein richtiger Neustart werden müssen. Nur, ich bin es gewohnt, Optimist zu sein und glaube, dass manche auch gestärkt aus der Krise hervorgehen werden. Leicht wird es aber für das gesamte Blasmusikwesen nicht werden.

Werden nach Corona die Kapellen weiterhin in gewohnter Stärke auftreten können? Denn so mancher wird es als bequem sehen, nicht mehr in die Tracht schlüpfen zu „müssen“.
Natürlich werden wir Aktive verlieren, das wird Realität. Aber vielen geht das Proben und Ausrücken schon sehr ab. Ich habe die Verantwortlichen in den Kapellen gebeten, zumindest virtuell in Kontakt zu bleiben – was aber nie die reale Zusammenkunft oder eine Probe ersetzen kann. Und es hat viele gute Aktionen wie z. B. ein Probensackerl für die Mitglieder in einigen Kapellen gegeben. Aber vielleicht lernen wir aus der Krise zu schätzen, was wir an unserer Kultur haben und wie sehr wir sie vermissen.

Derzeit wäre wohl die Hochsaison für die Proben zu den Frühjahrskonzerten. Auch diese werden heuer ausfallen. Ist die Qualität der Kapellen dadurch gefährdet?
Natürlich. Auch wurden alle Wertungsspiele auf Bezirks- und Landesebene abgesagt. Dafür gibt es viele Online-Weiterbildungen und für den Herbst wird von uns alternativ zum Landeswertungsspiel eine neue Konzertform unter dem Titel „Blasmusikimpulse“ organisiert. Weiters ist in Kooperation mit dem ORF-Tirol eine neue Serie „Das Platzkonzert – im Livestream“ geplant.

Aber das Zusammenspiel fehlt, ebenso der Ansatz bei vielen Musikanten. Es wird wohl ein schwieriger Neuanfang werden.
Ja, aber natürlich gibt es auch in Krisenzeiten einige Musikanten, die üben. Aber das wird nicht die Masse sein. Größere Bedenken habe ich in Sachen Jugendarbeit. Es fehlen die jungen Interessierten, die sich bei einer Kapelle anmelden. Und das schon das zweite Jahr.

Klar, wenn eine Kapelle mit vielen jungen Musikanten in einer Gemeinde aufmarschiert, so ist dies die beste Werbung für den Nachwuchs. Ist der in Gefahr?
Ja, und auch einige Musikkapellen, aber auch Musikschulen jammern, es fehlen die Schüler mit Instrumenten mit einem Blasmusikbezug. Es ist regional unterschiedlich, aber es bräuchte einfach mehr Neuanmeldungen. Dieser Aufgabe sind sich unsere Jugendreferenten bewusst und arbeiten auch intensiv daran. Für mich wäre es höchst an der Zeit, endlich wieder – und wenn es nur im kleinen Ensemble wäre – gemeinsam musizieren zu können. Auch wenn es negative Coronatests braucht, um wieder proben zu dürfen. Aber davon sind wir wohl noch weit entfernt, auch weil Ärzte und Virologen immer wieder vor blasmusikalischer Tätigkeit warnen.

Und wie sieht es mit dem Nachwuchs bei den Kapellmeistern aus? Hat sich durch Corona die Bereitschaft gesenkt, dieses Amt zu übernehmen?
Eher nicht. Einige Kapellmeister, die aufhören wollten, haben das in der Krise nicht getan! Auch sind sehr viele in Ausbildung. Schwierigkeiten bereiten derzeit die Abschlussprüfungen mit den Kapellen. Da ist aber bereits ein Plan B in Ausarbeitung.

Auch heuer wird es kein Bezirksmusikfest oder Zeltfest geben. Wie geht es den Kapellen finanziell?
Unterschiedlich. Und es geht nicht nur um Zeltfeste. Das Silvesterblasen in den Gemeinden oder das Spiel zum 1. Mai sind ausgefallen und fallen aus. Das sind oft schmerzliche finanzielle Verluste. Klar, die Ausgaben sind auch geringer, aber trotzdem ist die Situation schwierig.

Wie sehen Sie die Unterstützung für die Musikkapellen durch das Land Tirol in Krisenzeiten? Immerhin ist LH Platter auch Verbandspräsident.
Grundsätzlich ist das Land Tirol sehr entgegenkommend. Aber die Möglichkeiten sind leider sehr begrenzt, denn alle Verordnungen kommen vom Gesundheitsministerium. Finanziell gibt es einen kleinen Unterstützungsfonds, davon werden aber wenige Kapellen etwas haben. Und natürlich bemüht sich der Österreichische Blasmusikverband in Wien, um endlich wieder starten zu können.

Bis wann rechnen Sie mit einem Neustart und wie sehen Sie die Impfung für Musikanten?
Eines scheint sicher: Je mehr geimpft sind, umso schneller werden wir wieder in die Proberäume und Konzertsäle zurückkehren können. Vielleicht wird es im Sommer möglich sein, Platzkonzerte im Freien abzuhalten.

Was raten Sie den Musikanten in der Zeit, bis es wieder los geht?
Ich halte es hier mit Viktor E. Frankl: "Trotzdem Ja zum Leben sagen." Und ich kann nur an alle Musikantinnen und Musikanten appellieren: Beginnt wieder zu üben – es wird schon wieder!

Weitere Infos zum Tiroler Blasmusikverband findet ihr hier:

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