Über Chancen in Lehrberufen sprachen wir mit dem Vizepräsidenten der WK Tirol, Martin Felder
Martin Felder: "Lehrstellen in Tirol: Chancen besser denn je"

Martin Felder will mehr Mädchen in Männerberufen. | Foto: Krabichler
  • Martin Felder will mehr Mädchen in Männerberufen.
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Welche Chance hat ein 15-jähriges Mädchen oder ein 15-jähriger Bub für die Zukunft, wenn sie sich in Tirol für eine Lehre entscheiden?
Martin Felder: „Die Chancen sind besser denn je, es gibt quer über alle Branchen mannigfaltige Jobangebote und in Tirol gibt es derzeit etwa 1.900 Stellenangebote."

Die Zahl der Lehrlinge, auch in Tirol, sinkt kontinuierlich. Ist es der Geburtenrückgang oder läuft was falsch?
"Nicht ganz richtig. Die demografische Entwicklung ist noch etwa zwei Jahre negativ, aber erstmals gibt es in Tirol stabilisierte Lehrlingszahlen, mit der Tendenz zur leichten Steigerung. Auch weil es in Tirol sehr gute Aktionen für die Gewinnung von Lehrlingen seit Jahren gibt, wie etwa die Berufsorientierung, Lehrlingsmessen oder die Infos an den Schulen. Es kommt auch wieder das Vertrauen der Eltern, den Kindern eine Lehre schmackhaft zu machen."

Aber in Tirol gibt es einen Lehrlingsmangel, speziell in der Gastronomie. Warum?
"Nicht nur. Klar, in der Gastronomie werden viele Lehrlinge gesucht, aber es trifft eigentlich sehr viele Branchen. Und die Arbeit in der Gastronomie wurde jahrelang schlechtgeredet. Natürlich sind die Arbeitsbedingungen andere als in anderen Branchen, trotzdem sind hier tolle Arbeitsplätze vorhanden."
Die Lehrlingsentschädigung ist ja nicht umwerfend hoch. Hält das nicht auch ältere Jugendliche ab, eine Lehre auch noch im höheren Alter zu beginnen?
"Nein. Denn es darf nicht vergessen werden, dass die Jugendlichen eine perfekte Ausbildung absolvieren, die das Standbein für ihre Zukunft ist und die Betriebe enorm viel Geld kostet. Das vordergründige Geldverdienen kann nicht die Motivation für eine Berufswahl sein. Viel wichtiger ist es, den richtigen Beruf zu wählen, denn nur wenn man mit Überzeugung und Freude dabei ist, wird man auch erfolgreich werden."

Die Welt verändert sich unglaublich schnell. Ist das duale Ausbildungskonzept mit Schule und Betrieb ausreichend oder braucht es neue, zusätzliche Maßnahmen?
"Gerade in der Lehrlingsausbildung hat sich in den vergangenen Jahren extrem viel getan. Die Betriebe wollen und müssen diese Anpassungen an die modernen Anforderungen im eigenen Interesse vornehmen."

Aber braucht es nicht für neue Lehrberufe auch die nötigen Lehrstellen? Wie liegt da Tirol?
"Unterschiedlich. Neue Berufe wie etwa Mechatroniker sind sehr gefragt, aber natürlich bringt nicht jedes Berufsbild sofort die nötigen Interessenten. Auch gibt es in Tirol viele gute Fachschulen, die um die Jugendlichen mit den neuen Lehrberufen konkurrieren."

Einzelhandelskauffrau, Frisörin, Büro. Viele Mädchen wollen diese drei Berufe erlernen. Warum gibt es so wenige Mädchen in Männerberufen?
"Generell versuchen wir, das immer zu fördern. Aber der Zuzug von Mädchen in viele männliche Berufsbilder ist nach wie vor schwach. Das kann auch durchaus mit dem noch vorherrschenden Rollenbild zu tun haben, eine genaue Analyse ist hier schwer möglich. Auf alle Fälle gäbe es tolle, zukunftssichere Berufsmöglichkeiten für Mädchen in Tirol."

Sehen Sie die Vorbereitung auf eine Lehre in den Pflichtschulen als ausreichend?
"Schauen Sie sich die PISA-Ergebnisse an, dann bekommt man eine relativ gute Aussage über die Thematik. Es wird viel Geld in die Grundbildung gesteckt, der Erfolg ist zumindest hinterfragenswert. Es müssten die Programme derart geändert werden, dass das Lernen den Kindern Spaß macht, sie motiviert. Es ist zu wenig, den Kindern das Wissen zu präsentieren und dann abzuprüfen."

Es wurde groß diskutiert, Asylwerbern die Lehre weiter zu ermöglichen, die Regierung hat abgewunken. Wie sehen Sie das?
"Zuerst bin ich der Meinung, dass es Rechtssicherheit geben muss. Wer eine Lehre beginnt, sollte sie auch beenden können. Grundsätzlich bräuchten wir die Migranten in Lehrstellen, schon auf Grund der demografischen Entwicklung."
Das Gespräch führte Sieghard Krabichler

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