Rekordwert von 42 Prozent
Schuldenberatung liegt hoch im Kurs
Teuerung jagt Arbeitslosigkeit, Einkommensverringerung und mangelnder Finanzbildung als Hauptgrund für private Verschuldung nach. Die Schuldnerberatung hilft kostenlos und professionell.
VILLACH, VILLACH LAND. Der Schuldenreport 2024 ist da und liefert eine Fülle an Daten und Fakten aus dem Vorjahr. 2023 haben die staatlich anerkannten Schuldnerberatungen mehr als 60.500 Personen in Österreich unterstützt. In 69 Beratungsstellen gab es über 21.600 Erstkontakte. Insgesamt wurden 8.857 Privatkonkurse eröffnet – 71 Prozent davon wurden von Schuldenberatungen begleitet. Auf Anfrage der Woche Villach hat die Schuldnerberatung Kärnten die Zahlen für Villach und Villach Land für den Zeitraum 1. Jänner bis 30. April 2024 aus der Statistik für Kärnten herausgefiltert: Alleine heuer haben in Villach 91 Klienten erstmalig eine Beratung in Anspruch genommen. Es gab 279 Folgeberatungen und 56 Insolvenzeröffnungen/Privatkonkurse wurden am Bezirksgericht Villach eingebracht.
Teuerung fast am Stockerl
"Was die Gründe/Ursachen für Überschuldung betrifft, so wird von den meisten Ratsuchenden Arbeitslosigkeit beziehungsweise Einkommensverringerung als Ursache genannt, gefolgt von mangelnder Finanzbildung und ehemaliger Selbstständigkeit", verrät Alexandra Wilfinger, stellvertretende Geschäftsführerin der Schuldnerberatung Kärnten und Leiterin der Regionalstelle Villach: "Schon an vierter Stelle liegt die Teuerung, also die gestiegenen und stetig steigenden Wohnungs- und Lebenshaltungskosten!"
Was können Schuldner tun?
Wenn man die Zahlen vergleicht, belegt das die Wahrnehmung der Beraterinnen und Berater im Beratungsalltag. Wilfinger: "Zweieinhalbmal so viele Klienten haben 2023 die Teuerung als Ursache ihrer finanziellen Probleme genannt als noch im Jahr 2022. Für die Menschen wird es leider immer schwieriger, mit ihrem Einkommen auszukommen. Oft ist sogar ein Privatkonkurs nicht leistbar oder dauert es lange, bis ein solcher eingebracht werden kann!" Die Schuldnerberatung rät allen, sich ehestmöglich, im besten Fall noch bevor es Zahlungsschwierigkeiten oder Zahlungsrückstände gibt, die professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und einen Beratungstermin zu vereinbaren. "So können im besten Fall schon im Vorfeld kostspielige Betreibungen – wie beispielsweise die Übergabe an Anwälte oder Inkassobüros – vermieden oder auch Lohnexekutionen verhindert werden. Unsere Beratung ist kostenlos und vertraulich und erfolgt in jedem Fall individuell durch speziell ausgebildete Expertinnen und Experten", betont Wilfinger.
Falsche Infos halten ab
Oft ist sehr viel an Falschinformation in Bezug auf die Möglichkeiten einer Schuldenregulierung vorhanden, die Menschen davon abhält, wichtige Schritte zu setzen beziehungsweise rechtzeitig tätig zu werden. Wilfinger: "Wir können daher immer nur an alle in finanziellen Schwierigkeiten oder bei Engpässen appellieren, uns anzurufen und einen Termin zu vereinbaren. Zu wissen, welche Wege möglich sind, schafft Handlungsspielraum!" Was die Villacher Schuldnerberater zudem immer raten, ist die Führung eines Haushaltsbuches. "So kann man sich bewusst machen, welche monatlichen Ausgaben man hat und wo es eventuell Einsparungspotenzial gibt", verrät Wilfinger abschließend: "Sofern es noch keine offenen Forderungen gibt, kann bei uns auch eine Budgetberatung zur Optimierung des Haushaltsbudgets in Anspruch genommen werden. Auch diese ist kostenlos und erfolgt durch ausgewiesene Experten!"
Schulden höher als Gehalt
Eine Erhebung der staatlich anerkannten Schuldnerberatung hat ergeben, dass sich Schulden binnen acht Jahren verdreifachen, wenn nicht bezahlt wird beziehungsweise bezahlt werden kann. "Die meisten Menschen warten viel zu lange, bis sie eine Schuldenberatung aufsuchen. Durchschnittlich haben unsere Klienten in Österreich 55.000 Euro Schulden (bereinigte Durchschnittsverschuldung, Anm.)", betont Andreas Pregl, Leiter der Schuldnerberatung Kärnten, der hervorhebt, dass Arbeitslosengeldkürzen fatal wäre: "Seit Jahren sind Arbeitslosigkeit und Einkommensverlust die häufigsten Überschuldungsgründe!"
17 Prozent mehr Erstkontakte
Eine europäische Langzeitstudie zur Überschuldung hat ergeben, dass 9 Prozent der Haushalte, das sind fast 17 Millionen Haushalte, von Überschuldung betroffen sind. Bis 2032 wird ein Anstieg auf 22 Millionen Haushalte prognostiziert. "2023 haben sich so viele Menschen an eine Schuldenberatung gewandt, wie das zuletzt vor zwölf Jahren der Fall war. 21.645 Menschen ergeben einen Anstieg von 17 Prozent beziehungsweise weisen wir in Kärnten hier sogar einen Rekordwert von 42 Prozent auf", gibt Pregl zu bedenken, der mit seinem Team finanzielle Gesundheit für alle Menschen anstrebt: "Es soll eine nachhaltige Sanierung der finanziellen Situation und eine langfristige Stabilisierung der Lebensumstände der Betroffenen und ihrer Familien erreicht werden. Aber dafür müssen sich die Betroffenen melden!"
"Schulden sind keine Schande"
"Wir möchten noch einmal betonen, dass zu uns zu kommen keine Schande ist", sind sich Wilfinger und Pregl einig: "Wer hat keine Schulden heutzutage. Unsere kompetenten Mitarbeiter schauen sich jede Situation mit den Klienten individuell an. Als kompetente, kostenlose Anlaufstelle bieten wir auch Sprechtage in den Gemeinden und einmal im Monat Abendberatungen für Berufstätige. Unsere Standorte Bahnhofplatz 8/6 in Villach (04242/22616) und Waaggasse 18/3 in Klagenfurt (0463/515639) decken Ober- und Unterkärnten flächendeckend ab."
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