16 Tage gegen Gewalt
Opferschutzorganisationen setzen auf Zusammenarbeit
Der Bezirk Vöcklabruck nimmt beim Gewaltschutz eine Vorreiterrolle ein, dennoch steigt der Bedarf weiterhin.
BEZIRK VÖCKLABRUCK. Mehr als 200 Betretungsverbote wegen häuslicher Gewalt wurden im vergangenen Jahr im Bezirk Vöcklabruck ausgesprochen, heuer sind es schon wieder fast genauso viele – vor fünf Jahren waren es noch nicht einmal 100 Fälle. "Wir merken in unseren Beratungen einen massiven Anstieg an psychischer Gewalt, diese ist jedoch nicht sichtbar", berichtet Alexandra Raninger, Geschäftsführerin der Frauen- und Familienberatungsstelle Nora in Mondsee. "Wir hoffen, dass sich mehr Frauen trauen, Hilfe zu holen." Dass psychische Gewalt oft nur der Anfang ist, bestätigt Maria Fitzinger, Leiterin der Opferschutzgruppe im Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck. "Die Frauen machen vorher schon viel mit, bevor es im Krankenhaus endet."
Mehr Vorfälle beim Online-Dating
Dort schult Fitzinger das medizinische Personal, damit es erkennt, wenn Verletzungen durch häusliche Gewalt entstanden sind. Neben Übergriffen in bestehenden oder ehemaligen Beziehungen ortet die Leiterin der Opferschutzgruppe auch einen Anstieg an Gewalt beim Online-Dating: "Zu uns kommen vermehrt Frauen, die Bekanntschaften aus dem Internet in deren Wohnung besuchen und dort zum Opfer werden." Gerade in diesen Fällen sei es jedoch wichtig, nicht in eine Täter-Opfer-Umkehr zu verfallen und den Frauen die Schuld zu geben, mahnt Michaela Hirsch vom Frauenhaus Vöcklabruck. Hier fanden heuer bereits 26 Frauen und 25 Kinder Zuflucht, nachdem sie Opfer häuslicher Gewalt wurden.
Alte Rollenbilder aufbrechen
Damit es erst gar nicht so weit kommen muss, setzen die Einrichtungen im Bezirk auf eine intensive Zusammenarbeit. Bei ihren Kooperationstreffen stimmen sie die gemeinsame Vorgehensweise ab. "Prävention beginnt damit, veraltete Rollenbilder aufzubrechen", betont Norbert Winter, Leiter der Familienberatungsstelle Impuls in Vöcklabruck. Auch Bezirkshauptmann Johannes Beer möchte aufzeigen, wie sehr der Bezirk noch von patriarchalen Rollenbildern geprägt ist: "Ich finde es zum Beispiel spannend, bei öffentlichen Auftritten den Begriff 'Liebe' in den Mund zu nehmen." Als Mann ernte er dabei zunächst erstaunte Gesichter, im Nachhinein jedoch viele positive Rückmeldungen.
Muster erkennen und Hilfe holen
Für den Vöcklabrucker Bürgermeister Peter Schobesberger rückte das Thema Opferschutz im Gespräch mit einer Bürgerin in greifbare Nähe. "Früher hätte ich mir gedacht, das ist eine normale Scheidungsgeschichte. Weil ich aber jetzt weiß, dass Gewalt immer in bestimmten Mustern abläuft, konnte ich ihr sagen, wo sie Hilfe bekommt." Wie man diese Muster erkennt, habe er bei der Zusammenarbeit mit den beteiligten Organisationen sowie insbesondere bei den Vorträgen von Yvonne Widler, der Autorin des Buches „Heimat bist du toter Töchter“, gelernt – sie war zum zehnjährigen Jubiläum der Opferschutzgruppe am Salzkammergut Klinikum in Vöcklabruck.
Termine
Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ finden weltweit jedes Jahr zwischen 25. November und 10. Dezember statt.
In Vöcklabruck gibt es dazu bereits am Donnerstag, 23. November, einen Aktionstag: Um 15 Uhr wird die Fahne bei der Bezirkshauptmannschaft gehisst, um 15.30 Uhr folgt die Verhüllung des Stadtbrunnens. Um 17.30 Uhr hält die Geschlechterforscherin Ellie Scambor im OKH Vöcklabruck einen Vortrag zum Thema "Caring Masculinities und Prävention von Gewalt". Den Abschluss macht ein Konzert von Christl Rechenmacher.
Am Freitag, 24. November, um 19 Uhr zeigt die PUM im Kino Schwanenstadt den Film "Precious" der Attnanger Filmemacherin Carola Mair.
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