Gut gemeint, aber...
Verkehrsexperte testet die Waldviertler Öffis
Früher plante er den Verkehr in Graz. Für die Bezirksblätter stürzt sich Winfried Höpfl in die Abenteuer des Öffi-Angebots im Waldviertel.
WAIDHOFEN. Waldviertler kennen das Bild: Die Straßen sind voll mit Bussen, nur scheinen diese bei den Fahrgästen nicht sonderlich gut anzukommen. "In den zentralen Busbahnhöfen wie Waidhofen oder Horn habe ich manchmal den Eindruck, dass mehr Busse als Fahrgäste unterwegs sind", bedauert Winfried Höpfl. Der gebürtige Waidhofner ist Experte für öffentlichen Verkehr - das muss er auch sein, denn schließlich plante er sein Berufsleben lang im Grazer Magistrat den öffentlichen Verkehr sowie Ampelanlagen in der zweitgrößten Stadt Österreichs. Wer wäre also besser geeignet für die Bezirksblätter die öffentlichen Verkehrsangebote im Waldviertel zu testen?
Das Bussystem funktioniert!
Wenn Höpfl von seiner Wahl-Heimat in der Steiermark nach Waidhofen reist, dann macht er das öffentlich - und das funktioniere erstaunlich gut. Der Teufel steckt jedoch im Detail. Genau das sei auch der wahrscheinlichste Grund, warum so wenige Waldviertler das Busangebot nutzen: Erstens sei immer noch in den Köpfen, dass es gar kein Angebot gibt. Und: "Während ich selbst als jahrelanger Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel die Tücken der öffentlichen Verkehrsmittel durchschaut habe, kann ich das Angebot an Buslinien gut nutzen. Doch wer als hoffnungsvoller Anfänger zum „Einsteiger“ werden will, muss erst so manche Hürden überwinden und kann sich leicht davon abschrecken lassen", so Höpfl.
Denn: Das Bus-System des VOR funktioniere eigentlich hervorragend. "Ob mit der Franz-Josephs-Bahn und einem Anschlussbus von Göpfritz, ob über St. Pölten mit dem Wieselbus oder mit der Kamptalbahn und dem Horner Bus oder gar über Linz - Budweis und Gmünd bin ich immer öffentlich bis nach Waidhofen gelangt."
Doch man braucht kriminalistisches Gespür
Doch wo sind die Hürden für alle, die gerne umsteigen würden? Die Probleme fangen bereits in Waidhofen an. Wer in Waidhofen auf die Idee kommen sollte, einen Bus als Zubringer zur Franzlbahn in Göpfritz zu nutzen, wird auf dem Busterminal in der Waidhofner Gymnasiumstraße lange suchen müssen, um die Abfahrtstelle der Busse nach Göpfritz zu finden.
"Für die auf eine Länge von 300 Metern verteilten Bussteige gibt es keine zentrale Übersichtstafel", so Höpfl. Aber nicht nur das: Wer sich durch die weit verstreuten Infotafeln arbeitet, merkt schnell, dass es unterschiedliche Linien nach Göpfritz gibt - und das an unterschiedlichen Bussteigen. "Ärgerlicherweise sind die wichtigen Buslinien nach Göpfritz, Horn, Wien, St. Pölten am weitesten weg vom zentralen Wartehäuschen vor dem Eingang der Volksschule", so der Tester.
Fazit: Ohne Smartphone-App ist man am Busbahnhof in Waidhofen aufgeschmissen. "Man braucht viel Geduld und kriminalistisches Gespür", so Höpfl. Nur mit Glück finde man den Fahrplan nach Kautzen. Aber: "Wer traut sich aber mittags in einen Bus nach Kautzen einzusteigen, ohne zu wissen ob an diesem Tag überhaupt noch ein Bus zurückfährt? Für eine Rückfahrt sucht man in Waidhofen vergeblich nach Fahrplänen."
Experte: Schneller Anschluss an die Bahn wichtig
Doch was würde der Profi ändern? "Eine der gefragtesten Busverbindungen von Waidhofen wäre ein schneller Anschluss zur Franz-Josefs-Bahn in Göpfritz, wo die Züge täglich im Zwei-Stundentakt nach Wien abfahren.
Zwar fährt die Buslinie 180 von Waidhofen nach Horn im Stundentakt über Göpfritz. Aber diese Linie fährt den Umweg über Groß Siegharts und ist außerdem viel zu früh in Göpfritz, sodass man unnötige 30 Minuten Zeit vertrödelt, wenn man diesen Bus als Anschluss zum Zug in Göpfritz nutzen möchte", kritisiert Höpfl.
Eine Lösung wäre die Buslinie 760 von Litschau über Waidhofen nach Göpfritz. "Diese Buslinie sollte im Zwei-Stundentakt fahren und kurzen Anschluss zur Bahn haben. Dafür müsste die Buslinie 180 auch nur alle zwei Stunden nach Horn verkehren."
Fazit: Gelungen, mit wunden Punkten
Grundsätzlich sei das Öffi-Angebot gelungen, meint der Wahl-Steirer. Es gibt aber zahlreiche wunde Punkte und dringend nötige Verbesserungen im Detail. "Scheinbare Kleinigkeiten haben eine große Wirkung auf die Scheu der Leute, tatsächlich Öffis zu nutzen. Mit etwas Einfühlungsvermögen und gutem Willen, oftmals mit wenig Geld lassen sich diese Details verbessern. Vielleicht könnte da auch die Stadt Waidhofen einen kulanten Beitrag leisten.
Das wichtigste wäre ein gutes Informationssystem an den Bushaltestellen, besonders an wichtigen Busbahnhöfen, wie Waidhofen. Aber auch eine persönliche Beratung in einem Informationsbüro möchte ich anregen", so Höpfl.
"Dem Waldviertel wünsche ich, dass es eines Tages noch Spitzenreiter bei der Öffi-Nutzung wird, anstelle mit mehr als 700 Pkw pro 1.000 Einwohner österreichischer Spitzenreiter im Kfz-Besitz zu sein."
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