Leben von 814 Euro: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel
101 Menschen im Bezirk beziehen Mindestsicherung. Doch wie soll man von 814 Euro leben?
WAIDHOFEN. Sie ist 57, beinahe erblindet. Invaliditätspension gibt es nur auf ein Jahr befristet, die Gewährung der Mindestsicherung zieht sich: Plötzlich steht die Frau aus dem Bezirk ein Monat lang ohne Geld da, weil die Bearbeitung ihrer Anträge stockt und dann kommt auch noch überraschend eine Rechnung. 200 Euro soll die 57-Jährige plötzlich an Heizkosten nachzahlen. Für viele mag dieser Betrag nicht sehr hoch erscheinen, doch ohne einen Cent Einkommen, sind auch 200 Euro nicht aufzubringen. Der Löwenherz-Fonds
Das Leben wird 2014 für immer mehr Menschen härter, weil immer schwerer zu finanzieren: 813,99 Euro für Einzelpersonen, 1.220,98 Euro für Ehepaare - Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist als Unterstützung für Menschen zu verstehen, die in eine finanzielle Notlage geraten sind und ihren Lebensunterhalt mit eigenen Mitteln (Einkommen und Vermögen) nicht mehr abdecken können.
In vielen Bezirken stieg heuer die Zahl der Menschen, die auf finanzielle Stütze, damit sie auf diesen MIndestsicherungs-Wert kommen, angewiesen sind.
Sie sind Ordinationshelferinnen, Reinigungskräfte oder Handelsangestellte: Vor allem in diesen drei Branchen sind die Löhne so niedrig, dass - meist Frauen - nicht einmal die gesetzliche Mindestsicherung verdienen. Den Rest erhalten sie als Stütze.
"Große Sprünge macht man damit keine", weiß AMS-Leiterin Edith Zach. Sie kennt die Fälle, denn die meisten Bezieher der Mindestsicherung sind auch beim Arbeitsmarktservice in Vermittlung. "Die meisten kämpfen sich gerade so durch", so Zach. Dass vor allem Frauen betroffen sind, liegt für die Arbeitsmarktexpertin auf der Hand: "In den Branchen, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten sind die Kollektivverträge niedrig. Diese Leute gehen arbeiten, verdienen aber nicht einmal die Mindestsicherung. Die Zahl ist zwar nicht sehr hoch, aber diese Fälle gibt es", so Zach.
Auch die Leiterin der Volkshilfe Waidhofen - Gerlinde Oberbauer - kennt diese Fälle: "Die Menschen gehen arbeiten und müssen dann noch um Mindesthilfe ansuchen, das ist für den Selbstwert natürlich fatal". Die Mindestsicherung selbst sei eine gute Sache, aber Menschen, die einem Beruf nachgehen, sollten sie nicht beziehen müssen: "In vielen Branchen, vor allem jenen, in denen viele Frauen arbeiten, müssen die Leute so viel verdienen, damit sie davon leben können. Das können sie aber in vielen Frauenberufen derzeit nicht."
Besonders tragisch: Viele Menschen hätten sich, so Oberbauer, bereits an einen Lebensstandard an der Armutsgrenze gewöhnt. "An Luxus wie Urlaub, der für viele selbstverständlich ist, ist da nicht zu denken." Aber selbst der Einkauf von Lebensmitteln stellt für viele Bezieher der Mindestsicherung eine finanziell fast unüberwindbare Hürde dar, wie auch die Leiterin des Sozialmarktes Waldviertel, Monika Thurner bestätigt. 853 Personen gehen im SOMA einkaufen, Tendenz steigend. "Wobei wir sicher noch mehr KundInnen haben könnten, aber die Hemmschwelle, in einem SOMA einzukaufen, ist nach wie vor sehr groß", so Thurner. Auch hier sind 69 Prozent der Kunden Frauen. Der mobile Sozialmarkt bietet die Möglichkeit mit einem Einkaufspass Lebensmittel günstiger als im regulären Handel zu kaufen.
101 Personen beziehen derzeit im Bezirk Waidhofen die Mindestsicherung. Tendenz: leicht steigend.
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