Frenzi Rigling und Alois Mosbacher im Raum für Kunst Lindenhof

Frenzi Rigling und Alois Mosbacher im Weinviertler Atelier | Foto: Galerien Thayaland
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  • Frenzi Rigling und Alois Mosbacher im Weinviertler Atelier
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“Folie à Deux” bezeichnet eine “gemeinsame Wahnvorstellung”, genauer: die Wahnvor- stellung einer Person, die sich auf eine zweite Person überträgt. Nun handelt es sich bei Frenzi Rigling und Alois Mosbacher in beiden Fällen um sehr bildgewaltige und ausdrucks- starke Individuen.

Um zwei Künstler, deren jeweiliges Oevre so sehr eigene Bildsprachen, eigene Arbeitsweisen und auch ein eigenes Verständnis von Kunst wiedergibt, dass es mehr als falsch wäre zu behaupten, hier hätte einer den anderen “angesteckt”.

Warum wir die beiden Künstler eingeladen haben, gemeinsam, also eigentlich gleichzeitig auszustellen hat damit zu tun, dass ihre Arbeiten miteinander kommunizieren – manchmal in ergänzendem Einklang, manchmal in inspirierender Konfrontation.
“Folie à Deux” - das Anstecken mit einer verrückten Idee, bezieht sich viel mehr auf den Bildbetrachter. Wir möchten, dass ein Funke überspringt auf Sie, das Publikum, und dass Sie von den Bildwelten der beiden singulären Künstler angesteckt und inspiriert werden.
Gleich zu Beginn werden Sie von Frenzi Rigling’s “Herbstgedicht” empfangen, dass Rilke’s Gedicht “Herbsttag” zitiert. Und gleichzeitig die Essenz von Frenzi Rigling’s künstlerischer Praxis wiederspiegelt:

- Sie arbeitet mit vorgefundenen Materialien, mit Texten und vor allem mit Textilien. Beides Materialien, die Geschichte(n) transportieren und versuchen, dem Unsagbaren Ausdruck zu verleihen.
- Sie richtet ihr Augenmerk auf das Alltägliche, aber Unbeachtete, auf die Natur, die sie eindringlich beobachtet. Aus dem Beobachten wird ein Wertschätzen, dann ein Aufheben, ein Einlagern, ein Warten bis sich eine neue Welt, eine neue Welt-Ordnung dafür findet, also ein neues Leben, eine neue Bedeutung.

Die Wespen hat Frenzi Rigling an einem Herbsttag gefunden. Da waren sie bereits alle tot. Und so geht es in der Collage aus Text und Natur weniger um die Wespen, als um deren Sterben, das stattgefunden hat, unbeachtet von den Menschen. Frenzi Rigling zwingt uns, hinzusehen und uns zu fragen: “Warum?”
Dabei muss es nicht immer Ernst zugehen. Das Objekt “Du-molar” ist ein Turm, der sich – verspielt und bunt - aus unterschiedlichen Polstern aus verschiedenartigen Freizeit-Stoffen zusammensetzt. Wenn wir im Sinne der Jahreszeiten fortfahren, steht diese Skulptur für den Winter: es besteht aus jener Art von Kissen, die wir in der kalten Jahreszeit im Keller einlagern (wieder ein Ordnungssystem), um sie erst im Frühling wieder hervorholen. Und von Mal zu Mal neue Verwendungszwecke dafür im Freien dafür zu finden. Oder – im Fall von Frenzi Rigling – mit jeder Ausstellung eine neue Skulptur daraus zu erschaffen.

Die drei großformatigen Arbeiten im ersten Ausstellungsraum bezeichnet die Künstlerin als “Orte”. Frenzi Rigling imaginiert dafür die Planung eines fiktiven Gartens. Und verwendet Textilien wie Farben in der Malerei. Damit gelangt sie zur Abstraktion.
Die verwendeten Stoffe sind nicht gekauft, sondern vererbt und werden in genau der Form weiterverwendet, wie Frenzi Rigling sie von ihrer Mutter erhalten hat. Sie schneidet nichts ab, sie zupft nichts zurecht. “So höre ich auf meine Mutter”, sagt die Künstlerin. Trotzdem möchte sie nicht “alte Geschichten aufwärmen” oder Erinnerungen ausstellen. Frenzi Rigling geht es darum, die Stoffe mit neuen Geschichten aufzuladen und ihnen neue Erinnerungen mit in ein neues Leben zu geben.

Die Orte, von denen Frenzi Rigling uns mit ihren Arbeiten erzählt, sind Orte, an denen sie sich selbst aufhalten möchte und die das erfüllen sollen, was man sich erhofft. Nicht nur für die Künstlerin, sondern auch als Einladung an jeden Betrachter.
Ein nicht imaginierter, sondern realer Ort ist das Mittelmehr. Dort lebt die Bohrmuschel. Sie ist weiß, länglich, fünf bis zehn Zentimeter lang, hat einen harten, zackigen Gehäuserand und verbringt den ersten Teil ihr Lebens damit, sich in einen Stein hineinzuarbeiten – wo sie den Rest ihres Lebens verbringen wird. Nur das Siphon – ein Rüssel zum Atmen und Essen – ragt aus der Öffnung heraus. Bohrmuscheln mögen keine Gesellschaft und leben so vereinzelt auf dem Meeresgrund.

Was bedeutet das nun für die Steine? Immerhin sind sie es, die am Ende des Muschel- Lebens ausgehöhlt zurückbleiben? Frenzi Rigling hat sie eingesammelt, ins Weinviertel gebracht und “repariert”. Sie hat sie mit Gips gefüllt, poliert und ihr neues Dasein mit Farbe gefüllt. In der Ausstellung können die Steine nun als bunte Truppe gemeinsam existieren.

Mit dieser kleinen Meeres-Geschichte sind wir beim Sommer angelangt und damit schließt sich der Kreis bzw. geht unendlich weiter. Genauso wie die Linie im hinteren Ausstellungs- raum, die keinen Anfang und kein Ende kennt. Unseren Blick bannen dabei vor allem die Knoten. Knoten sind Fixpunkte in Frenzi Riglings künstlerischem Schaffen. Einmal hat sie Kleidungsstücke zu überdimensionalen runden Objekten verknotet. Im Katalog steht dazu: “Der Knoten ist die Wohnstätte des Alltags. Ein Zeitraum. Ein Anfang und ein Ende, das Anfang ist. Er birgt die Möglichkeit, Zeit aufzubewahren.”
Zeitlich wie räumlich sehr weit weg von unserem Alltag ist das einzigartige Bild-Universum, dass Alois Mosbacher erschaffen hat. Seine Welt ist bevölkert von Tieren und Pflanzen. So heißt er uns auch in dieser Ausstellung mit einem Schaf willkommen.
Nun könnte man sagen: es ist ein Weinviertler Schaf, das von Waldviertler Wölfen träumt. Man kann aber auch sagen: das Schaf überlegt, ob sein Leben nicht besser verlaufen würde, wäre es nur mehr wie ein Wolf. Oder aber: ein Schaf sucht uns Menschen heim, um von Tod, Untergang und Verderben zu erzählen.

Fest steht: Alois Mosbacher’s Arbeiten erzählen nie nur eine Geschichte. Fest steht aber auch: sein künstlerisches Weltbild osziliert zwischen Utopie und Dystopie, zwischen gegenständlichen Bildern und abstrakten Ideen.
Mosbacher’s Bilder ereignen sich immer in einem Draußen, sein Raum ist ein Naturraum, den er nach eigenen Wünschen zusammensetzt. Flora und Fauna werden aus allen Erd- teilen zusammengetragen. Und ist ein Baumstamm zu groß und ein Blatt zu klein, wird ihr Verhältnis einfach umgekehrt. Meist befinden wir uns auf Wiesen oder im Wald – dennoch scheint der Aggregatzustand liquid: Vorder- und Hintergrund sind in ständigem Austausch und nie klar auszumachen. Natürlich ist hier nichts real oder realistisch, dafür ist alles möglich. Mosbacher entwirft mit seinen Bildern Weltmodelle, die der dem Betrachter zur Stellungsnahme gegenüberstellt.
Jedes Bild ist eine Geschichte für sich. Wobei der Künstler nicht darauf besteht, dass er die Geschichte kennt. Vielleicht wird sie viel eher von einem fremden Betrachter erkannt. Jedes Bild ist gleichzeitig ein Kapitel eines Opus Magnum, dass Mosbacher’s gesamtes Schaffen darstellt - und dessen Ende noch offen ist.
Dabei “erzählt” Mosbacher’s Pinselstrich mit viel Humor, um sich unserer Aufmerksamkeit sicher zu sein, und stellt uns aber doch die ernste Frage: Wer sind wir eigentlich? Wer wollen wir sein? Und wie stellen wir uns der Natur gegenüber?
Als Alois Mosbacher vor einigen Jahren in der Secession ausgestellt hat, hat er sein Publikum zu Figuren eines Computerspiels gemacht. Man wurde durch seine Arbeiten wie durch einen Parcour voller Rätsel und Aufgaben gelotst. Es ging bergauf und bergab und die Bilder sind einem von den Wänden aus immer näher gekommen. Alois Mosbacher macht es dem Publikum nicht leicht. Aber genau darum geht es – man muss sich seine Bilder “erarbeiten”.

Die eigene Erforschung des Bildraums hat Alois Mosbacher in den aktuellen Arbeiten in die Fläche geführt. Er verzichtet nun auf Farben. Eine Reduktion auf Ornamentik hat sich eingestellt. Einzelne Gegenstände werden zu Denkmodellen verschnürt. Wie verlorene Satelliten kreisen sie über der früher bunt-belebten Mosbacher-Landschaft. Nun gilt es, noch genauer zu schauen, um einzelne Begriffe seiner Bildsprache zu entschlüsseln.
Alois Mosbacher ist davon überzeugt, dass ein Bild nie an seinem Rand aufhört, sondern dass es darüber hinaus geht. Dass die spezifische Wand, an der es hängt, die Geschichte weitererzählt, und das Bild daneben den Gedanken aufnimmt, weiterspinnt und ergänzt. Und - im Idealfall – trifft das eben auch auf den Betrachter zu. Auch auf ihn sollen die Geschichten überspringen und sich fortsetzen.

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