Neue Uni Wien-Studie
Deutschförder-Schülern wird Integration erschwert

- Eine neue Uni Wien-Studie zeige auf, dass Schülerinnen und Schüler von Deutschförderklassen die Integration erschwert und mehr oder minder in Parallelwelten gedrängt würden. (Symbolbild)
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Eine neue Studie der Universität Wien will zeigen, dass Schülerinnen und Schüler in eine Art Parallelwelt ohne Zugehörigkeit zu den anderen Klassenkameraden gedrängt werden. Sie würden nicht nur von den Gleichaltrigen, sondern auch von den Lehrkräften anders behandelt. Und das, obwohl es nicht am Willen zur Integration und zum Erlernen der deutschen Sprache fehle.
WIEN. Immer wieder wird von Problemen und auch fehlendem Integrationswillen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund berichtet. Ebenso oft wird dies auch im Wiener Schulwesen attestiert. Eine neue Studie der Universität Wien (Uni Wien) zeige jetzt jedoch auch auf, dass Schülerinnen und Schüler von Deutschförderklassen die Integration erschwert und mehr oder minder in Parallelwelten gedrängt würden.
78 Schülerinnen und Schüler der Stufen 5 bis 9 aus Mittelschulen der Stadt Wien, welche eben den Deutschförderunterricht besuchen, wurden dazu im Mai und Juni befragt. Die Mehrheit von ihnen war erst wenige Monate zuvor im Zuge von Familienzusammenführungen nach Österreich gekommen. Die Conclusio der Studie: Sowohl die Mitschülerinnen und -schüler im Regelunterricht, als auch die regulären Lehrkräfte würden sie deutlich anders behandeln als die Alterskollegen in der Klasse. So gaben es Deutschförder-Schülerinnen und -Schüler laut ihrer Wahrnehmung mehrheitlich an.
Beginnt bereits am Anfang
Die Studie wurde von der Universitäts-Professorin Susanne Schwab durchgeführt. Es wurde dabei auch abgefragt, wie die Bildung der Schülerinnen und Schüler vor Eintritt in den österreichischen Klassen bis dato ablief. Hier zeigte sich, dass viele der Befragten im Herkunftsland keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Bildungseinrichtungen hatten. Dies führte auch dazu, dass viele nicht einmal in ihrer Muttersprache alphabetisiert wurden. Daraus ergibt sich von Natur aus, dass auch in Wien die Zusammensetzung der Klassen mit Personen unterschiedlichsten Vorbildungsniveau entstehe, was bereits nicht förderlich für die einzelnen Kinder sei.

- Schülerinnen und Schüler von Deutschförderklassen erzählen von fehlender Zugehörigkeit, ausgelöst auch von den Lehrkräften. (Symbolfoto)
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Das Verhältnis mit den Lehrkräften der reinen Deutschförderklasse sei durchaus in Ordnung, gaben die meisten Befragten an. "Die Lehrperson ist strenger, aber das finde ich gut, weil wir dann besser werden", gab unter anderem ein Schüler an. Anders sieht es jedoch im regulären Unterricht aus. So gaben die Befragten mehrheitlich an, in den Regelklassen wenig oder gar keinen Bezug zu den Lehrkräften zu haben.
Viele hätten auch das Verhältnis, vernachlässigt zu werden. Eine Schülerin erklärt dazu beispielsweise: "Weil er ständig schimpft. Er hat eine andere Einstellung gegenüber Schülern. Er kann nichts ruhig machen, langsam, er muss immer alles schnell machen. Und er will nichts tun, um auf uns Rücksicht zu nehmen."
"Erschreckendes Bild"
15 bis 20 Stunden pro Woche werden die Kinder vom Regelunterricht abgesondert und gehen stattdessen in die Deutschförderklasse. Dadurch würden ihnen auch wichtige Inhalte aus dem regulären Lehrbetrieb entgehen, wird in der Studie festgestellt. Jedoch hat dies auch Auswirkungen auf das Verhältnis in den regulären Klassen.

- Bis zu 20 Stunden in der Woche werden die Schülerinnen und Schüler von ihren Klassenkameraden getrennt. (Symbolfoto)
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Denn im Studienergebnis ist außerdem die Rede von einem "erschreckendem Bild", was die Beziehung zu Klassenkameraden im Regelunterricht angeht. "Niemand redet mit uns und wir reden auch nicht mit ihnen", antwortet etwa ein Befragter der Interviewstudie. "Besonders auffällig ist, dass in der Schilderung der Schüler:innen eine klare Trennung zwischen 'wir' und 'die anderen' zum Ausdruck kommt, basierend auf Sprachkompetenzen und der nationalen Herkunft", beschreibt es die Studie. "In der Stammklasse sind alle Österreicher:innen. Nur wenig sind wie ich", wird eine Befragte zitiert.
Wollen Deutsch sprechen
Dabei gäbe es durchaus den mehrheitlichen Willen der meisten Studienteilnehmer zur Integration, wird festgestellt. In Bezug auf die tatsächlich praktizierten Sprachgewohnheiten lasse sich demnach eine deutliche Tendenz zur Übernahme von sprachlichen Geboten und Verboten seitens der Kinder aus Deutschförderklassen beobachten. Diese Anpassung würde oft mit dem Fortschritt im Sprachenlernen begründet, wie ein Schüler erklärt: "Ich finde es gut, dass wir nur Deutsch sprechen dürfen, so lernen wir das schneller."
Ferner spiegele sich in den Aussagen der Befragten der Wunsch wider, Teil einer vermeintlich sprachlich einheitlichen Gruppe zu sein: "Ich möchte Deutsch lernen, um wie die anderen zu sein." Einige sehen das Erlernen der deutschen Sprache zudem als eine Möglichkeit, ihre Familien zu unterstützen, wie das folgende Zitat verdeutlichen soll: "Ich muss Deutsch beherrschen, um meiner Familie zu helfen."
Auch ein Resümee hat Susanne Schwab in ihrer Studie, um die Hürden zu überwinden: "Es fehlt an flächendeckenden Aus- und Weiterbildungsprogrammen, die Lehrkräfte auf sprachlich heterogene Klassen vorbereiten und ihnen differenzierte und sprachsensible Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stellen."

- Es fehle nicht am Willen die deutsche Sprache zu erlernen, ganz im Gegenteil.
- Foto: MeinBezirk.at
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"Leidtragende der zahlreichen bildungsstrukturellen Versäumnisse sind jedoch wie so oft letztlich die Schüler:innen selbst, die nicht selten von direkten und indirekten Diskriminierungsmechanismen betroffen sind, deren Auswirkungen sich in einem eingeschränkten schulischen Wohlbefinden sowie einer eingeschränkten Lernentwicklung niederschlagen", heißt es im Ergebnis weiter. Daher brauche es dringenden Veränderungsbedarf "im Sinne der Anerkennung von Mehrsprachigkeit als wertvolle Ressource."
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