Fotos gesucht
Die Geschichte der Bettfedernproduzenten Gans
Michael Gans sucht nach alten Fotos der Zweigstellen des Daunenproduzenten Gans. Er erzählt von der bewegten Geschichte der jüdischen Familie, die 1938 vor den Nazis flüchten musste.
WIEN. Die Anfrage kommt aus Israel. Hier ist Michael Gans 1943 geboren, sein Vater Kurt musste 1938 aus Wien fliehen. Später konnten auch Kurts Eltern Heinrich und Olga dem Nazi-Terror entkommen und nach Palästina einreisen.
Heute sucht Michael Gans nach den Spuren seiner Familie in Wien. Sie waren die Begründer der heute noch existierenden Bettfedernmanufaktur Gans. Über die wechselvolle Geschichte der jüdischen Dynastie hat Michael Gans schon einiges zusammengetragen: Die Vorfahren scheinen 1492 von Spanien nach Deutschland gezogen zu sein und dort den Namen "Gans" bekommen zu haben. Richtig passend wurde der Nachname dann, als ein Zweig der Familie im 19. Jahrhundert in der Nähe von Prag einen Handel mit Gänsefedern begann. Abraham Adolf Gans schließlich übersiedelte nach Wien und eröffnete 1882 hier ein Bettfederngeschäft.
Das Unternehmen wurde stetig größer und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Es gab mehrere Filialen und schließlich eine neue, vergrößerte Bettfedernfabrik in Oberwaltersdorf. Zuletzt wurde es von Heinrich und Olga, den Großeltern von Michael Gans, geführt. Das nichtjüdische Konkurrenzunternehmen Sanemann wurde gekauft, um zu verhindern, dass wegen des steigenden Antisemitismus Kunden wegfielen, erzählt Michael Gans.
Fotos gesucht
Er sucht heute nach Fotos vom Familiensitz in der Larochegasse 26 in Hietzing, außerdem von den ersten Bettfedern-Produktionsstätten des Unternehmens in der Ottakringer Straße 50 im 16. Bezirk, in der Mitisgasse 5 im 14. Bezirk und am "Rindermarkt" (wohl im Bereich Heumarkt/Wien Mitte).
Michael Gans würde sich auch über Fotos oder Erinnerungen an die Filialen von "Bettfedern Gans" an folgenden Adressen freuen:
- 1., Tuchlauben 7a
- 1., Rotenturmstraße 1
- 1., Rotenturmstraße 6
- 1., Köllnerhofgasse 1
- 5., Reinprechtsdorfer Straße 68
- 7., Mariahilfer Straße 56
- 8., Blindengasse 10
- 15., Ullmannstraße 67
- 15., Sechshauser Straße 11
- 16., Ottakringer Straße 48
- 18., Währinger Straße 118
- 20., Wallensteinstraße 35
Einige Fotos hat Michael Gans bereits zusammengetragen, aber über jede weitere Erinnerung wäre er froh. Wer Fotos oder Erinnerungen teilen möchte bitte per E-Mail an redaktion@bezirkszeitung.at
Flucht und Verkauf unter Wert
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich 1938 zwang die Familie zur Flucht. Über einen Aufsichtsrat ihrer Bank, der bereits vor 1938 illegal der NSDAP angehörte, konnten Olga und Heinrich Gans ihre Firmen verkaufen – natürlich weit unter dem wahren Wert, und der Erlös musste auf ein Sperrkonto eingezahlt werden. So konnten sie erst nach weiteren Interventionen im Februar 1939 ihrem Sohn Kurt nach Palästina nachfolgen. Die Zeit bis zur Ausreise beschreibt Michael Gans als sehr schwierig. Ein Bruder von Heinrich Gans, Karl, verübte 1938 Selbstmord, als die SS sein Haus durchsuchte. Weitere Familienmitglieder wurden später in Theresienstadt und Auschwitz ermordet.
Die jetzigen Eigentümer des Unternehmen Gans, so Michael Gans, haben von dem zu niedrigen Verkaufspreis übrigens nicht direkt profitiert: Die Firmen wurden dazwischen mehrmals verkauft. Eine Filiale hat die Familie sogar während eines Wienbesuchs als Kulisse für ein Familienfoto gewählt. Auch in Palästina gründeten Kurt Gans und seine Frau Ruth wieder ein Geschäft für Bettfedern und Bettwäsche.
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