Prozess in Wien
Eine Geschichte über toxische Liebe und Drogenkonsum
- Eine Geschichte über toxische Liebe und Drogenkonsum wurde bei einem Prozess gegen eine 20-Jährige am Dienstag in Wien erzählt. (Symbolfoto)
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Am Dienstag musste sich eine 20-Jährige vor einem Wiener Gericht verantworten. Sie soll laut Anklage über Jahre hinweg ihre Ex-Partnerin misshandelt haben. Vor Gericht erzählte jedoch eine andere Geschichte. Wie diese aussieht und zu welchem Urteil es gekommen ist, liest du hier.
WIEN. Eine Anklage gegen eine 20-jährige Wienerin hat es in sich: Lina (Name von der Redaktion geändert) soll zwischen Ende 2022 und Juli dieses Jahres gegenüber ihrer damaligen Partnerin Gewalt ausgeübt haben. Dadurch soll sie ihre Selbstbestimmung und die sozialen Kontakte erheblich eingeschränkt haben. Oder im Fachjournal: Lebensführung eingeschränkt. Das Opfer – eine heute 25-Jährige – habe sie an den Haaren gerissen, sie gestoßen und geschlagen, auch soll sie mit einem Messer in den Oberschenkel gestochen haben.
Am Dienstag, 14. Oktober, kam es dann zum Prozess gegen die junge Frau am Landesgericht für Strafsachen in Wien. Lina erzählte bei der Verhandlung jedoch eine ganz andere Geschichte. Der Zeitraum sei laut ihr kürzer gewesen, die Gewalt sei von beiden ausgegangen. Und die Stichverletzung mit dem Messer habe sich das Opfer selbst hinzugefügt, behauptet sie.
Dreiecksbeziehung mit Ex-Verlobten
Ende 2023 habe Lina, so erzählt sie, das 25-jährige Opfer kennengelernt. Die Betroffene sei eine Freundin ihrer Mutter gewesen, die zuvor mit ihrem Onkel zusammen gewesen war. Die beiden gingen eine Beziehung ein und wohnten anfänglich in der Wohnung von Linas Mutter, später zog man in eine gemeinsame Wohnung.
Gemeinsam hätten sie häufiger Drogen konsumiert, darunter THC, Ecstasy, Kokain und Tabletten. Vor der Beziehung hatte die Tatverdächtige eine Verlobte, doch die Beziehung endete, als diese in eine Psychiatrie eingeliefert wurde. Nachdem die Ex-Verlobte wieder nach Hause kam, habe „der ganze Streit und Stress“ angefangen, erzählte Lina vor Gericht.
- Angeklagte und Opfer hätten sich über die Mutter der 20-Jährigen kennengelernt.
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Wenig später kam die Verlobte zum ersten Mal in die Wohnung von Lina. Dann startete eine toxische Liebe: Nachdem es zum ersten richtigen Streit und sogar Gewalt gekommen ist, gingen die drei jungen Frauen in eine Dreierbeziehung ein. Angeblich, weil die 25-Jährige damit gedrängt haben soll. Es sei zu „sehr viel Eifersucht und Aggressionen“ gekommen, weswegen die Dreiecksbeziehung nach kurzer Zeit beendet wurde und die Angeklagte mit der 25-Jährigen verblieb.
Anschließend sei es erneut zu mehreren Auseinandersetzungen gekommen, bei denen laut der Angeklagten beide zugeschlagen hätten. „Es gab keine Ruhe“. Lina sei weggelaufen, woraufhin das Opfer die Wohnung der 20-Jährigen zerstört und ihr gesagt habe: „Du wirst sehen, zu was ich imstande bin.“ Bei jenem Vorfall soll das Opfer das Messer genommen und sich selbst ins Bein gestoßen haben, behauptete Lina.
Bissspuren und Hämatome
„Ich wollte die Beziehung sein lassen, aber mir wurde immer wieder gedroht“, erzählte Lina vor Gericht. Bei der Verhandlung legte die Angeklagte Bildmaterial vor: zu sehen waren Bissspuren am Arm, welche noch bis heute sichtbar wären. Zudem gab es Fotos, die die 20-Jährige mit Hämatomen sowie Schwellungen im Gesichts- und Halsbereich zeigten. Die Aufnahmen stammen angeblich aus dem vergangenen Mai.
Hilfe für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen
24-Stunden-Frauennotruf: 01/12 345
24-Stunden-Frauennotruf der Wiener Frauenhäuser: 05 77 22
Frauenhelpline: 0800/222 555
Droht akute Gewalt, Polizeinotruf unter 133 oder 112 verständigen. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen.
An jenem Tag seien „30, 40“ Tabletten von dem Pärchen konsumiert worden. Ein Streit sei eskaliert. „Was ich noch weiß, ist, dass wir uns gegenseitig verletzt haben." Die 20-Jährige sei in Folge festgenommen und in eine Ausnüchterungszelle gebracht worden. Damals sei auch ein Betretungsverbot gegen sie ausgesprochen worden.
Not-OP nach Messerstich
Lina soll danach Unterschlupf bei ihrer Ex-Verlobten gesucht haben, wo auch die gezeigten Fotos der Verletzungen entstanden seien. Drei- bis sechsmal habe die Angeklagte sich in Folge noch mit dem Opfer getroffen, um zu klären, ob eine Beziehung noch möglich sei. „Aber es hat irgendwie nicht geklappt.“
- Die 20-Jährige suchte Unterschlupf bei ihrer Ex-Verlobten.
- Foto: Ronja Reidinger
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Am 20. Juli sei das Opfer in der Wohnung ihrer Eltern gewesen und habe gewollt, dass die 20-Jährige zu ihr komme. Doch dann erfuhr sie vom Betrug mit der Ex-Verlobten. Die Lage eskalierte und das Opfer hätte zugeschlagen. Infolgedessen habe die 25-Jährige ein Messer genommen und die Angeklagte in den Arm gestochen. Dabei seien Sehnen durchtrennt worden, weswegen die junge Frau infolge notoperiert werden musste.
"Anklageschrift eins zu eins" umgedreht
In ihrer ersten Einvernahme hat das Ex-Pärchen jedoch eine andere Geschichte erzählt als vor Gericht. Die Verletzungen seien durch einen Überfall entstanden, meinten sie zuerst. Die Privatbeteiligtenvertreterin verlangte am Ende für das Opfer eine Entschädigung in Höhe von 3.600 Euro und fügte hinzu, dass sie den Eindruck einer „klassischen Täter-Opfer-Umkehr“ habe. Lina erkannte zuerst 1.500 Euro davon an.
Der Staatsanwalt traute der Geschichte der Angeklagten nicht und vermerkte, dass die Angeklagte nie jene Version erzählt habe, die sie heute vor Gericht erzählte: „Heute dreht sie die Anklageschrift eins zu eins um. Alles, was ihr zur Last gelegt wurde, habe das Opfer getan.“ Der Verteidiger meinte wiederum: „So ein Monster, wie das Opfer versucht hat, sie darzustellen, ist sie auch nicht." Seine Mandantin bekannte sich jedoch teilweise schuldig.
Tatverdächtige muss in Therapie
Die 20-Jährige wurde am Ende des langen Prozesstages wegen Körperverletzung sowie schwerer Körperverletzung zu einer 20-monatigen Haftstrafe verurteilt, von denen sechs Monate unbedingt sind. Zudem wurde ihr eine Weisung zur Bewährungshilfe sowie eine stationäre und danach ambulante Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik zwecks Suchtmitteltherapie erteilt. Außerdem muss sie dem Opfer 2.400 Euro Schadensersatz zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
"Es ist so, dass die Aussagen des Opfers in vielen Belangen sehr oberflächlich geblieben sind, es fehlen Details", erklärte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung abschließend.
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