Leben im Lockdown
Wenn "krank" plötzlich ganz normal wird

- Die aktuelle Situation der Corona-Pandemie ist für viele Menschen eine Herausforderung.
- Foto: Akyurt/Unsplash
- hochgeladen von Andrea Peetz
Corona bringt viele an ihre Grenzen. Paradox: Psychisch Kranke atmen im Lockdown teilweise auf.
WIEN. Nur mehr in Ausnahmefällen die Wohnung verlassen, nicht mehr arbeiten gehen, häufiges Händewaschen: Woran denken Sie? An eine pathologische, also krankhafte Störung? Absurderweise vermutlich wohl nicht. Alle diese Dinge werden im Lockdown von vielen eher als "normal", "vernünftig" oder "gemeinnützig" aufgefasst.
Diese "paradoxe Normalisierung" ist eines der Ergebnisse einer Studie der Psychotherapeutischen Ambulanz (PTA) in der Marxergasse, die nach dem ersten Lockdown durchgeführt wurde. 427 Patientinnen und Patienten, die dort "Therapie auf Krankenschein" bekommen, nahmen daran teil. Eine davon ist Franziska (Name geändert), ehemalige Key-Account-Managerin und seit einem Jahr im Burn-out: "Der Rückzug war angenehm, nicht alle waren so im Stress. Das hat mich schon positiv beeinflusst." Der Lockdown war dennoch eine Herausforderung für die alleinerziehende Mutter – auch jetzt: "Existenzängste kommen auf. Wie geht es mit der Lehre meines Sohnes weiter? Werde ich wieder einen Job finden? Dazu kommt noch die prinzipielle Sorge, krank zu werden."
Ein Drittel mehr Zulauf
Halt findet Franziska in einer der 75 PTA-Therapiegruppen, die sie wöchentlich besucht: "Der Zusammenhalt ist groß, man bekommt viele Inputs von anderen mit ähnlichen Problemen. Das Wichtigste: Man fühlt sich nicht so alleine." Der Zulauf zur Ambulanz ist groß, gerade in Coronazeiten: "In den neun Wochen des ersten Lockdowns hatten wir ein Drittel mehr Patientenkontakte als sonst", so die fachliche Leiterin Vanja Poncioni-Rusnov.
800 Personen wenden sich jährlich an die Einrichtung, das Angebot reicht von kostenloser Gruppenpsychotherapie bis zu nach Einkommen gestaffelten Einzel-, Paar- und Familientherapien. "Wir sind ein sicherer Hafen für soziale Kontakte – wir sitzen ja derzeit alle in einem Boot", so Poncioni-Rusnov. Der Leidensdruck werde durch Corona stärker: "Traurigkeit, Verzweiflung, Angst, Einsamkeit und Sorge um die Gesundheit Angehöriger sind derzeit die häufigsten belastenden Faktoren."

- Die Psychotherapeutische Ambulanz in der Landstraße bietet kostenlose Gruppenpsychotherapie auf Krankenschein an.
- Foto: Poncioni
- hochgeladen von Andrea Peetz
Doch wann benötigt man professionelle Hilfe, wann reichen Gespräche mit Freundinnen, Freunden oder der Familie nicht mehr aus? "Wenn der Leidensdruck so groß wird, dass man den Alltag nicht mehr meistern kann, wenn man es in der Früh nicht mehr aus dem Bett schafft. Dann ist es Zeit, uns zu kontaktieren." Am besten einfach per E-Mail an office@pt-ambulanz.at oder unter 01/710 57 64 melden. Telefonzeiten: Mo.–Do. 9–12 Uhr und 13–18 Uhr, Fr. 9–14 Uhr. Für Versicherte der Österreichischen Gesundheitskasse ist die Gruppenpsychotherapie gratis.
Tipps, um den Lockdown zu meistern
Covid-19 greift nicht nur den Körper an, auch die Seele leidet. Diese acht Tipps der Psychotherapeutischen Ambulanz können helfen
- Reden Sie mit Bekannten und Freunden: via Telefon, Skype oder Zoom. Tauschen Sie Ihre Erfahrungen mit Corona aus.
- Erinnern Sie sich an positive Ereignisse des Tages und halten Sie diese fest.
- Strukturieren Sie Ihren Tag: Bleiben Sie nicht im Bett liegen, auch wenn Sie nicht aufstehen müssen. Notieren Sie alles, was Sie erledigen wollen/müssen, in einer To-do-Liste.
- Werden Sie aktiv – ob mit einem Spaziergang im Park oder einer Wanderung durch den Wald.
- Durchatmen hilft, die Anspannung zu verringern.
- Erlernen Sie Entspannungstechniken und wenden Sie diese täglich an.
- Erkennen Sie, dass es für die meisten Menschen gerade schwierig ist – Sie sind mit Ihren Ängsten und Nöten nicht allein.
- Beschränken Sie Informationen über Corona, die Sie über die Medien konsumieren, auf das Notwendigste und vor allem: Hinterfragen Sie Angst machende Nachrichten!



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