Ameisenlöwe
Wiener Insektenforscherin entdeckt verschollene Art
Einer Insektenforscherin des Naturhistorischen Museums ist es gelungen, eine seit fast 100 Jahren verschollene Netzflügler-Art wiederzuentdecken. Der Fund ist eine Überraschung.
WIEN/BOSNIEN-HERZEGOWINA. Weltweit gibt es zirka 5.500 verschiedene Netzflügler-Arten, in Mitteleuropa alleine 120. Aus dem heimischen Garten oder der Natur bekannt ist etwa die auffällig grüne Florfliege. Doch mehr oder minder von der Bildfläche verschwunden war die sogenannte Ameisenjungfer und deren Larven, die Ameisenlöwen - lateinisch genannt "Nevrorthus apatelios".
1929 konnte Hans Zerny vom Naturhistorischen Museum (NHM) eine Sichtung eines erwachsenen Tieres in Bosnien-Herzegowina vermelden. Seit dem gelang es keinem Forscher bzw. keiner Forscherin mehr, diese Art wiederzuentdecken. Bis jetzt, also fast 100 Jahre später.
Nach knapp 100 Jahren gesichtet
Susanne Randolf, Insektenforscherin im (NHM), ist besonders fasziniert von diesen unscheinbaren, hellbraunen Tierchen der Gattung "Nevrorthus apatelios". Zusammen mit anderen Forschern des NHM machte sich 2022 erneut auf den Weg in das Land am Balkan und traf sich dort mit anderen Wissenschaftlern. Das 48-köpfige Forscherteam aus sieben Ländern wollte einen Beitrag zur Erhaltung des Neretva Flusses bei der Stadt Ulog leisten. Der Fluss ist 230 Kilometer lang und fließt durch das Land, bevor er an er kroatischen Küste in die Adria mündet.
Randolf sammelte zusammen mit den anderen Informationen über das Flussökosystem und deren Arten. In Wien zurückging es ins Labor zur Materialuntersuchung, hier fand sie erstaunlicherweise zwei Larven der verschollenen Art. "Sie bestätigen das Vorkommen der Art in Bosnien und Herzegowina, erstmals nach fast 100 Jahren“, ist die Expertin Randolf begeistert über den Fund.
Interessanter Einflügler
Die Ameisenjungfern leben amphibisch. Sie halten sich also sowohl auf Land als auch auf Wasser auf. Erwachsene Tiere findet man in der Nähe von Gewässern auf überhängenden Ästen von Laubbäumen und in Büschen. Dort suchen sie nach Nahrung, die Ausscheidungen von Blattläusen– sogenannter Honigtau. Diese Netzflügler-Art kann selten gefangen werden und ist auch bei gezielter Suche nur schwer zu finden.
Die Larven der Ameisenjungfern, also die Ameisenlöwen, leben im Wasser und gehen mit ihren giftbewehrten Saugzangen auf Beutejagd. Sie sind sehr schlank und lang, haben lange Borsten und schlängeln sich blitzschnell vor- und rückwärts durch die Lücken zwischen Kies und grobem Sand auf der Suche nach Futter. Der Lebensraum der Larven ist in ganzjährig nicht austrocknenden Fließgewässern, welche ein Flussbett aus Kies, größeren Blöcken und grobem Sand haben.
Auf der Balkanhalbinsel gibt es solche Flüsse noch, die durch nahezu unberührte Landschaften fließen. Diese Ökosysteme haben die letzten Jahrzehnte der Eingriffe der Menschen in die Natur überstanden, die die Flüsse im größten Teil des europäischen Kontinents und darüber hinaus stark in Mitleidenschaft gezogen haben. Aber auch diese Flüsse sind in Gefahr, denn dort sind derzeit mehr als 3.500 Wasserkraftwerke geplant, deren Bau große Veränderungen im Lebensraum der Tiere bedeutet.
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