ÖVP-Minister dagegen
EU-Renaturierung trotz Wiener "Ja" in der Luft

- Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) pocht auf das Ende der Länderblockade in Sachen Renaturierungsgesetz. Dabei ist dies nicht die einzige Hürde.
- Foto: Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com
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Der EU-Gesetzesentwurf zur Renaturierung stößt seit Kurzem auf zumindest medienwirksam ausgedrückte Zustimmung bei Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Damit könnte die Blockadehaltung der Länder vom Tisch sein. Eine Zustimmung von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) scheint jedoch nach wie vor nicht möglich zu sein.
WIEN. Wälder aufforsten, Moore vernässen, die Natur zu einem hohen Grad in ihre Ursprungsform zurückbringen. All dies sieht das Renaturierungsgesetz – oder besser gesagt der Entwurf dazu – der EU vor. Maßgebliche Vorteile soll es für die Umwelt bringen. Doch damit verbunden sind auch Kosten.
Die Bundesländer im föderalen System Österreich haben in der Sache unter anderem deswegen ein Wörtchen mitzureden. Bis dato gab es von allen Landeshauptleuten - sei es von der ÖVP oder der SPÖ - eine Ablehnung zu dem Gesetzesentwurf. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) konnte sich daher zur Sache auf EU-Ebene nur enthalten. Eine Zustimmung Österreichs wäre bei dem durchaus einschneidenden Gesetz jedoch wichtig, da es die Zustimmung von mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten benötigt, die zusammen mindestens 65 Prozent der Unionsbürger vertreten. Österreich könnte also das Zünglein an der Waage sein.

- Sind sich nicht nur in Sachen Renaturierung einig: Wiens Bürgermeister bzw. Landeshauptmann Michael Ludwig (l.) und sein Amtskollege aus Kärnten, Peter Kaiser (daneben, beide SPÖ).
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Wien und Kärnten positionieren sich neu
Von den Grünen wurde der Ball regelmäßig an die SPÖ-Landeschefs gespielt. Sei es von Bundes, als auch von Landesseite. Vor allem Wien nahm man in die Mangel, man solle doch die Blockadehaltung beenden und sich für das Gesetz aussprechen. Denn damit wäre eine Einstimmigkeit unter den Ländern verloren, Gewessler nicht mehr an den Wunsch gebunden. Jetzt haben sich Wien, sowie das ebenfalls rote Kärnten, gemeinsam für ein Überdenken der Position bei der nächsten Landeshauptleutekonferenz ausgesprochen. Ein Ende der Länderblockade scheint damit in Griffweite. MeinBezirk.at berichtete:
Doch für die Zustimmung zur Renaturierung von Gewessler könnte dies noch immer nicht ausschlaggebend sein, wie der "Kurier" als Erstes berichtet. Denn nicht nur das grün geführte Umweltministerium hat letztlich eine Sache mitzureden.
Schwarze Ministerien müssen Segen geben
Das Gesetz umfasst nämlich verschiedene Punkte, die auf Österreich zukommen könnten. Allen voran ist es ein Thema des Geldes. Hier haben Bürgermeister bzw. Landeshauptmann Michael Ludwig und sein Kärntner Amtskollege Peter Kaiser (SPÖ) bereits anklingen lassen, dass die teuren baulichen Maßnahmen vom Bund getragen werden müssen.
Damit fällt dies zum Beispiel auch in die Angelegenheiten des Finanzministeriums hinein, das bei Inkrafttreten des EU-Renaturierungsgesetzes entsprechende Gelder im Budget freimachen müsste. Aber natürlich betrifft das Gesetz auch das Landwirtschaftsministerium, etwa wenn es um die Aufforstung oder die Rückgewinnung von Flächen geht.
Im Bundesminiseriengesetz ist dabei klar geregelt, dass Ministerien in Angelegenheiten nicht alleine entscheiden können, wenn diese auch in den Wirkungsbereich anderer hineinfallen. So heißt es im Abschnitt II "Wirkungsbereich der Bundesministerien", § 5:
"In den Fällen (...) hat das zuständige Bundesministerium dem oder den beteiligten Bundesministerien Gelegenheit zu einer Äußerung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist zu geben. Macht das Geschäft des zuständigen Bundesministeriums jedoch Maßnahmen auf Sachgebieten notwendig, die in den Wirkungsbereich eines beteiligten Bundesministeriums fallen, so hat das zuständige Bundesministerium im Einvernehmen mit dem beteiligten Bundesministerium vorzugehen. Kommt dieses Einvernehmen binnen einer angemessenen Frist nicht zustande oder wird es ausdrücklich verweigert, so kann sowohl das zuständige als auch ein beteiligtes Bundesministerium, mit dem das Einvernehmen herzustellen ist, die Angelegenheit der Bundesregierung zur Beratung vorlegen."
Bedeutet also konkret, dass Gewessler als Umweltministerin nicht alleine in der Sache entscheiden kann, selbst wenn Wien den bindenden Wunsch der anderen Länder auflöst.
Ablehnung von Totschnig
Der Widerstand in ÖVP-Kreisen ist bereits bekannt. So erklärt etwa Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig gegenüber MeinBezirk.at, wie auch schon gegenüber "Kurier": "Ich bekenne mich klar zu den Vorhaben beim Klima- und Umweltschutz. Was wir hierzu aber brauchen, ist eine Anreiz- und keine Verbotspolitik. Die vorgeschlagenen Einschnitte in die Land- und Forstwirtschaft, hätten massive Auswirkungen auf die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln, gefährden Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft insgesamt."
Fraglich in diesem Kontext bleibt, warum man vonseiten der Grünen die SPÖ geführten Bundesländer in den vergangenen Wochen immer wieder zum Handeln aufgerufen hat. Der Faktor, dass auch eine Blockade durch die Bundesländer besteht, ist zwar richtig. Jedoch hängt die letztendliche Zustimmung von Gewessler auch an dem Wohlwollen der vom Koalitionspartner ÖVP geführten Ministerien.

- Gewessler mit ihrem Ministerkollegen Norbert Totschnig (ÖVP).
- Foto: HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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Erst am Dienstag forderte die Umweltsprecherin der Grünen im Parlament, Astrid Rössler, per Aussendung Bürgermeister Ludwig auf, in Sachen Bundesländer-Blockade Nägel mit Köpfen zu machen: "Die Ankündigung von vergangenem Freitag ist ein gutes Zeichen - jetzt heißt es den entscheidenden Schritt zu machen: Sorgen Sie für Klarheit und machen Sie den Weg für die österreichische Zustimmung frei." Wien und Kärnten müssen nun Farbe bekennen und klar sagen, ob ihre Blockade aufgehoben ist, so Rössler.
Außerdem findet am Donnerstag ein Sonderlandtag in Wien auf Begehren des Grünen Klubs im Rathaus statt. Das Thema: Das Land Wien hat im Rahmen der Länderstellungnahme nach Art. 23d B-VG die Chance, sich für gesunde Ökosysteme und damit für eine intakte Natur als unsere Lebensgrundlage zu entscheiden - Wir brauchen ein starkes EU-Renaturierungsgesetz jetzt."
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