Bildungsexpertin Raphaela Keller
"Jedes Kind wird als Genie geboren"
Raphaela Keller ist Bildungsexpertin und setzt sich als Aktivistin seit Jahrzehnten für Verbesserungen im Bereich der Elementarpädagogik ein. Um diese "außerordentlichen pädagogischen Leistungen" zu würdigen, verlieh ihr die Stadt Wien die Otto-Glöckel-Medaille. Ein Interview über den Wert von Elementarbildung.
WIEN/OTTAKRING. Die Bemühungen der Ottakringerin haben über die Jahre hinweg zu zahlreichen Änderungen gerführt. So geht die Umbenennung der „Kindergartenpädagogen“ in „Elementarpädagogen“ auf Keller zurück. Auch die Umsetzung vieler inhaltlicher und organisatorischer Verbesserungen in den verschiedenen Landesgesetzen für Kindergarten- und Hortwesen, der Ausbau der Ausbildung und die starken Bemühungen hin zu einer Bundeszuständigkeit für das elementare Bildungswesen sind Kellers Verdienste.

- Raphaela Keller zeigt stolz die Otto-Glöckel-Medaille.
- Foto: Michael J. Payer
- hochgeladen von Michael Payer
Ist die Otto-Glöckel-Medaille eine Auszeichnung für ihr Lebenswerk?
RAPHAELA KELLER: So lange die Zustände noch so sind wie sie sind, kann es das nicht sein. Wir sind weit entfernt von Rahmenbedingungen die es in der Elemenetarpädagogik brauchen würde.
Wo liegt das Grundproblem?
Wenn eine bildungsstarke Bevölkerung gewünscht wird, dann muss in die frühe Bildung investiert werden. Bildung beginnt spätestens bei der Geburt. Die gesamte Gesellschaft hat dafür die Verantwortung.
Was muss sich in den Kindergärten verbessern?
Ich bevorzuge den Namen Bildungsort. Es sind zu viele Kinder pro Betreuungsperson. Um das zu ändern müssen wir mehr Pädagogen einstellen. Davor warne ich seit Jahrzehnten. Entscheidungstragende blockieren jede Reform. Vor allem der Föderalismus bereitet Probleme. Es braucht mutig Politiker, die erkennen, dass Bildung nicht erst in der Schule passiert.
Welcher Betreungschlüssel wäre ideal?
Zwei PädagogInnen für maximal 15 Kinder.

- Die Otto-Glöckel-Medaille in den Händen von Bildungsaktivitsin Raphaela Keller.
- Foto: Michael J. Payer
- hochgeladen von Michael Payer
Wo stehen wir in Wien?
Bei vielen Bemühungen. Es gibt zu wenige Pädagogen. Wir müssen eine Offensive starten, dass mehr kommen und auch bleiben. Das geht aktuell nur über das Gehalt. Das muss radikal erhöht werden und wäre wenigestens eine Anerkennung. Vielleicht kann man den Menschen auch Starterwohnungen zur Verfügung stellen, wenn sie aus anderen Bundesländern kommen.
Was machen Skandale wie der Missbrauch von Fördergeldern wie beim Kindergartenverein Minibambini?
Es macht die Menschen zornig. Zornig auf die schlechten Kontrollen. Zornig auf die Leute die auf die Stadt Wien schimpfen und nicht auf die Betreiber des Vereins. Zornig auf die Menschen, die glauben, dass sie jedes System kriminell nutzen können. Die Kindet bleiben auf der Strecke.
Wie wichtig ist es, das in den Wiener Kindergärten deutsch gesprochen wird?
Deutsch ist unsere Lebenssprache. Im Kindergarten sprechen die Erwachsenen deutsch. Fremdsprachige Kinder müssen zuerst ihre Familiensprache gut können. Nur dann kann auf etwas anderes aufgebaut werden. Kinder sind offen und müssen alle Unterstützung bekommen um spielerisch deutsch lernen zu können. Die Sprachentwicklung passiert im Alltag. Dafür müss aber alle Erwachsenen in der Krippe und Hort perfekt deutsch sprechen.
Wer sollte Elementarpädagoge werden?
Leute, die nicht nur spielen und basteln wollen. Menschen die mit Kindern das Leben gestalten wollen, die noch selbst neugierig sind, Humor und Gleichmut besitzen. Menschen sie sich auch für den Beruf einsetzen.
Inwiefern?
Eltern und die KollegInnen müssen auch politisch gestalten. Man muss auch argumentieren können was es für die Elementarpädagogik braucht, darum kämpfen.

- Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) und Raphaela Keller
- Foto: PID/Christian Fürthner
- hochgeladen von Michael Payer
Brauch es auch mehr männliche Pädagogen?
Männer fehlen sehr in der Elementarpädagogik. Die Kinder brauchen dringend männliche Identifikationsfiguren.
Wo liegen die größten Unterschiede zu ihren Anfängen in den 1970er Jahren und jetzt?
Die Kinderanzahl pro Pädagoge hat sich verbessert. Natürlich hat sich auch das Bewusstsein verändert. Was Kindergarten bedeutet, was sich da abspielt. Die KollegInnen haben heute mehr administrative Arbeit zu machen. Das finde ich ganz furchtbar. Dafür müssen eigene Kräfte eingestellt werden. Positiv ist auch, dass es jetzt in jeder Gruppe eine Assistenz gibt.
Sie reden von Bildungszeit, vermeiden das Wort Betreuung.
Betreuung gibt es beim Ikea im Bällebad. Es fehlt uns so an Bewusstsein was in der Elementarpädagogik geleistet wird. Jedes Kind wird als Genie geboren, muss seine Fähigkeiten kennenlernen um ihr Leben positiv gestalten zu können. Das macht die Elementarpädagogik ganzheitlich. Das muss überall beitragsfrei sein. Es geht in den Kindergärten um die Kinder, nicht um die Eltern nur weil sie wählen gehen. Daher: PolitikerInnen! Macht etwas!
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