Umfrage unter Ärzten
Versorgungsengpässe in Wiener Spitälern nehmen zu
Eine erneute Umfrage im Auftrag der Wiener Ärztekammer unter Spitalsärztinnen und -ärzten zeigt Versorgungsengpässe in den Spitälern der Hauptstadt. Die Unzufriedenheit steigt, das sei aber nicht (mehr) auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. Kritik hagelt es vor allem für Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Ein wienweiter Streik wird immer wahrscheinlicher.
WIEN. Engpässe bei der Patientenversorgung, schlechte Ausbildungsbedingungen, Qualitätsverluste in der medizinischen Versorgung: Spitalsärztinnen und -ärzte stellen der Wiener Gesundheitspolitik ein vernichtendes Zeugnis aus. Das zumindest zeigen die Ergebnisse einer großen Spitalsumfrage, die der bekannte Meinungsforscher Peter Hajek im Auftrag der Ärztekammer für Wien (ÄKW) durchführte.
Schon bei der ersten Umfrage im vergangenen Jahr zeigte sich große Unzufriedenheit. Die Ärzte orteten massive Qualitätsverluste. Diese wurden seitens der Stadt mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet. Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage zeichnen jedoch ein anderes Bild. Die Nachwehen der Pandemie würden zwar sicherlich eine Rolle spielen, doch die signifikante Verschlechterung in einigen Bereichen müsse noch andere Gründe haben, analysierte Hajek am Freitag.
Von Politik nicht ernst genommen
Einen nachhaltigen Qualitätsverlust in der medizinischen Patientenbetreuung aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen sehen 87 Prozent der rund 1.900 Umfrageteilnehmenden. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 stimmten dieser Aussage 84 Prozent zu. Große Engpässe bei der Patientenversorgung sehen 84 Prozent der Befragten, im Jahr zuvor waren es 78 Prozent.
Das Zeugnis für die Stadtregierung, insbesondere für Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), könnte schlechter kaum sein. 77 Prozent fühlen sich von der Stadtpolitik im Stich gelassen und meinen, diese unternehme gegen die Probleme nichts (2022 waren es 72 Prozent). Am dramatischsten scheint die Lage in puncto Gefährdungsanzeigen zu sein. Während im Vorjahr 68 Prozent der Mediziner der Meinung waren, Stadtrat Hacker nehme Gefährdungsanzeigen nicht ernst, sind es in diesem Jahr satte 81 Prozent. Verbesserungen gebe es den Umfrageergebnissen nach in keinem einzigen Bereich, so Hajek.
Ein Jahr ohne Veränderungen
Von einem "Bankrott der Gesundheitspolitik" spricht Stefan Ferenci, Vizepräsident der Wiener Ärztekammer und Kurienobmann der angestellten Ärzte. Bereits im Vorjahr habe die Länderkammer auf die Probleme in den Spitälern aufmerksam gemacht. "Es sind keine Einzelfälle, es sind strukturelle Probleme", unterstreicht Ferenci. Mit einem Zehn-Punkte-Plan habe man konkrete Lösungen erarbeitet und diese dem Gesundheitsstadtrat vorgelegt. Verändert habe sich dennoch nichts. "Es wurde in einem Jahr nichts gemacht. Es war ein verlorenes Jahr", zieht Ferenci Resümee.
Aufgrund der Personalprobleme müssen Operationen immer häufiger verschoben werden. Darunter leiden neben den Patienten auch die Assistenzärzte. "Wie soll man da noch ausbilden?", fragt Peter Poslussny, Vertreter im Wiener Gesundheitsverbund (WiGeV) und Vorstandsmitglied der ÄKW.
Streik in Vorbereitung
Die Zustände in den Spitälern seien "katastrophal", die Streikbereitschaft hoch. Der vergangene Warnstreik der Klinik Ottakring sei ein "lauter Hilferuf" gewesen, den die Politik jedoch nicht ernst genommen habe, urteilt Vizekurienobmann Eduardo Maldonado-Gonzáles. Jetzt will man wienweit streiken, die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Man sei in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften und den Personalvertretungen. Der Streik ist für Mitte November bis Mitte Dezember angedacht, die Notfallversorgung habe aber jedenfalls Vorrang - MeinBezirk.at berichtete.
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