Wahlkampf in Liesing: Im Wein liegt die Wahrheit
Beim Heurigen in Liesing gibt es vor der Wahl nur ein Thema: Siegt Rot oder Blau?
Die S-Bahn-Intervalle werden besser. Das lang ersehnte Kulturzentrum F23 in der ehemaligen Sargfabrik ist fix beschlossen. Der Bau beim Emil-Behring-Weg an der Grenze zu Liesing ist fix beschlossen. Kurz vor der Wahl hauen die Politiker in Liesing alles aufs politische Parkett, was geht. Aber ob Rot, Schwarz, Blau, Grün, Pink oder was and(a)res – geht man zum Heurigen Edlmoser, um zu politisieren, ist jedem wurscht, wer welchen Meilenstein im Bezirk umgesetzt hat.
Denn hier dreht sich alles nur noch um eine Frage: Steht Strache oder Häupl nach der Wahl am 11. Oktober auf dem Siegerpodest ganz oben? „Ich werde Rot wählen. Weil ich nicht will, dass der Strache Bürgermeister wird“, sagt der 49-jährige Hans Knessl, der bei den Holzfässern gleich nach dem Eingang steht. "Obwohl ich sonst eher etwas anderes wählen würde."
Ob er dann auf Bezirksebene diesem Etwas sein Kreuzerl schenke? "Lieber nicht, bevor dann am Ende meine Stimme ungültig ist, wenn nicht auf beiden Zetteln das gleiche steht." Wäre sie nicht. "Wirklich? Trotzdem. Sicher ist sicher."
Eins, zwei oder drei
An einem anderen Tisch sitzt eine Gruppe Mittzwanziger. „Also ich werde den Strache wählen“, sagt einer von ihnen. "Das kannst du doch nicht ernst meinen?", fragt die Frau im grauen Pullover neben ihm. Am Tonfall der beiden erkennt man, dass es sich nur um spielerisches Geplänkel handelt – und keine ernsthafte, politische Diskussion. „Wenn du genau überlegst, ist das eigentlich gar nicht so abwegig", setzt der Mann nach. "Jeder Dritte ist schließlich Blau-Wähler und gibt es dann aber nicht zu.“
Dann zeigt er nacheinander auf drei Personen an seinem Tisch. „Du bist Nummer eins. Du zwei und duu....“. Kunstpause. "Drei." Natürlich zeigt er bei „Drei“ auf die Frau im grauen Pullover. „Aha. Ausgerechnet du wählst Blau“, sagt er trocken. Die anderen lachen.
Am nächsten Tag in der Früh hat sich eine Armada von Grünen am Liesinger Platz versammelt. Um zur Schnellbahn zu gelangen, muss man zwangsläufig an ihnen vorbei und mit ihnen reden – als Entschädigung gibt es dann Snacks mit der Aufschrift "Bio essen. Bio wählen." Der Optimismus des Liesinger Grünen-Chefs Tarik Darwish ist im Laufe des Wahlkampfs etwas gesunken. "Das Duell Rot gegen Blau überschattet alles. Mir haben schon viele Grünsympathisanten erklärt, dass sie dieses Mal zur Sicherheit die SPÖ wählen werden. Wir versuchen jeden Tag zu nutzen, um den Leuten zu zeigen, dass es Alternativen gibt."
Ein paar Tage haben sie und hre Mitbewerber noch. Ein paar Tage, bis es beim Heurigen keine Diskussion über Farben mehr gibt. Zumindest fast. Denn die Frage, ob Gelber Muskateller oder Weißer Spritzer ist ja auch weiterhin nicht zu verachten.
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