Büro "Kreative Räume"
Mehr Mut für Wiens Erdgeschoßzonen statt Leerstand
Corona, Inflation, Teuerung: Wie steht es um Wiens Geschäftslokale? Hat die Stadt gar ein Leerstandsproblem? Wir haben bei "Kreative Räume Wien", dem Büro für Leerstandsaktivierung in der Stadt, nachgefragt.
WIEN. Alle guten Dinge sind drei – aber eben nicht immer. In Sachen Leerstand ist es das Gegenteil: Corona, Teuerung und Inflation machen das Thema wieder präsenter. Wie ist aktuell die Lage? Hat Wien gar ein Leerstandsproblem? So pauschal könne man das nicht sagen, meint Ulrich Fries von "Kreative Räume Wien", dem Büro für Leerstandsaktivierung in der Stadt. Wir haben mit ihm über 1A-Lagen, solidarische Gedanken und Vorzeigeprojekte gesprochen.
Wie steht es um die Erdgeschosszonen in Wien?
ULRICH FRIES: Der Corona-Effekt hat klassische Innenstadtbezirke betroffen, das zeigen die Passantenzählungen. Aktuell ist der Status wie vor der Pandemie: An attraktiven Ecken funktioniert der Einzelhandel.
Woran hapert’s, wenn nicht?
Meist sind es finanzielle Gründe, die Leerstand bedingen. Bei Kreativ- und Sozialprojekten ist das Problem, dass diese wegen kleinerer Budgets nicht dieselben Mieten zahlen können wie der Einzelhandel. Gleichzeitig wollen Eigentümerinnen und Eigentümer Lokale zu diesen Preisen oft nicht hergeben.
Sind Nebenlagen günstiger?
Dort sind zwar die Mieten rückläufig, aber gleichzeitig steigen die Betriebs- und Energiekosten. Der niedrigere Preis kommt bei etwaigen Mieterinnen und Mietern nicht an. Stehen Lokale länger leer, verfallen sie zusehends. Die Investitionskosten, um ein Lokal überhaupt reaktivieren zu können, steigen. Auch das ist eine große Hürde.
Ziel soll Grätzl-Attraktivierung sein
Wo kann man da ansetzen?
Kommt wieder ein leeres Lokal dazu, setzt sich eine Abwärtsspirale in Gang. Das wirkt sich auf lange Sicht negativ auf die Gesamtsituation in der Gegend aus. Eigentümerinnen und Eigentümer müssen verstehen, dass es nicht das Ziel sein muss, mit einem Lokal viel zu verdienen. Sie sollten es vielmehr als Investment sehen, das Grätzl zu attraktivieren, also den solidarischen Gedanken vorantreiben.
Was ist im Sinne der Solidarität ein Vorzeigeprojekt?
In der Ottakringer Straße 201 gab es 2023 mit dem "Lido für Ottakring" zwar nur ein temporäres Projekt, aber es hat sich gezeigt, dass an dieser Ecke, wo vorher nichts los war, ein lebendiger, toller Ort entstanden ist, der zur Attraktivierung beiträgt. Solche Anker braucht es, damit die Anwohnerinnen und Anwohner merken, dass sich etwas tut. Dann kann sich auch bei den Eigentümerinnen und Eigentümern der Wind drehen.
Welche Zwischennutzungen sind bereits in Planung?
Laufend werden Projekte, bei denen die Eigentümerinnen und Eigentümer bereit sind, neue Wege zu gehen, von den Kreativen Räumen Wien geprüft. Wenn die Eigentümerinnen und Eigentümer das nicht wollen, dann geht es halt nicht. Da ist Bewusstseinsarbeit wichtig. Im Werden ist eine Zwischennutzung eines ehemaligen Kindergartens in der Quadenstraße 13 im 22. Bezirk. Im April startet dort das Projekt "Rooming Inn Spielraum" mit einem Mix aus Bildung, Landwirtschaft und Kultur.
Zur Sache
Neues Leben für alte Geschäftslokale: Das Büro "Kreative Räume Wien" unterstützt und begleitet die Öffnung von Leerständen für längerfristige oder temporäre Nutzungen. Pro Jahr gibt es rund 500 Anfragen von Wienerinnen und Wienern, die Räumlichkeiten anmieten möchten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Beratung von Raumsuchenden, Nutzerinnen und Nutzern sowie Eigentümerinnen und Eigentümern. Wer Interesse hat: Für einen persönlichen Termin kann man sich per E-Mail an beratung@kreativeraeumewien.at anmelden. Infos: www.kreativeraeumewien.at
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