Gedenken in St. Radegund
79. Todestag von Franz Jägerstätter
Anlässlich des 79. Todestages von Franz Jägerstätter fand am 8. und 9. August 2022 in St. Radegund das jährliche Gedenken statt. Hierbei wurde unter anderem ein 2021 aufgetauchtes Textdokument präsentiert.
ST. RADEGUND. Der Innviertler Landwirt und Familienvater Franz Jägerstätter hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und vor 79 Jahren, am 9. August 1943, in Brandenburg an der Havel durch Enthauptung hingerichtet.
Jährliches Gedenken
Das jährliche Jägerstätter-Gedenken wird von der christlichen Friedensinitiative Pax Christi und der Pfarre St. Radegund organisiert. Es begann in diesem Jahr am 8. August mit einem Abendgebet in der Kirche von St. Radegund. Zum eigentlichen Gedenktag am 9. August kamen über 100 Personen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien. Unter ihnen waren unter anderem die Jägerstätter-Töchter Maria Dammer, Aloisia Maier und Rosalia Sigl sowie weitere Familienmitglieder, Andreas Schmoller und Verena Lorber vom Franz und Franziska Jägerstätter Institut der KU Linz, Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl, Mitglieder des Jägerstätter-Beirats und Mitglieder von Pax Christi und eine Pilgergruppe junger Erwachsener.
Am Vormittag referierte im Pfarrheim Tarsdorf um 9.30 Uhr der Theologe Franz Josef Tremer aus Fuchsstadt in Bayern über Leben und Sterben des Pater Franz Reinisch, der ebenfalls ein Kriegsdienstverweigerer war und zog Parallelen zu Jägerstätter. Um 13.30 Uhr führte eine Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund, wo um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter stattfand, die von Pax Christi gestaltet wurde.
Das Textdokument
Anschließend berichtete Andreas Schmoller, Leiter des Franz & Franziska Jägerstätter Instituts (FFJI), über ein jüngst gefundenes Jägerstätter-Schriftstück, das am 20. Mai 2022 im Rahmen der Langen Nacht der Forschung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Das Dokument war im September 2021 von Willhelm Peterlechner in St. Radegund dem FFJI übermittelt worden. Nach Begutachtung von Material, Schriftbild und Inhalt des Briefes stand zweifelsfrei fest, dass es sich tatsächlich um einen Jägerstätter-Text handelt. Unter Umständen ist es einer der letzten Texte, den Jägerstätter vor der Verhaftung am 2. März 1943 verfasste. „Das Besondere an dem handgeschriebenen Text sind bereits die Einleitungsworte ‚Wie kam ich eigentlich auf die Idee nicht einzurücken.‘ Viele Schriften Jägerstätters beginnen mit einer Frage. Sie sind stets Ausgangspunkt für eine Argumentation oder religiöse Erörterung“, erklärt Schmoller.
Für Jägerstätter-Biografin Erna Putz betone und unterstreiche Jägerstätter in dieser Aufzeichnung die spirituelle Dimension seiner Entscheidung und gebe damit die gedanklichen Schritte wieder, die zu seiner Verweigerung des Kriegsdienstes in der Deutschen Wehrmacht geführt hätten, so Schmoller. Zum Wert des Dokuments für die Forschung meint er: „Der neue Text wirft unser Jägerstätter-Bild klarerweise nicht über den Haufen. Der Inhalt steht im eindeutigen Gleichklang mit den bekannten Jägerstätter-Überlegungen zum gerechten Krieg, zum anti-christlichen Charakter des NS-Regimes und dem Verhältnis zwischen religiöser und weltlicher Obrigkeit. Dennoch erhält das neue Dokument eine eigene Bedeutung für die Jägerstätter-Forschung.“
Der Abschluss
Den abschließenden Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund feierte Johann Holzinger, Propst des Stiftes St. Florian, mit den Teilnehmenden. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Kirchenchor der Pfarre. In seiner Predigt wies Holzinger auf die bleibende Aktualität der Schicksale von Persönlichkeiten wie Franz Jägerstätter und Pater Franz Reinisch hin. Schlusspunkt des Gedenkens war die Lichtfeier am Grab von Franz und Franziska Jägerstätter.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.