Bezirk Braunau: 260 Kinder leben in Armut
Der Strom ist abgestellt, der Kühlschrank leer. 642 Menschen aus dem Bezirk Braunau konnte die Caritas im Vorjahr aus der Not helfen.
BEZIRK BRAUNAU. Armut ist meist nicht auf den ersten Blick erkennbar. Aus Scham spielt sie sich hinter verschlossenen Türen ab. Sandra Bergwinkl ist jeden Tag mit Armut konfrontiert. Sie ist Sozialberaterin der Caritas in Braunau. 2017 führte sie 1.218 Beratungsgespräche und konnte 642 Menschen im Bezirk mit einer Soforthilfe in ihrer Not unterstützten. Besonders erschreckend: 40 Prozent der Betroffenen im Bezirk sind Kinder.
Alleinerziehende und "Großfamilien"
Bergwinkl beschreibt einen der vielen unterschiedlichen Fälle: "Eine alleinerziehende Mutter von einem drei- und einem fünfjährigen Kind bat bei der Caritas um Hilfe. Die laufenden Kosten für Wohnung, Essen und Kleidung übersteigen ihren finanziellen Möglichkeiten. Sie muss bei ihrem Ex-Mann die Alimente einklagen. Ein Antrag auf Unterhaltsvorschuss hat sie gestellt - die Bearbeitung dauert." Diese Existenzängste seien einen enorme Belastung für die Psyche, weiß Bergwinkl: "Das geht meist Hand in Hand mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes."
Problem: Deckelung der Mindestsicherung
Es sind Männer, Frauen und erschreckend viele Kinder, für die der leere Kühlschrank Realität ist. Neben Kindern und Jugendlichen aus Ein-Eltern-Haushalten sind es vor allem Familien mit drei und mehr Kindern, die nicht mehr über die Runden kommen: "Durch die Deckelung der Mindestsicherung für Familien hat sich die Situation noch verschärft", so die Caritas-Mitarbeiterin. Steht dann noch ein Schulausflug an, ist der Bastelbeitrag fällig, wird die Waschmaschine kaputt, bringt das das Fass zum Überlaufen. "Die kostenpflichtige Nachmittagsbetreuung im Kindergarten reißt zusätzlich ein Loch ins Budget – obwohl gerade berufstätige Alleinerzieherinnen eine Betreuungsmöglichkeit bräuchten."
Kinderbetreuung und Arbeit unter einen Hut bringen
Oft müssten die Menschen mit nur sieben Euro am Tag auskommen. "Am Land kommt noch hinzu, dass es ohne eigenes Auto quasi unmöglich ist, Kinderbetreuung und Arbeit unter einen Hut zu bringen", so Bergwinkl. In der Sozialberatungsstelle hilft sie mit einer Überbrückung in akuten Notsituationen - vorrangig mit Lebensmittel- und Bekleidungsgutscheinen.
Finanzierung durch Spenden
Finanziert wird die Hilfe von Spenden. Deshalb bittet die Caritas im April und Mai, die Haussammlung zu unterstützten. "Das Geld kommt ausschließlich der Hilfe für Menschen in Oberösterreich zugute", betont die Caritas-Mitarbeiterin.
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