Burnout gefährdete Ärzte / Der Stress hat kein Ventil


Das Wartezimmer ist bis auf den letzten Platz belegt sodass einige Patienten im Stehen warten müssen, hinter den Türen der geschlossenen Behandlungszimmer hört man vereinzelt ein Murmeln der sich unterhaltenden Personen und hin und wieder ertönt das Weinen eines Kindes
.

Auf dem Flur sieht man Ärzte vorbeihuschen, denen förmlich ins Gesicht geschrieben ist, dass sie Stress haben. So sieht der Alltag der Spitalärzte unter der Woche sowie an den Wochenenden aus. Unter der Woche, haben sie in ihren Kliniken einen Schichtdienst von bis zu 32 Stunden, wer meint dass das schon viel sei, sollte sich lieber vor dem Wochenende in Acht nehmen. Denn dann müssen Spitalärzte häufig eine Schicht von 49 Stunden antreten. Trotz Müdigkeit sind die Anforderungen an den behandelnden Arzt hoch, was natürlich völlig absurd ist. Doch die Frage ist, wie soll die gewünschte Arbeitsqualität hergestellt werden, wenn übermüdete Ärzte versuchen sich mit Kaffee wach zu halten und den unübersehbaren Mangel an Personal zu überbrücken, ohne Aussicht auf Besserung?

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) macht sich schon seit Jahren dafür stark, dass die Ärzte entlastet werden. Mittlerweile ist die Situation schon so eskaliert, dass für österreichische Ärzte/innen ein hohes Risiko besteht, an Burnout zu erkranken bzw. sie weisen schon Symptome auf. Die Risikozahlen sind im Vergleich zu anderen Berufen unglaublich hoch. Ein Richter hat ein Burnout-Risiko von 40%. Einem Laien erscheint das schon als übernatürlich hoch. Einen Arzt hingegen trifft ein 50-60%iges Risiko. Mit anderen Worten, jeder zweite ist gefährdet. Eine solche Statistik ist erschreckend.

Die Strickleiter aus dem Loch heraus

Durch den bekannten Stressfaktor verliert der Arztberuf weitgehend an Attraktivität. Den jungen Nachwuchsärzten fehlt es einerseits an der nötigen Motivation, bei extrem langen Arbeitszeiten ihr Bestes zu geben und wenn es ganz extrem ist, wollen sie bei den bestehenden Bedingungen überhaupt nicht mehr arbeiten. Sie suchen dann lieber in anderen Ländern wie beispielsweise Deutschland oder der Schweiz nach einer angemessenen Arbeitsstelle. Da die Arbeitsbedingungen dort tatsächlich besser sind, verlassen viele Ärzte Österreich. Für die gegangenen natürlich eine wahnsinnige Erleichterung, aber die zurückgeblieben praktizierenden Ärzte in Österreich stehen vor einem noch größeren unüberwindbaren Loch.

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte ist sich der Problematik bewusst und weiß, dass da schnellstmöglich etwas getan werden muss: „Wir brauchen flexible Arbeitszeitmodelle, die gesetzlich verankerte Beschränkung der durchgehenden Arbeitszeit auf 25 Stunden, Kinderbetreuungsmöglichkeiten und mehr Personal. Nur so können die Kolleginnen und Kollegen entlastet werden, und nur so wird es möglich sein, Burnout und die damit zusammenhängenden Krankheiten abzuwenden.“

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