Aktuelle Lage in Afghanistan
Afghanen aus der Obersteiermark bangen um ihre Familien

Estefan Shokryan mit seinen Töchtern Katarina und Monika.  | Foto: Hackl
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Nader Hashem ist in Afghanistan geboren und lebt seit 2005 in Österreich, jetzt in Aflenz. Nach der Matura hat er Afghanistan verlassen, er hat russische Sprache und Literatur in Russland und angewandte Translationswissenschaften an der KF-Uni Graz studiert. Er arbeitet jetzt als Berater beim Verein ZEBRA und leitet in Bruck eine Taekwondo-Schule. Er hat den dritten Dan in Tae-Kwon-Do, Hapkido und Hoshinsul. Er spricht außer Deutsch und Russisch auch noch Persisch bzw. Dari und Pashtu. In Afghanistan war er zuletzt im Jahr 2014, da war die Lage "eher stabil". Jetzt steht er fast täglich in Kontakt mit Freunden und Verwandten: "Aus den Medien lässt sich nicht alles erfahren. Nicht alle Provinzen sind in der Hand der Taliban. So kämpfen Widerstandskräfte im Panjshir-Tal gegen die Taliban an, in der Hindukushregion erobert die immer noch vorhandene Armee Gebiete von den Taliban zurück. Die Grenzen aber sind dicht, es kommt keiner mehr raus. Nach Norden hin schottet Russland die Grenzen ab, aus Angst vor einer Flüchtlingsbewegung", erzählt er von seinen Informationen.

Nader Hashem in seiner Brucker Taekwondo-Schule. | Foto: Privat
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Seine Geschwister erzählen, dass sie Angst haben, keiner glaubt jemals mehr den Taliban, von den Amerikanern und Europa fühlen sie sich verraten. "Die Menschen in Afghanistan haben den Glauben an die Demokratie verloren."
Auf die Frage, warum die Taliban so schnell wieder erstarkt sind, hat Nader Hashem schnell die Antwort parat: "Sie waren nie weg. In der Hauptstadt Kabul waren sie auch unter den Amerikanern auf offener Straße präsent. Außerdem wurden sie von den Nachbarstaaten gefördert und unterstützt."

Auch zu den immer noch möglichen Abschiebungen von abgelehnten Asylwerbern nach Afghanistan hat er eine klare Meinung: "Für die meisten Menschen würde es das Todesurteil sein, sie sind zu allererst im Visier der Terroristen."
Und zur staatlichen Direkthilfe aus Österreich nach Afghanistan: "So viel Geld ist jetzt schon versandet, unter der Herrschaft der Taliban wird es noch viel schwieriger sein, das Geld und Hilfe dorthin zu bringen, wo es nötig ist."

Nader Hashem ist sichtlich betroffen von den Zuständen in Afghanistan: "Die Geschichte beginnt sich immer wieder und wieder zu wiederholen. Die Menschen sehen sich so sehr nach Frieden, sie wollen nicht mehr, als in Ruhe leben zu können."

Fluchtgrund: "Wir sind Christen!"

Marta und Estefan Shokryan leben mit ihren beiden TöchternKatarina und Monika in Kindberg. Weil sie als Christen als verfolgte Minderheit galten, haben sie schnell den Asylstatus erhalten. Insgesamt waren sie fast 14 Jahre auf der Flucht, mit jahrelangen Fluchtstationen im Iran und in der Türkei.
Marta und Estefan bangen um ihre Familien. "Ich versuche meine Eltern aus Afghanistan herauszubekommen, vorerst einmal in ein Nachbarland", erzählt Estefan. Seine Schwester studiert im Iran, eine Rückkehr nach Afghanistan scheint für sie aussichtslos. Für Estefan ist es auch ein Kampf der Volksstämme: Paschtunen gegen Hazara. "Die Taliban sind mehrheitlich Paschtunen und sie verfolgen die schiitische Minderheit der Hazara.

Estefan Shokryan mit seinen Töchtern Katarina und Monika.  | Foto: Hackl
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Tochter Katarina ist 17 Jahre alt. "Ich bin so froh, hier In Österreich leben zu dürfen. In Afghanistan hätte ich als Frau keine Zukunft, keinen Zugang zu Bildung und zum Beruf. Außerdem können bei den Talibans Mädchen bereits mit 12 Jahren verheiratet werden." Katarina hat die ersten zwei Lebensjahre in Afghanistan gelebt, Erinnerungen an ihre Heimat hat sie keine mehr.

Auch die UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, ist äußerst besorgt über die rasante Eskalation des Konflikts in Afghanistan. Schätzungen zufolge wurden seit Anfang des Jahres etwa 550.000 Afghanen innerhalb des Landes vertrieben – allein seit Mai rund 390.000.
Ende 2020 lebten 2,9 Millionen Afghanen als Vertriebene im eigenen Land.

Frauen und Kinder betroffen

Rund 80 Prozent, der Menschen, die sich seit Ende Mai in Afghanistan auf der Flucht befinden, sind Frauen und Kinder.
Nach dem Sturz des Taliban-Regime im Jahr 2001 hatte sich die Situation der Frauen zunächst verbessert. Mädchen konnten zur Schule gehen, Frauen studieren, einen Beruf ausüben oder auch selbständig sein und die Zahl der Uniabsolventinnen stieg stetig. Doch die Erinnerung an die Schreckensherrschaft der Taliban war immer präsent – besonders bei den Frauen. Auch zwei Jahrzehnte nach Anbruch einer neuen Ära, war die Sicherheitslage der Frauen schwierig. Immer wieder wurden sie gezielt Opfer von Tötungen, sexualisierter Gewalt und Bombenangriffen. Es kam wiederholt zu Anschlägen auf Geburtsstationen und Mädchenschulen.

Seit dem Abzug der internationalen Truppen und spätestens seitdem die Taliban die Hauptstadt Kabul zurückerobert haben, fürchten die Frauen nun den Verlust ihrer Selbstbestimmung, der hart erkämpften Rechte und Freiheiten. Die Taliban verfolgen das Ziel eines patriarchalen Gewaltsystems: eines Islamischen Afghanischen Emirates, in dem das Gesetz der Scharia gilt, in der Frauen- und auch andere Menschenrechte keine Gültigkeit mehr besitzen.

Land mit den größten Flüchtlingskrisen

In 2001 wurde das Taliban-Regime in Afghanistan unter der Führung der USA militärisch gestürzt. Bis zu diesem Zeitpunkt galt Afghanistan für mehr als zwei Jahrzehnte als ein Land mit einer der größten Flüchtlingskrisen der Welt.

Trotz aller Anstrengungen, Flüchtlinge wieder zurückzuführen (nach 2001 und in jüngerer Zeit seit 2016), blieb Afghanistan das Hauptherkunftsland von Flüchtlingen, bis Mitte 2014 Syrien diese Position einnahm.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) kamen 2017 zwei Drittel (68 Prozent) aller Flüchtlinge weltweit aus nur fünf Ländern. Dabei nimmt Afghanistan weiterhin den zweiten Platz ein. Die afghanische Flüchtlingskrise gilt als eine der größten lang andauernden Flüchtlingssituationen weltweit.

In der jüngeren Geschichte gab es mehrere Vertreibungsphasen, verbunden mit dem fast vier Jahrzehnte andauernden Bürgerkrieg, der 1978 mit dem von der Sowjetunion unterstützten Staatsstreich (Saur- oder Aprilrevolution) begann.

Das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieser Völkerwanderungen variierten in insgesamt sieben Mobilitätsphasen. In den meisten Phasen war die Vertreibung ins Ausland viel umfangreicher als die Binnenvertreibungen. Dieser Trend scheint sich langsam zu ändern, möglicherweise aufgrund zunehmend eingeschränkter Asylmöglichkeiten für Afghanen.
Bis zur jüngsten Vertreibungsphase, die 2015 begann, hatte jeder zweite Afghane mindestens eine (viele sogar mehrfache) Vertreibungserfahrung gemacht.

Flucht und Vertreibung ins Ausland

Die Flucht und Vertreibung von Afghanen ins Ausland – insbesondere von denjenigen, die in Europa Asyl beantragten – erlebte 2015 einen Anstieg, möglicherweise angespornt durch die syrische Massenflucht im selben Jahr. Laut UNHCR suchten zwischen 2015 und 2017 fast eine Millionen Afghanen weltweit Asyl.

Von den laut UNHCR ca. 260.000 afghanischen Asylsuchenden im Jahr 2015 suchten laut Eurostat knapp zwei Drittel (181.400) Asyl in der EU. Ungarn, Schweden, Deutschland und Österreich waren die bevorzugten Zielländer. Obwohl die Zahlen in den letzten Jahren zurückgegangen sind, bilden Afghanen weiterhin die zweitgrößte Gruppe von Personen, die in Europa einen Erstantrag auf Asyl stellen.

Deutschland ist das Land, das 2015 die meisten Asylerstanträge von Afghanen registrierte; insgesamt rund 187.355 Anträge in den letzten vier Jahren (2015-2018), gefolgt von Ungarn (insgesamt 58.940), Schweden (insgesamt 46.675) und Österreich (insgesamt 42.240). Griechenland fungierte weitgehend als Transitland, obwohl eine erhebliche Anzahl afghanischer Schutzsuchender dort noch ausharrt.
(Quelle: UNHCR)

Estefan Shokryan mit seinen Töchtern Katarina und Monika.  | Foto: Hackl
Afghanistan zählt zu den faszinierenden Regionen dieser Erde. Aber seit Jahrhunderten auch ein Land, das nie zur Ruhe kommt. | Foto: PantherMedia/Ric Ergenbright
Nader Hashem in seiner Brucker Taekwondo-Schule. | Foto: Privat
Nader Hashem (rechts im Bild) leitet die Taekwondo-Schule in Bruck. | Foto: Hashem
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