,Debatte schreckt Gründer ab‘

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Anregung des Wirtschaftsstandortes oder Risiko für Kunden und Geschäftspartner? Die Direktorin des KSV 1870, Barbara Wiesler-Hofer und der Wirtschaftsbund-Direktor Markus Malle im Gespräch über „GmbH Neu“, ihre Auswirkungen und die geplante Reparatur.

WOCHE: Welche Ziele stehen hinter der GmbH light?
Malle: Der Ausgangspunkt der Gmbh Neu war ein eindeutiger: Die Möglichkeit und Form der Gründung zu erleichtern. Wir stolzieren von einem Gründungsrekord zum nächsten, aber der Anteil von GmbH als Rechtsform einer Gründung hat in den letzten Jahren stetig abgenommen. An den Zahlen vom Vorjahr sieht man, dass die Gründer wirklich zugewartet haben, bis diese GmbH Neu tatsächlich gekommen ist. Hauptpunkt ist, dass man ein geringeres Stammkapital für die Gründung braucht, also 35.000 Euro vorher, 10.000 Euro jetzt neu, die Hälfte davon bar einzuzahlen. Was Auswirkungen hat auf Gründungskosten, was Auswirkungen hat auf Mindestkörperschaftssteuer. Ich denke, der Erfolg gibt Recht. Das wegen ein paar bestehenden GmbH die jetzt das Stammkapital herabgesetzt haben, jetzt wieder aufzulösen ist für mich einfach absurd.
Barbara Wiesler-Hofer: Es stimmt: Von Juli bis Dezember 2013 sind mehr GmbH gegründet worden als im selben Zeitraum 2012. Aber: Wir haben nachgefragt "Was sind wirklich Neugründungen?" Echte Neugründer sind davon nur 21 Prozent. 79 Prozent sind Tochtergesellschaftfen von bestehenden Firmen oder Personen, die schon in der Funktion des Gesellschafters einer Firma waren. Also sind die Zahlen sehr wohl zu relativieren.
Malle: Ich verstehe, dass das anders zu bewerten ist. Aber nur, weil jemand bereits in einer GmbH ist und eine weitere Firma gründet, ist es ja trotzdem eine Neugründung. Es sind aber ganz wenige, die ihr Stammkapital aus einer bestehenden GmbH heruntergestuft haben.
Wiesler-Hofer: Das stimmt auch nicht, weil das hat sich verzehnfacht.
Malle: Österreichweit haben 674 Firmen ihr Stammkapital herabgesetzt.
Wiesler-Hofer: Laut Amtsblatt der Wiener Zeitung waren es 976 und im Jahr davor 96.
Wie stehen Sie zur Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf 10.000 Euro?
Wiesler-Hofer: Ich sehe das aus Gläubiger-Sicht. Gerade wenn die Gesellschaften zahlungsunfähig sind, werde ich mit dem Problem konfrontiert: Je weniger Kapital da ist, umso schlimmer ist es für die Gläubiger, die ohnehin nur einen Bruchteil ihres Geldes bekommen. Die neu angedachte Variante der GmbH light ist aus meiner Sicht ein brauchbarer Kompromiss.
Malle: Die Reparatur ist eine Katastrophe! Das ist fast so, als ob man als Firma mit einer Punze herumläuft "Du bist Jungunternehmer und du hast noch nicht alles voll eingezahlt". Jetzt gründe ich eine Firma, muss das Gründungsprivileg dazuschreiben und nach drei Jahren habe ich alles eingezahlt und muss auf einmal alle Drucksorten wieder ändern - das sind ja alles Kosten, die auf jemanden zukommen. Dabei sollte es so sein, dass wir den Unternehmern endlich das Leben erleichtern. Also das Bild nach außen ist eine Katastrophe. Der Staat hat nichts anderes getan, als zu sagen "Huch, mir entgeht Geld" und wenn wir ehrlich sind, ist das der eigentlich Grund, warums überhaupt zu der Reform kommt. Da geht es nicht darum, dass es in diesem halben Jahr so viele Konkurse gegeben hätte mit der Gmbh Neu, dass man deswegen die Handbremse zieht.
Wiesler-Hofer: Kanns auch noch nicht geben, das werden wir erst später sehen.
Malle: Eben. Sondern der Staat zieht die Notbremse, weil er Geld verliert, das er braucht.
Wiesler-Hofer: Da gebe ich Herrn Malle recht - die Rechtssicherheit ist dadurch natürlich nicht gegeben momentan. Das Gesetz war einfach nicht richtig durchdacht. Da brauchen wir gar nicht drüber reden.
Öffnet die „GmbH light“ Missbrauch Tür und Tor?
Malle: Die Glücksritter, die etwas tun wollen, tun das mit einer GmbH mit 35.000 Euro genauso, wie mit 10.000 Euro. Fakt ist: Wir sind Spitzenreiter innerhalb der EU, was die Höhe des Grundkapitals angeht. Der Schnitt liegt bei 8.000 Euro und wir sind an der Spitze. Wenn ich heute schon auf Risiko setzen wollte, dann gründe ich eine Limited mit einem Pfund in England.
Wiesler-Hofer: Vor dem Gläubigerschutz steht ganz klar der Gründerschutz. Aufgrund meiner Erfahrung weiß ich, dass viele Gründer sich selbst überschätzen und oft zu optimistische Erwartungen an ihren Erfolg haben. Durch die Senkung des Stammkapitals werden die Gründer nicht umsichtiger. Gerade wenn ich eine GmbH gründe, muss ich mich genau damit auseinandersetzen und die neue Regelung erweckt den Schein, billiger eine GmbH gründen zu können, aber weiter denken tut keiner darüber.
Malle: Da geb ich Ihnen recht: Die Beschäftigung ist ein ganz wesentlicher Punkt. Aber ich kann Ihnen sagen, ich bin so froh, dass wir Unternehmer haben, die sich mutig etwas trauen und nicht immer am Anfang als Beamter fünf Euro hin und her schieben. Ich bin ganz bei Ihnen, dass mehr Information, mehr Wissen, mehr Beschäftigung mit den Nebenkosten und das Wissen, dass Umsatz nicht gleich Gewinn ist, wichtig sind. Aber gottseidank haben wir mutige und innovative Unternehmer, die auch hineinstürzen. Und scheitern muss auch möglich sein. Da, wo man unbedingt einen Riegel vorschieben müssen, sind die Glücksritter, die vorsätzlich etwas tun. Da haben wir leider – egal ob mit GmbH neu oder ohne – viel zu viele Schlupflöcher.
Wiesler-Hofer: Eben, das glaube ich, ist das Um und Auf. Aber dadurch, dass die Gmbh Light jetzt groß in den Medien ist, erweckt das den Eindruck „Wenn ich die Gmbh light gründe, ist alles ohne Probleme“. Ich glaube, das ist nicht richtig. Bei den Insolvenzen ist die Unerfahrenheit das größte Thema. Und wenn ich billig ein Unternehmen machen möchte, brauch ich keine GmbH light, sondern kann das als Eizelunternehmer genauso machen.
Malle: Sie wissen schon, dass das Risiko für den Unternehmer bei einem Einzelunternehmer wesentlich höher ist, als bei der Gmbh? Und wir müssen schon in einem Punkt näher in Richtung USA kommen, die sonst überhaupt kein Vorbild für mich sind: Scheitern muss möglich und erlaubt sein. In den USA ist es so: Wenn jemand nicht mindestens einmal einen Konkurs hingelegt hat, ist er nicht gut. Bei uns ist es oft so, wenn einer einen Konkurs hingelegt hat, wird er gebrandmarkt. Da müssen wir einen Schritt in die Richtung gehen, dass Scheitern erlaubt ist, Das soll jetzt nicht heißen: Machts alle einen Konkurs.
Wiesler-Hofer: Volkswirtschaftlich betrachtet brauchen wir Insolvenzen, denn wenn eine neues Unternehmen entsteht, geht auf der anderen Seite eines unter, die Karten werden neu gemischt. Wir brauchen das, damit alles dynamisch bleibt.
Malle:Wir leben leider in einem Land der Sparbuchinhaber. Sich mit Risikokapital an Unternehmen zu beteiligen ist in Österreich nicht gelebt und nicht vererbt. Wenn bei uns einer 2.000 Euro investiert und verliert, wird gleich der Konsumentenschutz angerufen. Hat alles seine Vor- und Nachteile, muss man sagen. Aber zu sagen: Nur weil der kein Geld von der Bank kriegt, ist die Idee eine schlechte – da bin ich dagegen.
Wiesler-Hofer: Gerade in der heutigen Zeit spielt das Eigenkapital eine wesentliche Rolle. Je mehr ich habe, umso eher werde ich von dritter Seite, etwa von einer Bank, einen Kredit kriegen.
Malle: Unbestritten. Je mehr Eigenkapital ich habe, umso leichter tu ich mir. Wir müssen aber allen eine Möglichkeit geben, günstiger und besser zu gründen. Es geht da um ein Signal und um eine Stimmung, die wir erzeugen im Land. Und die muss ganz klar die sein, dass es positiv ist, Unternehmer zu sein, dass es positiv ist, Risiko zu übernehmen, dass es positiv ist, Mitarbeiter anzustellen.
Wiesler-Hofer: Ja das stimmt, wir brauchen Unternehmer. Nur die Zahl der Gründungen darf nicht in die Höhe gehen, indem man substanzlose Unternehmen auf den Markt bringt.
Malle: Ja, es sollte die Qualität der Gründungen sein, nicht die Quantität, da bin ich ganz bei Ihnen. Wir haben tolle HTL-Absolventen mit tollem technischen Verständnis, die dann aber am betriebswirtschaftlichen Minimum scheitern. Da müssen wir investieren. Die Wertigkeit des Unternehmertums muss gesteigert werden. Das hat aber nix mit dem Grundkapital zu tun.
Wiesler-Hofer: Was ich mich frage, was passt Ihnen jetzt an der Reparatur nicht? Das ist doch optimal! Ich brauche nur die 5.000 Euro einzahlen und habe dann Zeit.
Malle: Ja, aber ich bin dann Unternehmer zweiter Klasse, indem ich die Gründungsprivilegien weiter anzeigen muss, kein Stammkapital herausnehmen darf...
Wiesler Hofer: Aber das ist ja eigentlich schon ein guter Erziehungseffekt, dass ich die Rücklagen bilden muss.
Malle: Das geht in die falsche Richtung: Der Geldbetrag bringt kein Plus. Dadurch ist es kein besserer Unternehmen. Die Höhe des Stammkapitals ist nicht der Qualitätsfaktor, ob das ein gesunder Betrieb ist. Das Stammkapital ist nur ein Hinderungsgrund, eine GmbH zu gründen. Und warum müssen wir als Land Österreich mit der Höhe des Mindeststammkapitals innerhalb der EU Musterschüler sein?
Wiesler-Hofer: In Deutschland etwa gibt es die neue Gmbh, die auch das Modell hat, dass man Rücklagen bilden muss. Aber ich sehe es positiv, wenn Österreich als Musterschüler auftritt.
Malle: Ich werde trotzdem alles in meiner Macht tun – auch gegen den eigenen Finanzminister, damit die Reparatur nicht kommt. Irgendwann ist einmal Schluss. Ich kann nicht eine GmbH neu einführen und ein halbes Jahr, nachdem ich sie noch nicht einmal evaluiert habe, mache ich sie wieder rückgängig. Wir leben in einem Rechtsstaat und man kann nicht einfach sagen: „Die die jetzt gegründet haben, haben Pech gehabt .“
Wiesler-Hofer: Da gebe ich Ihnen Recht. Die Rechtssicherheit ist nicht da. Weil es nicht richtig durchgedacht wurde. Es ist einfach zu schnell gegangen. Aber die Reparatur ist vernünftig. Was jetzt mit denen passiert, die jetzt gegründet haben, weiß ich nicht, aber ich vermute, sie werden nachzahlen müssen. Es steht ja auch nicht im Gesetz, was passiert, wenn der Unternehmer in der vorgegebenen Zeit den Rest nicht einbezahlt. Aus Gläubigersicht glaube ich, dass die Haftung für den Restbetrag da ist, auch wenn es nicht definitiv im Gesetz steht.

Zur Sache:

Die GmbH Light wurde mit 1. Juli 2013 eingeführt.
Statt 35.000 Euro Stammkapital sind 10.000 Euro notwendig. Die Körperschaftssteuer sinkt von 1.750 auf 500 Euro.
Mit Beginn des Jahres wurde die Regelung aufgehoben. Die Neuauflage sieht den Zusatz „Gründungspriviligiert“ und eine Aufzahlung des Stammkapitals auf 17.500 Euro innerhalb von zehn Jahren vor.
Grund für die Aufhebung war unter anderem ein befürchteter Steuerausfall von 45 Millionen Euro Mindest-Körperschaftssteuer.
Am kommenden Freitag soll das Gesetz im Parlament beschlossen werden. Die Vertreter des ÖVP-Wirtschaftsflügels haben Protest angekündigt.

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