Schule- und Bildung
Naturschutz funktioniert auch mit der Kettensäge
In einem Praxisworkshop an der Salzburger Schule HBLA Ursprung lernten Schüler gemeinsam mit gestandenen Landwirten, wie auch der Mensch durch gezieltes Eingreifen zum Erhalt dieser Lebensräume im Wald beitragen kann. Das Motto des Tages lautete: Naturschutz mit der Kettensäge.
ELIXHAUSEN, SALZBURG, HENNDORF. Der Verlust der Artenvielfalt ist europaweit dramatisch. Auch in den heimischen Wäldern hat die Tierwelt in ihrer Biodiversität mit Rückgängen von mehr als 30 Prozent allein in den letzten zehn Jahren zu kämpfen. Ein Grund dafür ist das Fehlen von Totholz, das vielen Tieren Lebensraum und Nahrungsquellen bietet. „Intensive Landwirtschaft ist für unsere Versorgungssicherheit wichtig und unsere wirtschaftliche Basis. Jedoch bedroht der Klimawandel und der Rückgang der Artenvielfalt unsere Umwelt und Lebensqualität”, erklärt Gerrit Woerle, Chef der gleichnamigen Henndorfer Käserei und Mitinitiator des Workshops an der auf Landwirtschaft sowie Umwelt- und Ressourcenmanagement spezialisierten Lehranstalt in Elixhausen. Er fügt hinzu: „Wir wollen mit unserem Projekt ‘Artenvielfalt in Bauernhand’ aufzeigen, wie man mit einfachen Mitteln auf ökonomisch wenig nutzbaren Flächen Gutes für die Natur und Biodiversität tun kann.“
Landwirtschaft und Naturschutz
Ein zentrales Problem liege in der Tatsache, dass noch immer zu viele Landwirte in jeglichen Maßnahmen und Aktionen im Bereich Umweltschutz eine Bedrohung für ihre eigene Arbeit, ja ihren eigenen “Lebensraum” sehen. Wolfram Adelmann von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege widerspricht dieser Haltung vehement. Er ist selbst Waldbesitzer und aktiver Naturschützer: “In der heutigen Zeit gewinnt das harmonische Miteinander von Mensch und Natur immer mehr an Bedeutung und ist eine Voraussetzung dafür, unsere Umwelt für eine gemeinsame Zukunft möglichst intakt zu erhalten.”
Hohlräume als perfektes Habitat
Adelmann zeigte den Schülern der HBLA Ursprung sowie den teilnehmenden Landwirten aus der Umgebung beispielsweise, wie man Fichten als Totholz einsetzen kann. Die Kursteilnehmer übten mit einem speziellen Kettensägenanbau, dem sogenannten “Rindenschlitzer”, die Aufbereitung von Fichtenstämmen als Totholz, in dem Schädlinge wie Borkenkäfer und Buchdrucker keine Chance haben. Zudem wurden künstliche Baumhöhlen mit Deckel angelegt, die Lebensraum für Fledermäuse, höhlenbrütende Vögel, Insekten oder Pilze bieten können. Bodennahe “Mulmhöhlen” wiederum können sogar in noch lebenden Bäumen geschaffen werden. Der Hohlraum entwickelt sich mit dem wachsenden Holz weiter, teilweise bis hin zum vollständig hohlen Baum - ein perfektes Habitat für hunderte Arten von Vögeln und Insekten.
Jedes Stück zählt
„Unsere Wälder sind zu jung”, betont auch Experte Martin Werneyer vom bayerischen Landesbund für Vogelschutz. “In Mitteleuropa sind nur acht Prozent älter als 120 Jahre. Die überwiegende Mehrheit der Bäume erreicht damit maximal 30 Prozent ihres natürlichen Alters. Unsere jungen Wälder bestehen überwiegend aus forstlich hervorragend gepflegten Bäumen. Für die Biodiversität brauchen wir aber auch Alt- und Totholz. Ob groß oder klein, sonnig oder im Schatten, Laub- oder Nadelholz, je vielfältiger es vorhanden ist, desto mehr Arten können existieren. Jedes Stück Totholz zählt.” Die teilnehmenden Schüler der HBLA Ursprung und Landwirte aus Salzburg wissen nun, wie dieser "tote Raum zum Leben" auch von ihnen erhalten und sogar aktiv mitgestaltet werden kann - und sei es mit der Kettensäge.
Der Praxisworkshop „Naturschutz mit der Kettensäge“ fand im Rahmen des von Bund, Ländern und EU geförderten österreichweiten Projektes „Vielfalt auf meinem Betrieb - Wir Baue(r)n für die Vielfalt“ statt. Durchgeführt werden die Workshops vom österreichischen Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) als Projektträger gemeinsam mit der Käserei Woerle als Projektpartner.
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