"Die Frage, auf welche Freiheiten ich verzichten muss, wenn ich mein Auto verkaufe, hat sogar mich gequält"

BB: Aus unserem Politbarometer geht hervor, dass Sie die Salzburger in etwa zwei gleich große Lager teilen: Die eine Hälfte vertraut Ihnen, die andere nicht. Wie schätzen Sie selber das ein?
ASTRID RÖSSLER:
50 Prozent Zustimmung ist schon eine starke Deklaration. Für mich heißt das, dass man mich mit klaren Botschaften in Verbindung bringt. Und diese Botschaften stoßen eben auf hohe Zustimmung, aber auch auf hohe Ablehnung. Das ist in Ordnung.

BB: Ihr Parteikollege Heinrich Schellhorn hat auch bei den Grün-Wählern keinen guten Stand: Nur jeder Zweite vertraut ihm.
ASTRID RÖSSLER:
Für Heinrich Schellhorn ist der Kulturbereich sicher ein schwieriges Feld, weil die Kulturszene stark Grün-affin ist. Dort gibt es nun wegen der GRÜNEN-Regierungsbeteiligung sehr hohe Erwartungen in den Kulturlandesrat, was Förderungen betrifft. Aber wir müssen sparsam wirtschaften, und da können wir eben nicht von vornherein eine Gruppe ausnehmen. Auch wenn wir als GRÜNE zur Vielfalt der Kultur stehen: Wir müssen schauen, wo wir sinnvoll einsparen können.

BB: Die GRÜNEN-LR Martina Berthold stößt generell auf mehr Ablehnung als Zustimmung.
ASTRID RÖSSLER:
Bei Martina Berthold spielt momentan noch ihre geringe Bekanntheit eine große Rolle. Und sie hat sicher eines der schwierigsten Ressorts mit acht wichtigen Gesellschaftsthemen, wie Frauen, Familien und Integration. Was noch dazu kommt: Sie kommt ja aus der Verwaltung und da ist der Übergang, bis sich die bisherigen Mitarbeiter und Vorgesetzten mit ihrer neuen Rolle zurechtfinden, nicht immer leicht. Das ist übrigens bei ÖVP-LR Sepp Schweiger ähnlich.

BB: Wie unbeliebt soll oder darf ein Politiker sein?
ASTRID RÖSSLER:
Ich denke, eine Grundakzeptanz sollte schon eher hoch sein, da geht es darum, dass die Person respektiert wird, dass man Verständnis für ihre Handlungen aufbringt.

BB: ÖVP-LH-Stv. Christian Stöckl ist im BB-Politbarometer dafür sogar deutlich besser als LH Haslauer. Ist er – auch als Finanzreferent – der „Macher“ in der ÖVP-Mannschaft?
ASTRID RÖSSLER:
Ich denke hier spielt die große Portion Respekt für die schwierige Situation, in der Stöckl das Finanzressort übernommen hat, eine Rolle. Für mich steht Haslauer als erster Ansprechpartner außer Zweifel. Ich hoffe natürlich, dass das jetzt nicht für Unruhe innerhalb der ÖVP sorgt. In meinen Augen kommt Haslauer hier schlechter weg als es seine Verdienste sind. Er war jetzt bei den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene extrem eingespannt – aber auch dort hat er Salzburger Interessen vertreten. Und man könnte das auch positiv sehen: Ein Landeshauptmann, der sich nicht permanent in den Vordergrund drängt zeugt doch von Teamgeist.

BB: In unserer Umfrage ist „Weg mit Tempo 80“ nur für fünf Prozent der Salzburger ein Thema, viel wichtiger sind andere Bereiche wie eine bessere Bildungspolitik, das Regeln der Finanzen oder leistbares Wohnen. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen bei den Diskussionen zu Tempo 80?
ASTRID RÖSSLER:
Ja absolut. Maßnahmen, die in die Mobilität eingreifen, sind nun einmal emotional, und in den letzten Jahren haben wir genau über diese Themen zu wenig diskutiert. Jetzt ist es absolut überfällig, sich diesem Thema und auch diesen Emotionen zu stellen. In den Diskussionen habe ich viel Verständnis dafür erlebt, dass wir für Mobilität und Gesundheit andere Lösungen brauchen. Ein wichtiger Punkt ist den Menschen aber auch Gerechtigkeit. Sie wollen dann auch, dass sich jeder an dieselben Regeln halten muss.

BB: Trotzdem wird Tempo 80 nicht genug sein, um rund um die Stadtautobahn die Grenzwerte für Stickoxide einhalten zu können. Da wird es – und das haben Sie ja selbst gesagt – drastischere Maßnahmen brauchen.
ASTRID RÖSSLER:
Der motorisierte Individualverkehr ist hier nun einmal der Hauptverursacher. Wir haben einen langen Maßnahmenkatalog, der Anreize zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr aufzeigt. Trotzdem bleiben etwa in der Stadt Salzburg massivste Probleme – nicht nur auf dem Autobahnteilstück – da wird sich die Stadt Maßnahmen überlegen müssen. Eine Alternative sind Modelle wie die Citymaut.

BB: Maßnahmen, die zum Umstieg ermuntern, gibt es ja seit Jahrzehnten – aber sie funktionieren nicht.
ASTRID RÖSSLER:
Sie funktionieren noch nicht in dem Ausmaß, das wir brauchen. Es gibt aber ein riesiges Einsparungspotenzial bei Autofahrten vor allem im Stadtbereich. Die Hälfte der Fahrten ist unter fünf Kilometern! Aus eigener Erfahrung – ich habe vor dreieinhalb Jahren mein Auto verkauft – weiß ich, dass man sich eine Frage stellt: Welche Freiheiten gebe ich auf, wenn ich kein Auto mehr habe? Das hat sogar mich gequält in den Monaten bevor ich letztlich meinen Entschluss gefasst habe. Was gerne vergessen wird, ist: Für das Geld, das ich mir beim Autokauf, bei der Versicherung und beim Sprit spare, kann ich sehr viel Taxi fahren. Und es gibt ja noch Busse, Bahnen und ein Fahrrad.

BB: Die ÖVP in der Stadt Salzburg macht ja massiv mobil in Sachen Verkehrspolitik: Färbt das auf das Koalitionsklima ab oder bleibt die Landes-ÖVP davon unberührt?
ASTRID RÖSSLER:
Das ist eher ein ÖVP-internes Arbeitsfeld. Ich orte, dass die Landes-ÖVP hier viel weiter vorausblickt, als es die Stadt-ÖVP tut. Dass wir hier etwas tun müssen, ist klar, und das steht ja auch so im Regierungsübereinkommen.

BB: Kommen wir zur Raumordnung: Der Eindruck der Mauschelei zwischen Bürgermeistern bzw. Gemeindevertretungen und Grundbesitzern ist einer, mit dem die Salzburger vertraut sind. Erleben Sie das auch so?
ASTRID RÖSSLER:
Hier gibt es sicher sehr viel zu tun, um das Image des Themas 'Raumordnung' zu verbessern. Genau dieses negative Bild von Widmungsspekulationen schaden allen Bemühungen fachlich und politisch korrekte Raumplanung zu machen. Schon allein meine Ankündigung, die Themen lärmbelastete Flächen und Zersiedelung aufzugreifen, hat sehr viele Gemeinden verunsichert. Und ja, es ist ein emotionales Thema. Trotzdem werden wir da genau hinschauen müssen. Mein Ziel ist es, den Gemeinden glaubhaft zu machen, dass wir uns mit der Fachabteilung nicht einmischen, sondern die Gemeinden unterstützen wollen. Und ich möchte die Ortszentren stärken, denn die größte Gefahr ist ein diffuses Auseinandergleiten. Dann sind Grundversorgung und soziale Strukturen in Gefahr und es droht Abwanderung.

BB: Thema Baulandmobilisierung: Gibt es zu wenig Bauland oder lässt es sich tatsächlich nicht mobilisieren?
ASTRID RÖSSLER:
Gewidmetes Bauland in guten Lagen ist sehr oft nicht mehr verfügbar. Mittlerweile herrscht Konsens in den Gemeinden, dass es nur mehr auf zehn Jahre befristete Baulandwidmungen geben soll. Sobald wir in peripheren Lagen weniger widmen, wird der Druck auf Grundstücksbesitzer in guten Lagen steigen. Und da werden wir uns auch Gedanken über Tauschflächen machen müssen. Wenn zum Beispiel ein Landwirt seine Fläche in guter Lage bewirtschaften will, dann wird man ihm weiter draußen eine Tauschfläche anbieten. Und in den Gemeinden muss darüber diskutiert werden, was es bedeutet, wenn wir periphere Flächen für den Wohnbau widmen: Wir produzieren Individualverkehr sowie Lärm und treiben die Zersiedlung voran. Übrigens kann man mit dem neuen Siedlungsrechner www.moreco.at die Kosten vom Leben auf einem günstigeren peripheren Baugrundstück mit jenen auf einem teureren, aber zentraleren Grundstück gegenüberstellen. Da kann ein billiger Baugrund letztlich sehr schnell teurer sein. Baulandsicherungsmodelle vier Kilometer außerhalb eines Ortszentrums nutzen uns nichts, wenn wir damit nur Folgekosten und Verkehr produzieren.

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