Einen Teller für die Ahninnen …

Meine Oma Ida in ihrer Küche beim Omletten backen. Solche gab es zu ihren Lebzeiten oft und ich hab seither nie mehr so leckere gegessen wie jene aus ihrer Bratpfanne...
  • Meine Oma Ida in ihrer Küche beim Omletten backen. Solche gab es zu ihren Lebzeiten oft und ich hab seither nie mehr so leckere gegessen wie jene aus ihrer Bratpfanne...
  • hochgeladen von Renate Fuchs-Haberl

Vor bald fünf Jahren hat sich meine Oma Ida mit 89 Jahren auf die Reise durch die Schleier in die andere Welt gemacht. Uns zu nähren, das war ihr zu Lebzeiten eines vom Wichtigsten gewesen. Wieso es für meine Oma so bedeutsam war, bis ins hohe Alter für meine Mama, mich und meine Kinder zu kochen, das verstand ich erst in ihren letzten Lebensjahren. Als sie mir aus ihrer Zeit der Schwangerschaft mit meiner Mutter erzählte. Damals lebte sie noch bei ihren Eltern. Ihr Vater trug das wenige Geld, das da war, ins Wirtshaus. Daheim herrschte, fünf Jahre nach Kriegsende, Hunger.

Aus Sorge, ihren Eltern das wenige vorhandene Essen „wegzuessen“, hat meine Oma fast nichts gegessen, so ihre Schilderung. In diesen Monaten als junge, schwangere Frau kam sie zum ersten Mal zu Besuch zu ihrer zukünftigen Schwiegermutter. Viel gab es auch hier nicht. Doch meine Urgroßmutter Katharina stellte ihrer zukünftigen Schwiegertochter mit den Worten „Da, Dirndl iss!“ einen großen Teller mit Rohrnudeln hin. Zum ersten Mal seit langer Zeit, so beschrieb meine Oma diese Situation Jahrzehnte später, hätte sie das Gefühl, sich „ohne schlechtes Gewissen satt essen zu können.“ Als winzig kleine Eizelle, als die ich im Bauch meiner Mama bereits im Bauch meiner Oma entstand, hab auch ich damals diese Zeit miterlebt. 70 Jahre später ist nicht das zu wenig an Nahrung mein Thema, sondern das „zu viel“. 70 Jahre später landen in der westlichen Welt täglich Tonnen von Nahrungsmitteln im Müll.

Für unsere Groß- und Urgroßmütter hatte, wie das Beispiel meiner Oma zeigt, Nahrung einen ganz anderen Stellenwert. Es war nicht selbstverständlich, dass sie ihre Familien jeden Tag ausreichend ernähren konnten. Ohne das „Durchhalten“ dieser Frauen wären wir heute nicht hier. In den kommenden Tagen gedenken wir auf den Friedhöfen unserer Verstorbenen. Früher stellten die Frauen in dieser Zeit einen Teller für die Ahninnen und Ahnen auf die Tische. Das Nähren der Seelen begegnet uns in diesen Tagen, in denen die Schleier zwischen der Diesseits- und der Anderswelt durchlässiger werden, auch in Gestalt von „Süßes oder Saures“, in Form der „Seelenzöpfe“ und bald auch wieder als Lebkuchen.

Heilung kann geschehen, durch das Gedenken, durch das Bewusstmachen, durch das Erinnern und Erzählen dessen, was die Frauen vor uns erlebt, durchlebt haben. So wie sie, unter teils schwierigsten Bedingungen, unsere Mütter und Väter und damit auch uns genährt haben, so können wir nun sie nähren. Rohrnudeln zu machen, diese Tradition ist mit meiner Oma in die Anderswelt gegangen. Wann die letzte der Frauen vor mir hier in unserer Familie einen Teller für die Ahninnen aufgestellt hat, ich weiß es nicht. Doch ich weiß um den heilsamen Aspekt dieses uralten, weiblichen Tuns und Wirkens. Deshalb werde ich auch heuer einen Teller für meine Ahninnen aufstellen, um damit meiner Oma und all den Frauen vor mir Nahrung und Gedenken zu schenken für all das, was sie getan und geleistet haben. Ich darf hier sein, weil sie vor mir waren und sind …

Das Ahninnenritual im Frauenkreis feiern - online und hier bei mir am Haunsberg: www.wildmohnfrau.at/der-kraft-der-ahninnen-begegnen

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