70 Jahre und ein Weg

Heinz Steiner mit dem Pilgerpass: "Es war nicht immer so einfach die Stempel zu bekommen."
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  • Heinz Steiner mit dem Pilgerpass: "Es war nicht immer so einfach die Stempel zu bekommen."
  • hochgeladen von Georg Larcher

TELFS. Hunderte Marathone ist Heinz Steiner in seinem Leben schon gelaufen, heuer wartete die längste Strecke auf den 70-Jährigen Telfer: 2.700 Kilometer auf dem Jakobsweg, von Telfs bis Santiago de Compostela - auf dem Tourenrad! "Zu Fuß hätte es viel zu lange gedauert, wäre mir zu langweilig gewesen", schildert der pensionierte Koch und Gesundheitsberater nach 36 erlebnisreichen Tagen quer durch Europa: "Ich habe so ein bissl weniger gesehen wie tausende Fuß-Pilger, aber immer noch sehr viele Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen auf dem Weg einsammeln können."
So tankte der Telfer neue Kräfte, die beste Medizin. Seine Botschaft: "Man ist nie zu alt für solche Unternehmungen."
Im Kopf geisterte der Jakobsweg schon seit vielen Jahren herum, heuer war es soweit: "Ich bin einfach drauf los gefahren." Das war am 3. September, nach einem verregneten Sommer: "Ich habe gesagt, wenn ich losstarte, habe ich schönes Wetter!" In der Tat: Die Sonne brannte 30 Tage vom Himmel, es hatte durchgehend optimale 26°C. Das Schlechtwetter holte den radelnden Pilger im Endspurt umso heftiger ein: "Drei Tage hat es geschüttet wie aus Schaffeln, mein Handy war abgesoffen, es ging starker Gegenwind, ich musste bergab treten!" Auch der Defektteufel wartete lange: 3 Kilometer vor dem Ziel streikte der Kettenumwerfer. Heinz Steiner ließ sich nicht aufhalten, holte schließlich am 8. Oktober den letzten Stempel in Santiago - war glücklich. Heimwärts flog er.
Aber die Reise wäre unglücklicherweise schon etwas früher beendet gewesen, wie Steiner schildert: "Fast zum Ende meiner Reise wäre es gekommen, als sich bereits nach den beiden ersten Etappen mein Leasing Rad als unbrauchbar erwies. Zum Glück konnte ich es in ein anderen brauchbares Bike eintauschen."
"Ich bin jetzt um viele Erfahrungen reicher, man trifft Menschen jeden Alters, arme und reiche, es waren bewegende Momente, rührende Geschichten." Der Tiroler unterhielt sich in vielen Sprachen mit den Leuten, übernachtete in Pensionen, Gasthöfen, Herbergen und musste erfahren: "Fusspilger bekommen das Zimmer vorrangig." Nur einmal musste sich der Seniorsportler in einer Scheune von den Tagesstrapazen erholen. Trotzdem: Die Freundlichkeit der Leute, die Hilfsbereitschaft, die haben Steiner beeindruckt, er wurde großzügig zum Essen eingeladen. Oft zehrte er auch von den wilden Früchten entlang des Weges. Ergriffen von faszinierenden Landschaften und Bauwerken, von Bräuchen und dem Entgegenkommen der Einheimischen aller Länder schöpft Steiner seine Kraft für weitere Vorhaben.

Einige Episoden von Heinz Steiners Reise:

"Kurz vor Bern konnte ich kein Zimmer finden. Ein Bauer gewährte mir die Möglichkeit in seiner Strohtenne zu schlafen. Zerstochen von den Halmen und ein wenig gerädert, unterkühlt habe ich die Nacht gut überstanden. Freundlicherweise luden mich Nachbarn zum Duschen und Essen ein."

"In Le Puy en Velay nahm ich eine falsche Richtung und hatte einen Umweg von 40 km. Ich traf eine Gruppe Fernfahrer, welche mir den richtigen Weg zeigten und mich gemütlich zu einen Essen einladen. Reissalat mit Thunfisch, Roast Beef, Käse und Kuchen, schmeckte alles sehr fein."

"Als ich müde, nach ca 70 km endlich abends noch eine Herberge gefunden hatte, klärte mich die Wirtin auf, dass ich bis 18 Uhr warten muss. Die “Fusspilger” haben Vorang und bekommen das Zimmer vorrangig. Zum Glück durfte ich bleiben. Ich übernachtete in Pensionen, Gasthöfen und Pilgerherbergen. Die Zimmer dort hat bis zu 50 Betten."

"Großen Respekt hatte ich vor der Pyrenäenüberquerung, vielen Geschichte hörte ich darüber. Aber es war harmloser als ich dachte, und nach ca 30 km hatte ich den Pass überquert und es ging in einer stundenlangen Fahrt bergab nach Pamplona."

"Die Kathedralen in Burgos, Leon und Santiago faszinierten mich besonders. Die Zeremonie mit dem Räucherfass in Santiago war ergreifend. In Pamplona wurde das Fest des hl. Firmin gefeiert. Unendlich viele Menschen waren bis spät am Abend in der Stadt unterwegs, tranken und amüsierten sich. Beeindruckend war ich von den Tapas Bars, die eine unzählige Auswahl an kleinen Köstlichkeiten anboten."

"Auf dem Weg nach dem Cruz del Ferro verpasste ich die richtige Abfahrt und fuhr nach Bembibre. Es lag nur eine ganze Bergkette dazwischen. Am nächsten Tag fuhr ich umgekehrter Richtung von Molinasecca zum Cruz del Ferro, 16 km mit ca 800 Hm. Ein riesengroßer Steinhügel mit allerhand lustigen Utensilien war da. Neben den mitgebrachten Steinen lagen da Schuhe, T-Shirts, Bilder, Fahnen und auch viel Abfall."

"Äpfel, Birnen, Brombeeren, Feigen, Nüsse die am Wegrand wuchsen, waren eine willkommene Abwechslung auf meinem Speiseplan. Die reifen süssen Weintrauben nicht zu vergessen."

"Nach 3 Tage Aufenthalt in Santiago ging es an das Verpacken meines treuen Drahtesels, was sich als nicht ganz einfach erwies. Nach zwei Stunden Flug wurde ich in Zürich von einer Bekannten abgeholt wurde."

"Es war eine tolle, spannende Erfahrung, welche ich aber wohl nicht wiederholen werde. Anfang nächsten Jahres möchte ich gerne von meiner Reise in einem Vortrag
erzählen." BEZIRKSBLATT wird den Termin bekannt geben und berichten.

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