Offener Brief
Architekturexperten kritisieren Michaelerplatz-Pläne
Die Neugestaltung des Michaelerplatzes sorgt für heftige Kritik. In einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am vergangenen Freitag, hagelt es Kontrastimmen von mehr als 100 nationalen sowie internationalen Architekturexpertinnen und -experten. Kürzlich ist der Spatenstich am historischen Platz erfolgt.
WIEN/ INNERE STADT. Der Michaelerplatz erhält ein Facelift: Geplant ist die Begrünung und Abkühlung des Platzes für die heißen Sommermonate, mithilfe von Bäumen und einem Wasserspiel. Außerdem sollen Sitzmöglichkeiten, für alle Besucherinnen und Besucher aufgebaut sowie eine Restrukturierung der Fiakerstellplätze umgesetzt und die Barrierefreiheit verbessert werden.
Erst kürzlich erfolgte der langersehnte Spatenstich durch Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Mehr dazu hier:
Verfehlung der (klimafitten) Ziele
In einem offenen Brief, der MeinBezirk.at vorliegt und von mehr als 100 Architekturexpertinnen und -experten unterzeichnet wurde, hagelt es jetzt aber Kritik: Es wird befürchtet, dass die Bemühungen, den Platz klimafitter zu machen, das Ziel verfehlen und stattdessen die Wirkung des historischen Platzes verloren geht.
Die geplanten Neuerungen würden, laut Brief, den urbanen Charakter und das Wesen des Platzes als "Leerfläche im dichten Stadtgefüge" beeinträchtigen. Die Bäume würden obendrein die Lesbarkeit von Gebäuden wie der Michaelerkirche und der Hofburg versperren.
Bestrebungen zur Begrünung "grundsätzlich zu begrüßen"
Unterstützerinnen und Unterstützer des Briefs sind der Meinung, dass die Kosten des Umbaus an einer anderen Stelle besser investiert wären. Genannt werden Beispiele wie die "Entsiegelung des Heldenplatzes" oder die Begrünung von Orten, die mit vielen Bewohnerinnen und Bewohnern, aber wenig Grünflächen auffahren können.
Die Klimaanpassungen, die am Michaelerplatz durchgeführt werden sollen, würden das Ziel einer kühleren und grüneren Innenstadt allerdings verfehlen. Der historische Platz, der Teil des UNESCO-Welterbes ist, sei das falsche Ziel für eine Begrünung.
Der Brief kritisiert außerdem, dass sich die Bemühungen zur klimagerechten Stadt hauptsächlich auf publikumswirksame Orte begrenzen: "Wir ersuchen Sie und fordern Sie zugleich auf, das Ziel einer klimagerechten Stadt auf die Gesamtstadt bezogen umzusetzen und der Anpassung eine fundierte städtebauliche Analyse voranzustellen, nicht auf publikumswirksame Orte zu fokussieren und nicht (nur) auf privatwirtschaftliche Interessen zu reagieren", so der Brief an Bürgermeister Ludwig.
Unterzeichnet haben die Kritik unter anderem, die ehemalige Belvedere Direktorin Agnes Husslein Arco, der Architekt Hermann Czech sowie viele Vertreterinnen und Vertreter heimischer Architektur-bezogener Institutionen. Der Brief wünscht sich von Seiten des Bürgermeisters, dass gemeinsam mit Expertinnen und Experten nach einer gemeinsamen Lösung gesucht wird. Einzelheiten zum offenen Brief lassen sich online auf der Seite der Österreichischen Gesellschaft für Architektur lesen.
"Planung im öffentlichen Raum ist Kompromiss"
Das Büro des Bürgermeisters verwies auf Nachfrage von MeinBezirk.at auf Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ), da die Umgestaltung in ihrer Zuständigkeit liegt. Stadträtin Sima war für ein Statement gegenüber MeinBezirk.at nicht erreichbar.
Aus dem Büro des Bezirksvorstehers Markus Figl (ÖVP) wird die Dringlichkeit der Sanierung hervorgehoben, vor allem in Bezug auf die Barrierefreiheit. „Die Sanierung der Oberfläche des Michaelerplatzes ist dringend notwendig. Jede Woche erreichen mich Beschwerden von Menschen, die mit dem Rollstuhl, dem Kinderwagen oder dem Fahrrad nur holprig über den Platz gelangen. Durch die neue Pflasterung auf dem Michaelerplatz wird es zu einer erheblichen Verbesserung hinsichtlich der barrierefreien Nutzung des Platzes kommen", so der Bezirksvorsteher.
Die Arbeiten am Michaelerplatz sollen bis Ende des Jahres vollendet sein. Auf die Kritik der Architektinnen und Architekten holt Figl weiter aus: "Jede Planung im öffentlichen Raum ist ein Kompromiss aus sich zum Teil widersprechenden Anforderungen, Wünschen sowie Nutzungsansprüchen. So auch hier".
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