Österreich
Klimaklage scheitert am Verfassungsgerichtshof
Der Verfassungsgerichtshof VfGH hat einen Antrag (Individualantrag) gegen verschiedene Steuervorschriften wie Steuerbefreiungen für die Luftfahrt („Klimaklage“) zurückgewiesen, weil laut den Richtern der Antragsteller nicht unmittelbar in seinen Rechten verletzt sein würde. Zudem wurde die mit Spannung erwartete Entscheidung, ob das Verbot der Sterbehilfe weiterbestehen soll, vertagt.
ÖSTERREICH. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und etwa 8000 Personen haben im Februar 2020 die erste Klimaklage Österreichs eingebracht, wie meinbezirk berichtete. Im Zentrum der Sammelklage stand die unfaire Bevorzugung des klimaschädlichen Flugverkehrs gegenüber der Bahn. Während grenzüberschreitender Bahnverkehr Umsatzsteuer zahlen muss, sind internationale Flüge davon befreit. Gleiches gilt für die Kerosinsteuer: Innerstaatliche Flüge sind davon befreit -dabei seien Flüge 31x schädlicher als der klimafreundliche Zug, kritisierten damals die Antragsteller. Diese verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz, aber auch gegen die Verpflichtung des Staates, das Leben und die Gesundheit des Einzelnen vor den Folgen des globalen Klimawandels zu schützen, so der Vorwurf.
Begründungen unzureichend
Der VfGH wies nun den Antrag ab, weil der "Antragsteller nicht bei allen im Antrag angefochtenen Wortfolgen begründet, warum sie diese Teile der Regelungen als verfassungswidrig erachten. Dies darf laut VfGG (§ 62 Abs. 1) jedoch nicht offen bleiben, zumal es sich um Bestimmungen handelt, die mit den kritisierten Steuerbefreiungen nicht untrennbar zusammenhängen", hieß es in der Mitteilung des VfGH.
Bei anderen Passagen des Antrags fehlte hingegen schon die Berechtigung, die Regelungen anzufechten. Die Antragsteller argumentierten, dass sie freiwillig aus Umweltschutzgründen keine Flüge in Anspruch nehmen und dennoch als Bahnfahrer von den Steuerbefreiungen für die Personenbeförderung mit Luftfahrzeugen betroffen seien, weil das Verkehrsmittel Bahn gegenüber dem Verkehrsmittel Flugzeug schlechter gestellt werden würde. "Die Antragsteller sind aber nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt, weshalb eine Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags nicht gegeben ist", urteilt der VfGH.
"Rechtssystem scheitert an Herausforderungen der Klimakrise"
Greenpeace kritisierte nach Bekanntwerden des Urteils, dass die österreichische Verfassung nicht in der Lage sei, die ÖsterreicherInnen vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. "Der von rund 8000 KlägerInnen eingebrachte Individualantrag wurde aus streng formellen Gründen zurückgewiesen, unter anderem, da die AntragstellerInnen nicht berechtigt seien, klimaschädliche Gesetze einzuklagen", so die Umweltschutzorganisation in einer Aussendung. Es sei für Greenpeace nicht nachvollziehbar, dass der VfGH den KlägerInnen das Recht abspricht, sich gegen die steuerliche Bevorzugung des Flugverkehrs zu wehren, nur weil diese aus Klimaschutzgründen mit der Bahn fahren.
VfGH vertagt Sterbehilfe und Koptuchverbot
Neben der Klimaklage beschäftigte sich der VfGH vergangene Woche auch mit dem Verbot der Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen bzw. Mitwirkung am Suizid) sowie dem Verhüllungsverbot in Volksschulen („Kopftuchverbot“). Diese Beratungen werden in der nächsten – voraussichtlich am 23.11. beginnenden – Session fortgesetzt, kündigte der VfGH an.
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