Gedanken
Drei Innsbrucker Kirchen zeigen Kunst in der Fastenzeit

Die Fotoinstallation der Tiroler Künstlerin Carmen Brucic zeigt den georgischen Aktivisten David Apakidze, in all seiner Verletzlichkeit. | Foto: Cincelli/dibk.at
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  • Die Fotoinstallation der Tiroler Künstlerin Carmen Brucic zeigt den georgischen Aktivisten David Apakidze, in all seiner Verletzlichkeit.
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INNSBRUCK. In der Fastenzeit werden in der Universitätskirche St. Johannes, im Dom zu St. Jakob in der Innsbrucker Altstadt und der Spitalskirche im Herzen der Stadt, beeindruckende Kunstwerke gezeigt.


Eine Fotoinstallation als temporäres Altarbild

In der Neuen Universitätskirche am Innrain stellt Bischof Hermann Glettler eine Fotoinstallation als temporäres Altarbild von Carmen Brucic vor. Es handelt sich um die erste derartige Kunstintervention in dieser Kirche. | Foto: Cincelli/dibk.at
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Die Fotoinstallation in der Universitätskirche St. Johannes zeigt ein Bild aus der Serie „Private Stages" (private Bühnen), realisiert für eine Ausstellung im Rahmen des Tbilisi Photo Festivals in Georgien 2021. Dort hat die Tiroler Künstlerin Carmen Brucic fünf Aktivisten porträtiert, die Teil der dortigen „Rave Revolution" sind und sich mit Tanz, Performance und anderen kreativen Ausdrucksformen für Freiheit und soziale Gerechtigkeit engagieren. „Das Foto des jungen Mannes auf dem Bild ist von Leid und Aggression gegen sich selbst gekennzeichnet.", wie Bischof Hermann Glettler meint. Gleichzeitig ist es für ihn  Ausdruck für Erschöpfung und Widerstand: „Das ist eine Ambivalenz, die für uns interessant war. Der Arm formt gewissermaßen ein ,V‘ wie für ,victory‘. Insofern ist das ein ganz starkes Fasten- und Ostersymbol!“
In „tired", dem 300 mal 450 Zentimeter großen Digitalprint aus Stoff, ist der georgische Aktivist und Künstler David Apakidze zu sehen. „Er gehört der Generation an, die 2008 den Kaukasus-Krieg erlebt hat. Dieser war die Folge einer russischen Militärintervention in Georgien. Der Krieg von damals ist vergleichbar mit dem jetzigen Ukraine-Krieg", wie Brucic erklärt. Ein Teil der Familie des 23-jährigen lebt zur Zeit im umkämpften Kiew. Weiters erklärt die Künstlerin, dass es der Vorschlag des jungen Georgiers war, sich nackt fotografieren zu lassen. Er zeigte sich dadurch in all seiner Zerbrechlichkeit, da man auf dem Bild seine Narben des Ritzens auf der Innenseite des Armes gut erkennen könne. Bischof Glettler meint dazu, dass Fotografien wie diese „die Leidens- und Passionsbilder" unserer Zeit wären. Sie sollen zum „mitfühlen" anregen. Die international renommierte Fotokünstlerin stellt mit diesem temporären Altarbild, Fragen nach dem Erschöpfungszustand unserer Gesellschaft, nach Formen des Widerstands zur Rückgewinnung menschlicher Freiheit und Selbstwirksamkeit. Es handelt sich dabei übrigens, um die erste derartige Kunstintervention in der Universitätskirche St. Johannes.
Weitere Infos zur 1972 in Gnadenwald geborenen und heute in Tirol und Wien lebenden Künstlerin finden Sie unter www.carmenbrucic.net

Die Künstlerin Carmen Brucic vor ihrer Fotoinstallation namens „tired" mit Bischof Hermann Glettler. | Foto: Cincelli/dibk.at
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Großformatige Grafik auf Papier als Fastentuch 

Die Spitalskirche im Herzen der Stadt stellt die großformatige Grafik von Klaus Giesriegel auf Papier als Fastentuch aus. | Foto: Cincelli/dibk.at
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Eine großformatige Grafik (140 mal 504 Zentimeter) auf Papier von Klaus Giesriegl dient als Fastentuch in der Spitalskirche – der Kirche im Herzen der Stadt. Als Vorbild diente dem Künstler ein Pressefoto von der Stacheldrahtgrenze zwischen Polen und Weißrussland. Dieser wurde im Herbst 2021 errichtet, um beispielsweise Flüchtlinge aus Afghanistan daran zu hindern den Boden der Europäischen Union zu betreten. Die Holzasche oberhalb und unterhalb der Tuschezeichnung stammt aus dem Kaminofen des Künstlers. „Ein Turnschuh am Stacheldraht gegen unsere Ohnmacht“, beschreibt Giesriegl sein Werk „lost?“.

Das eindrucksvolle Tusche-Kunstwerk von Klaus Griesriegl mit dem verlorenen Schuh eines Flüchtlings, am Stacheldrahtzaun. | Foto: Cincelli/dibk.at
  • Das eindrucksvolle Tusche-Kunstwerk von Klaus Griesriegl mit dem verlorenen Schuh eines Flüchtlings, am Stacheldrahtzaun.
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Zudem zitiert der Künstler Nietsche, indem er meint: „Wenn du solange in den Abgrund schaust, schaut der Abgrund irgendwann auf dich. Das kann ich bestätigen. Die Arbeit an dieser Zeichnung war eine Art Katharsis – innere Reinigung", lässt der Künstler in sein seelisches Innenleben blicken. Der Kirchenrektor Bischofsvikar Jakob Bürgler weist auf die Position des Bildes hin: „Das Bild an der Decke zeigt Moses mit den zehn Geboten und das goldene Kalb. Daraus ergeben sich Fragen wie: Was sind die Werte, die uns leiten? Auf welchen Altären opfern wir?“ Dies sei nicht moralisierend, sondern orientierend, erklärt Bürgler, der auch auf die Parallele zum Volk Israel als Volk von Fremden hinweist.
Der 1960 in Innsbruck geborene Klaus Giesriegl ist studierter Musikpädagoge und seit 1976 künstlerisch tätig. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Hall in Tirol. Mehr Informationen zu seiner Person finden Sie unter www.giesriegl.art

Kirchenrektor Bischofsvikar Jakob Bürgler (links) mit Künstler Klaus Giesriegl vor seinem Kunstwerk mit dem Namen „lost". | Foto: Cincelli/dibk.at
  • Kirchenrektor Bischofsvikar Jakob Bürgler (links) mit Künstler Klaus Giesriegl vor seinem Kunstwerk mit dem Namen „lost".
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Eine außergewöhnliche Nähe an das Mariahilfbild

Das berühmte Mariahilfbild, dessen kunsthistorische und spirituelle Wirkungsgeschichte kaum zu erfassen ist, wird auf dem Philipp-Neri-Altar gezeigt – in einer physischen Bildnähe, in der es im Dom zu St. Jakob seit mehr als drei Jahrhunderten nicht mehr erlebbar war.
  | Foto: Cincelli/dibk.at
  • Das berühmte Mariahilfbild, dessen kunsthistorische und spirituelle Wirkungsgeschichte kaum zu erfassen ist, wird auf dem Philipp-Neri-Altar gezeigt – in einer physischen Bildnähe, in der es im Dom zu St. Jakob seit mehr als drei Jahrhunderten nicht mehr erlebbar war.
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Seit 2001 zeigt der Kirchenraum, im Dom, Kunst in der Fastenzeit. In diesem Jahr fällt dabei zuerst das „Fehlen“ eines wichtigen Bestandteils auf: An der Stelle des Mariahilf-Bildes von Lucas Cranach klafft ein Loch im Hochaltar. Diesem Bild kommt man dafür so nahe, wie es seit über 300 Jahren im Dom nicht mehr möglich war. Es steht nun am Philipp-Neri-Seitenaltar. Daneben sind mehrere grafisch-malerische Annäherungen von Michael Hedwig an das Gnadenbild „Mariahilf" zu sehen.

Mehrere grafisch-malerische Annäherungen von Michael Hedwig an das Mariahilfbild, entstanden zwischen 2008 und 2009.  | Foto: Cincelli/dibk.at
  • Mehrere grafisch-malerische Annäherungen von Michael Hedwig an das Mariahilfbild, entstanden zwischen 2008 und 2009.
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Diese hat der Osttiroler Künstler entworfen, als er am Fastentuch arbeitete, das 2010 und 2011 im Innsbrucker Dom zu sehen war. Dieses Fastentuch ist heuer zum dritten Mal in der Wiener Michaelerkirche zu sehen. Dazu kommen 30 Bände Gebetserhörungen.

30 Bände von Gebetserhörungen aus der Zeit vor dem Neubau der Stadtpfarrkirche St. Jakob. | Foto: Cincelli/dibk.at
  • 30 Bände von Gebetserhörungen aus der Zeit vor dem Neubau der Stadtpfarrkirche St. Jakob.
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Diese Gebetserhörungen, die Grundlage einer Dissertation sind, waren die Grundidee für „MARIAHILF – displaced?“, wie Propst Florian Huber erklärt: „In einem Nebensatz der Dissertation wird erwähnt, dass die Wallfahrtsbewegung mit der Weihe dieser Kirche ein Ende gefunden hat, weil das Bild davor sehr nahe war und dann nicht mehr.“ Diese Nähe wird nun für die Fastenzeit wieder ermöglicht, die Leere am Hochaltar dafür bewusst sichtbar gelassen.
Michael Hedwig wurde 1957 in Lienz geboren. Er lebt seit 1974 in Wien und ist mit der rumänischen Künstlerin Simina Badea verheiratet. Seit 1988 ist er Mitglied der Tiroler Künstlerschaft. Für Kirchenräume hat er wiederholt Kunstwerke geschaffen. Für den Innsbrucker Dom zuletzt im Jahr 2010 und 2011 ein großes Fastentuch, in den Maßen von sieben mal elf Metern.

Im Dom zu St. Jakob in der Innsbrucker Altstadt ist zum  1. Mal seit 300 Jahren das Mariahlifbild von Lucas Cranach aus nächster Nähe zu bewundern. | Foto: Cincelli/dibk.at
  • Im Dom zu St. Jakob in der Innsbrucker Altstadt ist zum 1. Mal seit 300 Jahren das Mariahlifbild von Lucas Cranach aus nächster Nähe zu bewundern.
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Mehr zur Person Michael Hedwig unter www.hedwig.at

Kunst und Gebet am Aschermittwoch 

Aschenkreuz zu Mittag in der Spitalskirche Innsbruck
Zur Mittagszeit lädt die Kirche im Herzen der Stadt um 12.15 Uhr zum Gottesdienst mit Empfang des Aschenkreuzes ein. Zelebrant ist Bischofsvikar Jakob Bürgler. Musikalisch gestaltet Gabriel Steiner den Gottesdienst an der Orgel.

Aschermittwoch der Künstler und Kunstinteressierten im Dom St. Jakob
Die Dompfarre St. Jakob und der Arbeitskreis KUNSTRAUM KIRCHE laden um 19 Uhr zum Wortgottesdienst und zum Empfang des Aschenkreuzes ein. Zelebrant ist Propst Florian Huber. Musikalische Gestaltung: Musik für Violoncello (Anna Tausch) und Orgel mit zwei Uraufführungen (Komponist Domorganist Albert Knapp). Anschließend Einladung zu Suppe und Tee im Rahmen der Fastenaktion der Katholischen Frauenbewegung in den Pfarrsaal, Domplatz 7.

Start der Universitätspfarre in die Fastenzeit in der neuen Uni-Kirche

Die Universitätspfarre lädt ebenfalls um 19 Uhr zur Eucharistiefeier und zum Empfang des Aschenkreuzes in die Universitätskirche St. Johannes am Innrain ein. Zelebrant ist Bischof Hermann Glettler. Er wird im Rahmen der Predigt auch die Fotoinstallation von Carmen Brucic vorstellen. Für die musikalische Gestaltung sind Irene Jordan und Harald Oberlechner mit zeitgenössischer Musik verantwortlich.

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