Innsbruck Club Commission
Aufklärungskampagne zur Thematik K.-O.-Tropfen und „Spiking“

Innsbrucker Club Commission setzt Aufmerksamkeits- und Aufklärungs-Kampagne „NO!K.O.” | Foto: Lordick
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Mit der Aufmerksamkeits- und Aufklärungs-Kampagne „NO!K.O.” macht die Innsbruck Club Commission dank der Unterstützung des Land Tirols seit Mitte letzten Jahres gegen „Spiking” – also die unwissentliche Verabreichung von K.O.-Substanzen –mobil. So soll die Tiroler Bevölkerung hilfreiche Informationen zur Thematik und den Gegenmaßnahmen von K.-O.-Tropfen und „Spiking“ erhalten und für die Problematik sensibilisiert werden. Die Commission präsentiert ein Forderungspaket.

INNSBRUCK. Am 17. Dezember 2022 fand im Pitztal eine Veranstaltung mit 500 Personen statt, welche aufgrund von mehreren bewusstlosen Frauen und weiteren Gästen mit verdächtigen Beschwerden polizeiliche, mediale sowie auch die Aufmerksamkeit der Innsbruck Club Commission erhielt. Der Verdacht lag auf einer unwissentlichen Verabreichung von K.O.-Mitteln. Der Zustand der betroffenen Personen ließ sich nicht durch Alkohol erklären, da die jeweiligen Blutproben – bis auf eine – alle weniger als eine Promille aufwiesen. Jedoch wurde am 13. Januar 2023 von der Polizei Tirol eine Presseaussendung verfasst, welche dem Verdacht von “KO-Tropfen” eine Absage erteilt. Es konnten in Harn- und Blutproben “weder GHB (Gammahydroxybuttersäure) noch sonstige Drogen” nachgewiesen werden. Auch am Donnerstag, den 26. Jänner 2023 wurde ein Interview mit dem zuständigen Gerichtsmediziner veröffentlicht. “Ein psychisches Phänomen soll für die Zusammenbrüche von neun Partygästen verantwortlich” gewesen sein, so die Worte von Walter Rabl.

Mehr zum Thema Innsbrucker Club Commission von den BezirksBlätter Innsbruck finden Sie hier

Mythenschaffung statt Aufkärung

"Wir sehen hier eindeutig die Reproduktion von gängigen Mythen zu K.O.-Mitteln und sexualisierter Gewalt – insbesondere von Gerichtsmedizin und Polizei, welche in ihrer eigentlichen Aufgabe zu einer Aufklärung beitragen sollen", erklären die Vertreterinnen und Vertreter der Innsbruck Club Commission in einer Aussendung :"Was sind nun die angesprochenen Problematiken?"

Diskrepanzen

Erstens bildet die polizeiliche Kategorie “alle möglichen Drogen” nicht die Realität der verwendeten sowie getesteten Substanzen ab. Es herrscht hier eine Diskrepanz zwischen den Aussagen der Polizei und der tatsächlich von der Gerichtsmedizin getesteten Mittel. Dies führt in die Irre, beeinflusst sowohl den öffentlichen Diskurs als auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von K.O.-Mitteln.

"Auch wenn uns bewusst ist, dass Krankenhäuser und Gerichtsmedizin, Urin und Blut nicht nur auf GHB bzw. GBL untersuchen, beschränkt sich deren Untersuchung auf gängige Suchtmittel und Medikamente. Problematisch wird eine solche Vorgehensweise insbesondere vor dem Hintergrund eines ständig wechselnden Schwarzmarktes illegaler Substanzen", führt die Innsbruck Club Commission aus.

Zweitens gehört eine Erklärung durch ein psychologisches "Massenphänomen" nicht zur Expertise eines Gerichtsmediziners und ist seinem Tätigkeitsfeld nicht adäquat. Diese Feststellung des Gerichtsmediziners Walter Rabl wird noch fraglicher angesichts der Tatsache, dass eine der Betroffenen zu Hause ohnmächtig wurde, wie eine Tageszeitung am 1. Februar berichtet. Demzufolge kann in dieser Ursache-Wirkung-Erklärung des Gerichtsmediziners in Hinblick darauf, dass mehrheitlich Frauen von Bewusstlosigkeit und Beschwerden betroffen waren, eine sexistische Dimension identifiziert werden. Einerseits wird hier auf misogyne “weibliche Hysterie” verwiesen und andererseits werden, wie Erkenntnisse der Gendermedizin zeigen, Beschwerden und Schmerzen von Frauen in der Medizin nicht ernst genommen.

Forderungspaket

Die Innsbruck Club Commission fordert:

  1. dass sexualisierte Gewalt und die Aussagen von Betroffenen ernst genommen werden.
  2. Expertise und fachspezifische, vollständige Aufarbeitung der Ereignisse – statt spekulativer Botschaften.
  3. dass Polizei und Gerichtsmedizin mögliche Lücken hinsichtlich getesteter Substanzen offenlegen und den Diskurs nicht durch schlampig formulierte Aussagen zu ihren Gunsten oder in irgendeiner faktisch unzutreffenden Weise beeinflussen.
  4. eine Vermeidung der Reproduktion von Mythen, welche weibliche Betroffene diffamieren, den Inhalt ihrer Aussagen abwerten und infolgedessen dazu führen können, dass Vorfälle von unwissentlicher Verabreichung von K.O.-Substanzen nicht konsequent aufgearbeitet werden, weil sie der Glaubwürdigkeit der betroffenen Personen schaden.
  5. auf eine Verwendung der Sprache geachtet wird, da durch eine unachtsame Verwendung individuelle Schamempfindungen verstärkt werden können – unter anderem weil durch so reproduzierte Stereotypen die Plausibilität von betroffenen Personen systematisch  untergraben wird.
  6. eine erweiterte toxikologische Untersuchung mit einem umfassenderen Spektrum an getesteten Substanzen (z.B. rückwirkende Haaranalyse mit einem größeren Spannweite an Substanzen) und eine Reflektion des bestehenden gerichtsmedizinischen Analysevorgehens.
Sicherheit in den Clubs ist eines der Ziele der Innsbrucker Club Commission. | Foto: Lordick
  • Sicherheit in den Clubs ist eines der Ziele der Innsbrucker Club Commission.
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Schulungsprogramm

"In unseren landesweiten Schulungen und durch die Zusammenarbeit mit Tiroler Nachtkultur Betrieben werden für Veranstalterinnen und Veranstalter und Betreibenden notwendige Informationen und Tipps erarbeitet und zur Verfügung gestellt, um in den jeweiligen Lokalitäten dem Ziel von „safer places“ – also sichereren Orten – näher zu kommen."

„Ziel ist es, Aufmerksamkeit und Bewusstsein zu schaffen, praktische Hinweise zu geben und zu einem offenen und selbstbewussten Umgang mit bestehenden Risiken zu animieren“, sagt Mona Paschinger, die Projektleiterin der Kampagne. Des Weiteren fügt sie hinzu „müssen Zuständigkeiten und Pflichtbewusstsein auf verschiedenen Ebenen aufgezeigt werden, die Verantwortung darf bei der möglichen Bedrohung solcher Übergriffe keinesfalls alleine bei potentiell betroffenen Personen liegen”. Um die meistbetroffene Zielgruppe – junge, weiblich gelesene Personen – bestmöglich zu erreichen, wird vor allem auf online Kanäle gesetzt. Darüber hinaus soll Anfang diesen Jahres mit verschiedenen Videoclips und mit einer tirolweiten Plakatkampagne verstärkt auf die Thematik aufmerksam gemacht werden. Durch die Kooperation mit der Drogenarbeit Z6, sowie dem Verein „Frauen gegen verGEWALTigung“ kann darüber hinaus konkrete psychosoziale Unterstützung angeboten werden. Als geeigneter und kompetenter Partnerverein, um mögliche Motive und Gegenmaßnahmen auf Täterseite näher zu betrachten, werden wir im laufenden Jahr auch die Arbeit mit der Männerberatung „Mannsbilder Tirol” weiter ausbauen. Mehr Infos und Unterlagen zu „NO!K.O.“ finden sich unter www.no-ko.at oder auf unserer Instagram Seite Innsbruck Club Commission (@ibkclubcomm)

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