Chefdisponentinnen des Todes

Sterben wie ein Hollywoodstar: das ist die Devise von „King Kongs Töchtern“. | Foto: Foto: Generationentheater
  • Sterben wie ein Hollywoodstar: das ist die Devise von „King Kongs Töchtern“.
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Keine Frage, sie könnte es sich um so vieles leichter machen, doch Gertraud Kopp, einst engagierte Volksschuldirektorin und nun schon seit über zehn Jahren nicht minder ambitionierte Leiterin des Generationentheaters im diemonopol, hat einfach eine Affinität für ebenso hochkarätige wie abgründige Theatertexte. Literatur, so könnte man bei ihr frei nach Ingeborg Bachmann sagen, ist nach ihrer Auffassung dem Menschen absolut zumutbar. Und so hat sie sich als Herbstproduktion nunmehr Theresia Walsers Theaterstück „King Kongs Töchter“ ausgesucht. Einen Text, der es sprachlich wie inhaltlich in sich hat. Denn Martin Walsers jüngste Tochter ist eine radikale Poetin, die das Obszöne in Amoralität und Bösartigkeit sprachlich derart virtuos offenlegt, dass einem beim Zuhören und Zusehen zuweilen richtig mulmig wird im Magen. Die Publikumsreaktionen auf ihre Sprache waren denn auch bei der Premiere vergangenen Samstag fast wie eine Inszenierung für sich. Während die Jungen sich vor Lachen fast überschlugen und das Stück beim Schlussapplaus feierten wie ein Popkonzert, konnte man in den Gesichtern der älteren Semester schon eine Form von Verletzbarkeit und Betroffenheit herauslesen. Die Aussicht, vielleicht selbst einmal als Mae West-Verschnitt von drei wahnsinnigen, hoffnungslos überforderten Altenpflegerinnen vorzeitig ins Jenseits befördert zu werden und die Vorstellung, zu einem inkontinenten dementen und groteskem Häufchen Elend zu regredieren, ist nicht wirklich erquicklich. Trotzdem kommt man in einer Gesellschaft, der man jetzt schon Überalterung attestiert, nicht umhin, sich genau damit auseinander zu setzen. Denn zwischen all diesen gesprochenen und ausagierten Bösartigkeiten blitzt bei allen – den drei Schwestern wie den InsassInnen dieses Altersheims - eine unbändige Sehnsucht nach Leben und Lebendigkeit auf, der Theresia Walser in der Figur des Abenteurers Rolfi sogar eine konkrete Gestalt gibt. Rolfi kommt nämlich einfach aus dem Nichts und ihnen dann ebenso plötzlich wieder abhanden. Und wenn Frau Greti mit diesem jungen Kerl unverhohlen zu flirten beginnt und ihm etwa vorschlägt, dass ihre nackten Füße zusammen einen Tanzkurs machen könnten, dann ist das einerseits skurril und andererseits zutiefst berührend. Genau diese Fallhöhe macht den Reiz von „King Kongs Töchter“ aus. Traudi Kopp hat das Stück erneut gemeinsam mit Andrea Hügli eingerichtet, Nik Granbacher wie immer eine aufs Maximum reduzierte Bühne gestaltet. Ihr Ensemble, das sich in den letzten zwei Jahren drastisch verjüngt hat und nun wirklich alle Generationen repräsentiert, spielt mit großer Begeisterung und Verve, nicht immer alles am Punkt, zuweilen drücken sie schon ein wengerl sehr aufs Gas, aber in Summe ist es ein aufrüttelnd intensiver Theaterabend.

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