Frau von Kinderwunsch besessen

Die gücklichen Eltern... | Foto: Franz Neumayr

Es waren bange fünf Stunden für Nina und Mike Zwilling. Im Europark entführte eine 32-jährige Frau aus Kössen ihr drei Monate altes Baby Nora. Die Täterin wurde in Bayern geschnappt. Sie hatte bereits einen Tag zuvor versucht, ein Kind zu entführen.

SALZBURG/KÖSSEN (drs/niko). Mittwochvormittag, kurz vor zehn Uhr: Nina Zwilling probierte in der Umkleidekabine des H & M im Europark Kleidungsstücke. Ihre kleine Nora lag im Kinderwagen, den sie vor der Kabine abgestellt hat. Dort nimmt die Täterin das Kind aus dem Wagen und verschwindet mit ihm durch die Tiefgarage.

Schnell ist klar, wer die Entführerin ist: Wenige Minuten zuvor hatte sie Nina Zwilling vor dem Geschäft in ein Gespräch verwickelt. Sie erzählte ihr von ihrem Baby, das sie vor vier Wochen zur Welt gebracht habe.

Größte Polizeiaktion seit Jahren
Als die Mutter das Verschwinden bemerkte, erstattete sie sofort Anzeige; die Polizei reagierte rasch und sperrte den Europark systematisch ab. Alle Personen wurden kontrolliert. Es war einer der größten Polizeieinsätze der letzten Jahrzehnte; auch die bayrische Polizei war eingebunden.

Trotzdem konnte die Täterin entkommen – vorerst. Dank Fotos aus den Überwachungskameras des Einkaufszentrums konnte die Frau mit Hilfe von Zeugenaussagen im bayrischen Reit imWinkl nach fünf Stunden gefasst werden. Wichtige Hinweise kamen aus Kössen – viele hatten die Frau anhand der Fotos erkannt. Die Frau hat die kleine Nora auch einer Freundin gegenüber als ihr eigenes Kind ausgegeben. Das Baby, das die Kössnerin dann in Oberwössen bei einem Supermarkt abgelegt hatte, konnte letztlich wohlauf gefunden werden. Seine Eltern schlossen es wenig später wieder in ihre Arme.

Täterin hatte Fehlgeburt
Hinter der Tat steckt ein persönliches Drama, so die Ermittler. Die Frau hat bei ersten Einvernahmen die Entführung zugegeben. Laut einer psychiatrischen Untersuchung leidet die Frau an einem „übersteigerten, unerfüllten Kinderwunsch“. Sie soll im Herbst ihr Kind bei der Geburt verloren haben. Nun wurde sie in eine psychiatrische Spezialklinik eingeliefert. Jetzt soll untersucht werden, ob die Tirolerin überhaupt zurechnungsfähig ist. Das Verfahren gegen die Täterin könnte in Tirol abgeführt werden.

In Kössen war die 32-Jährige wiederholt mit einem Kinderwagen gesehen worden – allerdings ohne Kind. Sie galt zuletzt als eigenbrötlerisch, hatte wenig Anschluss.

„Für mich als Bürgermeister, aber auch für den ganzen Ort machen die Vorkommnisse über die Kindesentziehung sehr betroffen. Die schnelle Aufklärung mit Beteiligung der Bevölkerung zeigt von Zivilcourage und Entschlossenheit. Vielleicht können wir alle für die Zukunft aus diesem traurigen Fall mitnehmen, dass wir mehr auf Mitbürger in unserer engsten Umgebung eingehen bzw. auf diese zugehen sollen, wenn Probleme erkennbar sind. Es ist zu hoffen, dass schnell wieder Ruhe einkehrt und der betroffenen Frau durch gute fachliche Betreuung bestmöglich geholfen werden kann“, so Kössens Bgm. Stefan Mühlberger.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.