Himmel und Hölle der Liebe

Eindrucksvoll als gescheitertes Liebespaar: Eric Laporte und Hege Gustava Tjønn als Faust und Margarete. | Foto: TLT
  • Eindrucksvoll als gescheitertes Liebespaar: Eric Laporte und Hege Gustava Tjønn als Faust und Margarete.
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Das Landestheater zeigt Charles Gounods emotional bewegende Oper „Faust (Margarete)“.

Das Theaterleben kann zuweilen gnadenlos sein. Letzten Freitag, gerade einen Tag vor der aktuellen Opernpremiere, verstarb Roger Boggasch, Operndirektor des TLT und langjähriger beruflicher Wegbegleiter des Intendanten, viel zu schnell, viel zu jung. Zuletzt hatten wir ihn im Großen Haus am 9. Jänner bei der Premiere der Comedian Harmonists in der Rolle des Erwin Bootz gesehen. Dass die fünf TLT-Harmonists auf der Bühne gesanglich derart gut harmonierten, war ganz klar ihm zuzuschreiben. Er hatte seine Darsteller über Monate minutiös darauf vorbereitet. Tatsächlich war ihm nur noch der Triumph der Premiere gegönnt, schon die zweite Vorstellung konnte er nicht mehr spielen.
Jedoch die Show muss weiter gehen. So nun auch vergangenen Samstag. Und so konnte sich das Premierenpublikum des Landestheaters an einem musikalisch und emotional bewegenden Opernerlebnis erfreuen. „Faust (Margarete)“ wäre sicher ganz nach Boggaschs Geschmack gewesen: klug inszeniert, großartig musiziert und vor allen Dingen gesungen. Das inhaltliche Sujet ist in unseren Breiten ja hinlänglich bekannt, wenngleich sich das Libretto primär auf die Liebesgeschichte von Faust und Margarete und dabei insbesondere auf Mephistos Unheil stiftende Rolle konzentriert. Gounods eigentliches Interesse galt von Anfang an der Figur der Margarete, insofern ist seine Oper geradezu ein Hochgesang auf die bedingungslose Liebe. Und gleichwohl Goethe-Apologeten über etliche Textpassagen des Librettos milde hinwegsehen müssen, weil sie wirklich etwas platt daherkommen, gerade mit der Margarete ist ihm und seinen Librettisten eine beachtliche interpretatorische Weiterentwicklung geglückt.
Bei ihm ist sie kein naives Gretchen, sondern eine schillernde Frauenfigur, fesselnd in ihrer Leidenschaft wie in ihrer Leidensfähigkeit. Überaus sinnstiftend auch das szenische Konzept: Regisseur Urs Häberli siedelt sowohl die Liebesanbahnung wie auch Margaretes Verstoßung (durch eine kirchlich durchinstitutionalisierte Gesellschaft) in einem eindrucksvollen Kirchenraum mit seitlichen Emporen an und lässt Mephisto dort sogar als roten Kardinal (Kostüme: Ursula Beutler) auftreten. Über eine überdimensionale Rosette deutet Thomas Dörflers Bühnenbild zudem den zusehends zerstörerischen Einfluss Mephistos an. Die über die gesamte Bühnenwand gezogene Gitterstruktur des Studierzimmers in der Anfangsszene findet seine logische Fortsetzung und Entsprechung schließlich in der finalen Gefängnisszene, wo Faust Margarete zur Flucht überreden möchte, sie sich aber für den Tod entscheiden wird – und gerade dadurch göttliche Rettung erfährt. Eindrucksvoll auch die Umsetzung der Walpurgisnacht: Häberli lässt den nahenden Albtraum in riesengroßen Stabpuppen auferstehen, für welche man den international preisgekrönten Puppenspieler Stefan Gaugusch sowie Clemens Matzka verpflichtete.
Clemens Schuldt dirigiert das Tiroler Symphonieorchester mit viel emotionaler Emphase. Hege Gustava Tjønn, Eric Laporte, Shavleg Armasi begeistern als Margarete, Faust und Mephistopheles. Katharina Göres überzeugt in der Hosenrolle des Siebel, der Margarete heimlich liebt und ihr bis zum Schluss die Treue hält, Daniel Raschinsky als Margaretes sittenstrenger Bruder Valentin. Der Chor hat zwar musikalisch eindrucksvolle Passagen, wirkt aber szenisch zuweilen etwas deplatziert. Die bewegendsten Szenen sind ohnehin Margarete und Faust und ihrem diabolischen Gegenspieler vorbehalten.

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