Karaktersache: Gesamte Ernte nutzen
Die gesamte Ernte nutzen, statt einen Teil davon wegen Farbe, Form oder Größe auszusortieren und zu entsorgen ist Ziel einer neuen Initiative.
Zu lang, zu kurz, zu blass, zu dünn – eigentlich kaum zu glauben, weswegen heimisches Obst und Gemüse bisher oft nicht auf den Teller durfte. Obwohl die Erzeugnisse qualitativ genauso hochwertig wie andere sind. Aber sie entsprechen eben nicht dem Schönheitsideal. Das zu ändern hat sich die Tiroler Initiative Karakter Ernte zum Ziel gesetzt. Ins Leben gerufen von der Abfallwirtschaft Tirol Mitte GmbH (ATM), will die Initiative mit Unterstützung von Land Tirol und Landwirtschaftskammer Tirol jetzt voll durchstarten. Indem produzierende und weiterverarbeitende Betriebe miteinander vernetzt werden, soll sich der ungenutzte Teil der heimischen Obst- und Gemüseernte so langfristig reduzieren.
Brücke vom Acker in die Küche
Karakter Ernte baut eine Brücke direkt in die Küche: Landwirtschaftliche Betriebe geben bekannt, welche Produkte sie aktuell über das Netzwerk anbieten möchten. Daraus wird eine Sortimentsliste erstellt, über die Gastronomiebetriebe bestellen können. Ein Projektteam der ATM ist dabei die organisatorische Schnittstelle. Dass das Konzept funktioniert, hat sich bereits gezeigt: Karakter Ernte ist die Weiterentwicklung einer Pilotaktion, die im Rahmen des EU-Projekts STREFOWA erfolgreich umgesetzt wurde. „Die Testphase im Herbst 2017 hat uns darin bestärkt, an der Idee dranzubleiben. Der bewusste Umgang mit Lebensmitteln war der ATM schon immer ein großes Anliegen. Deshalb haben wir damals dieses EU-Projekt gegen Lebensmittelabfälle nach Tirol geholt“, erklärt ATM-Geschäftsführer Alfred Egger.
Schaden für Wirtschaft und Umwelt
Volle Unterstützung für die Initiative kommt seit der ersten Stunde vom Land Tirol. „Wenn regionale Produkte wegen kleiner Schönheitsfehler aussortiert und entsorgt werden, ist das eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen. Jede Maßnahme, um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt LH-Stv. Ingrid Felipe. Nicht nur die – zum Beispiel – weggeworfene Karotte wird verschwendet, sondern auch die Energie, die von ihrer Aussaat bis zur Ernte aufgewendet wurde, damit sie wächst und gedeiht. Für die landwirtschaftliche Seite geht mit dem ausgemusterten Teil der Ernte automatisch ein Teil des Umsatzes verloren, wie Josef Hechenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol, ausführt: „Unsere GemüsebäuerInnen leben vom Verkauf ihrer regionalen Produkte. Natürlich ist da jedes unverkaufte Kilogramm ein wirtschaftlicher Verlust. Einmal abgesehen davon, dass es schmerzt, wenn man mit viel Aufwand und Leidenschaft Lebensmittel produziert und dann einen Teil davon entsorgen muss.“
Karakter Ernte als wachsendes Netzwerk
Klaus Plank, Wirt vom Weissen Rössl in Innsbruck, war einer der Pioniere, die sich an der Testphase im vergangenen Herbst beteiligt haben. Seither kocht und serviert man in seinem Restaurant regelmäßig die gesamte Ernte. „Die Grundidee hat mir sofort gefallen. Während der Pilotaktion haben mich auch Produktqualität und Logistik überzeugt. Für mich war klar, dass wir bei der Weiterentwicklung Karakter Ernte dabei sind“, so Klaus Plank. Neben ihm gibt es rund zehn andere FixstarterInnen auf Abnehmerseite – darunter Restaurants, Schul- und Betriebsküchen. Dass der Abnehmerkreis auch über die Gastronomie hinaus wachsen kann, zeigt das Interesse aus anderen Branchen. „Wir sehen sehr großes Potenzial in dieser Initiative. Viele Begegnungen mit potenziellen Partnerbetrieben und die Begeisterung der KonsumentInnen stimmen uns zuversichtlich, dass das Netzwerk wachsen und sich langfristig in Tirol etablieren wird“, sagt Alfred Egger, Geschäftsführer der ATM. www.karakter-ernte.at
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