Rauschmittel
Künstliches Kraut kiffen

"Das Wirkungsspektrum reicht von Euphorie bis Angst, von Stimmungssteigerung bis Müdigkeit", Martin Faulhammer. | Foto: mev.de
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Am Innsbrucker Schwarzmarkt kursiert zurzeit eine gefährliche, synthetische Form des Marihuanas.

„Eine tödliche Überdosis ist bei natürlichem Cannabis praktisch ausgeschlossen“, so der Experte für Abhängigkeit an der Innsbrucker Klinik, Martin Faulhammer, „nicht aber bei synthetischen Cannabinoiden.“ Synthetisches Cannabis ist bis zu 100 Mal stärker als „normales“ und die Nebenwirkungen sind bedenklich: Ohnmacht, Erbrechen, Herzrasen. „Optisch, aber auch nach Geruch und Geschmack ist dieses behandelte Cannabis nicht von normalem Cannabis zu unterscheiden. Das sorgt für große Unsicherheit unter den Konsumenten, da diese Gefahr damit auch ,Gelegenheitskiffer' betrifft, die an sich sehr risikoarm konsumieren“, so Faulhammer. So dürften auch Unwissende in den „Genuss“ des künstlichen Zeug gekommen sein und sich gedacht haben „Was zum Teufel ist denn das?“ – jedenfalls landeten mehrere Proben beim sogenannten „Drug-Checking“ im Z6 (Drogenarbeit).

Drug-Checking

Dieser Service wird vom Z6 (Drogenarbeit) angeboten: Man kann anonym und vertraulich Proben verschiedenster Drogen testen lassen: Immer dienstags werden sie ans Analyselabor der Gerichtsmedizin abgegeben. Am Tag vorher kann man die Proben in das Z6 (Drogenarbeit) bringen, allerdings nur synthetische Drogen. Ungefähr 500 Proben werden pro Jahr abgegeben und getestet. Cannabis gehört da eigentlich nicht dazu. Weil die KonsumentInnen aber von den besorgniserregenden und absolut untypischen Nebenwirkungen berichteten, entschloss man sich doch in vier Fällen zu einer Analyse. Und siehe da: Es wurde synthetisches Cannabis beigemengt. Leider sind die finanziellen Mittel nicht gegeben, um generell Cannabis auf Verdacht testen zu lassen – und erkennen kann man das synthetische Kraut ohne Analyse nicht. Den einzigen Rat, den Drogenberater Manuel Hochenegger für KonsumentInnen hat: Ganz gering dosieren, vorsichtig antesten – und sobald einem irgendetwas komisch vorkommt: weg damit!

Regulierung

Wäre Cannabis in Österreich reguliert, wäre das Drug-Checking natürlich überflüssig. Könnte man Marihuana z. B. in der Apotheke kaufen, wäre der Schwarzmarkt dafür mit einem Schlag hinfällig, der Jugendschutz könnte greifen und auf der Verpackung würde genau draufstehen, welcher Wirkstoff in welchem Ausmaß enthalten ist. Dass Marihuana die am meisten konsumierte illegale Droge in Innsbruck ist, lässt sich so erklären: „Die Droge ist alltagstauglicher als die meisten anderen." Doch wie gefährlich ist die Droge wirklich?

„Das kommt ganz auf das Konsumverhalten an, es macht einen Unterschied, ob ich abends einen Joint rauche oder jeden Tag zum Aufstehen die Bong. Rauchen ist natürlich generell nicht gesund. Psychisch und sozial gesehen kommt es darauf an wie stabil man im Leben steht: Gibt es Interessen, Hobbys, Freunde? Hat man Alternativen in stressigen Situationen?“

 so Hochenegger. Auch Faulhammer von der Innsbrucker Klinik sagt: „Neben der Substanz spielen noch sehr viele weitere Aspekte eine Rolle, wie etwa die Einnahmeform, die Häufigkeit und Dosierung des Konsums etc. Das Spektrum reicht von sehr vielen Menschen, die hin und wieder ohne nennenswerte Schäden Cannabis rauchen, bis hin zu jugendlichen ,Dauerkiffern' mit ernsthaften Schädigungen.“

Gruber: Kampf den Dealern

Vizebürgermeister Franz X. Gruber, zuständig für Gesundheit und Sicherheit, sagt zu diesem Thema: „Cannabis ist nun mal eine Einstiegsdroge, führt in vielen Fällen zum Umstieg auf harte Drogen und damit zu schwerer Abhängigkeit und Erkrankungen. Noch gefährlicher ist, wenn synthetisch gestrecktes Cannabis im Umlauf ist. Daher warnt das Z6 zu Recht vor diesen Substanzen und den unvorhersehbaren gesundheitlichen Schäden. Unser Weg in der Drogenpolitik bleibt: Stärkung der Prävention, Kampf gegen die Dealer, aber auch Hilfe für die Süchtigen.“
Dass Cannabis eine Einstiegsdroge ist, sieht Drogenberater Manuel Hochenegger nicht so: Cannabis ist bei weitem die am häufigsten konsumierte illegale Droge, doch nur ein Bruchteil der KonsumentInnen wechselt später auf andere Drogen. Martin Faulhammer, Klinik Innsbruck, beobachtet jedoch folgende Entwicklung: „In den letzten  Jahrzehnten hat die Stärke (der THC-Gehalt) stark zugenommen. Besorgniserregend ist auch die Zunahme des Konsums bei Jugendlichen, deren in Entwicklung befindliches Gehirn anfälliger für Schädigungen ist. Darüber hinaus beobachten wir eine problematische Entritualisierung: Cannabis wird heute oft als fast schon selbstverständlich wahrgenommen, viel Konsumenten kiffen nicht mehr nur abends zu Hause, sondern ganz nebenbei schon morgens auf der Straße oder bei der Arbeit. Auf der anderen Seite gibt es einen Trend zum (bislang auch legalen) CBD-Cannabis, dessen Konsum (auch wenn hierzu noch wenig gute Forschungsergebnisse vorliegen) weitaus unproblematischer sein dürfte.“

Hier geht's zum Artikel über die Gründe, warum Menschen kiffen.
Hier geht es zum Artikel über die negativen Folgen des Cannabiskonsums
und hier geht's zum Kommentar.

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