Lehrer leiden unter Maulkorb-Gesetzen

Würden Lehrer über die Vorgänge hinter der Fassade der HAK öffentlich reden, hätten sie ernste Konsequenzen zu fürchten.
  • Würden Lehrer über die Vorgänge hinter der Fassade der HAK öffentlich reden, hätten sie ernste Konsequenzen zu fürchten.
  • hochgeladen von Stephan Gstraunthaler

"Aus Angst vor repressiven Folgen kann ich mich leider nicht deklarieren" – so endet einer von mehreren Briefen, die vergangene Woche in der STADTBLATT-Redaktion eintrudelten. Ein anderer beginnt mit den Worten: "Ich würde mich gerne zu erkennen geben, in diesem Fall ist das aber absolut unmöglich, was ich sehr bedauere." Alle Schreiben – in Papierform verfasst, um keinen digitalen Fingerabdruck zu hinterlassen – beziehen sich auf die Zustände an der HAK Innsbruck. Wie vergangene Woche berichtet, tobt an der Schule ein heftiger Konflikt zwischen Teilen der Lehrerschaft und Direktorin Sabine Wechselberger. Die angegriffene Schulleiterin nahm ausführlich zu den Anschuldigungen gegen sie – welche auch in einem Schreiben an die Bildungsministerin Niederschlag fanden – Stellung. Von Seiten der Lehrerschaft fand sich niemand, der sich zur Causa äußern wollte – aus gutem Grund.

Massive Repressionen

Denn Lehrern, die sich öffentlich oder gar gegenüber Medien über Missstände äußern, drohen massive Repressionen. "Der Dienstgeber droht diesbezüglich ganz offen mit Konsequenzen. Aussagen gegenüber Medien sind nur mit Einverständnis des Landesschulrates gestattet", erläutert Peter Spanblöchl, Dienstrechtsexperte der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD). Und die Folgen können durchaus gravierend sein. Im Extremfall können Lehrer, die gegen diesen Maulkorb-Erlass verstoßen, fristlos gekündigt werden und sämtliche Pensionsansprüche verlieren.

Völlig anderes Bild

Inhaltlich zeichnen die Verfasser der anonymen Schreiben ein völlig anderes Bild der Vorgänge an der HAK. So hätten 77 LehrerInnen (von 120) Sachverhaltsdarstellungen gegen die Direktorin verfasst oder unterzeichnet. Aufgrund dieser Vorwürfe sollen sich der Landesschulinspektor und der Schulgemeinschaftsausschuss in einem Gutachten gegen die Definitivstellung der Direktorin ausgesprochen haben. Außerdem soll eine Gesundheitsumfrage an der Schule ergeben haben, dass 51 Prozent der Kollegenschaft das Arbeitsklima als "eher belastet" (33 %) bzw. "stark belastet" (28 %) sehen. Die übergeordneten Dienststellen, wie Landesschulrat und Bildungsministerium, weigern sich, zu diesen angeblichen "Fakten" Stellung zu nehmen, da es sich um ein "laufendes Verfahren" handle – Transparenz sieht anders aus.

Nur die Spitze des Eisbergs

Tatsächlich stellen Fälle wie jener der HAK Innsbruck nur die Spitze des Eisberges dar. Aufgrund des Sprechverbots für LehrerInnen entziehen sich weite Teile des Schulsystems zumindest teilweise der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Existente Missstände werden bestenfalls durch die Gewerkschaft oder selbsternannte Experten aufgezeigt. Fundierten und exemplarischen Recherchen durch Medien wird mit dem Maulkorb-Erlass von Anfang an ein Riegel vorgeschoben. Wie wirkt sich die Abschaffung der Sonderschulen aus? Ist es sinnvoll, dass Kinder in der Volksschule nicht mehr "sitzenbleiben" dürfen? Was bringt die teilweise Abschaffung der Schulnoten an der Grundschule? Welche Probleme gibt es an sogenannten Brennpunktschulen? Gibt es Probleme bei der Integration von Flüchtlingskindern in den Schulbetrieb? Für all diese Fragen besitzen die politisch Verantwortlichen praktischerweise die alleinige Deutungshoheit.

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