Frei im Theater 51
Und plötzlich ist Weihnachten
In diesem ganzen Universum an Weihnachtsgeschichten sticht eine seit jeher als besonders heller Fixstern hervor, jene von Charles Dickens über die wundersame Wandlung des Ebenezer Scrooge vom hartherzigen Griesgram und unerbittlichen Geizhals zu einem wohltätigen Menschenfreund.
Eigentlich ist sie ja eine Geistergeschichte, die in der aktuellen Inszenierung von Verena Koch in den Kammerspielen nicht nur Scrooge ordentlich einfährt, sondern auch die jüngeren Kinder im Publikum zu Beginn etwas aufzuwühlen scheint. „Was ist das?“ höre ich ein Mädchen vor mir mit aufgerissen Augen fragen, wie etwa die Standuhr plötzlich Beine bekommt. Ein anderes, gleich neben mir, sehe ich bereits am Schoß der Mama sitzen. „Nur Theater“, meint der Vater etwas prosaisch. Doch die Kleine ist bereits sichtlich gebannt von dem, was Scrooge da alles durcherleben darf, um doch noch ein besserer Mensch zu werden.
In Philipp Löhles kompakter Schauspielfassung für junges Publikum kann man tatsächlich schon von Beginn an erahnen, dass sich hinter dieser harten Schale irgendwo ein weicher Kern finden muss, den sowohl sein Angestellter Bob Crachit wie auch sein Neffe Fred zu erspüren scheinen. Denn letztlich sind sie dem Miesepeter Scrooge, der natürlich auch Weihnachten für Humbug hält, sehr wohlgesonnen. Und wie dieses innere Kind endlich jene Ketten ablegen darf, mit denen es Scrooge vor der bösen Welt zu schützen glaubte, da ist mit einem Mal tatsächlich Weihnachten. Nicht nur für Scrooge, sondern für jeden im Raum. Das ist das wunderbar Magische an dieser Geschichte, die auch deshalb so aktuell ist, weil sich in dieser Pandemie viele ihr Herz und ihren Blick verbarrikadiert haben. Und dieses Stück nun leider auch nicht sehen können.
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