BezirksBlätter vor Ort – St. Nikolaus
Von der „Koatlackn" zum Postkartenmotiv

BezirksBlätter vor Ort - wir blicken auf den Stadtteil St. Nikolaus  | Foto: Stadt Innsbruck
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Der Stadtteil St. Nikolaus gehört zu den ältesten der Landeshauptstadt. Besonders bekannt ist die einzigartige spätmittelalterliche Häuserreihe, die zu eienm weltweit bekannten Postkartenmotiv zählt und zusammen mit dem Goldenen Dachl zu einer Ikonen von Innsbruck wurde. 

INNSBRUCK/ST. NIKOLAUS. Wo sich heute die Stadtteile Mariahilf und St. Nikolaus befinden, entstand ab 1133 eine Siedlung der Grafen von Andechs, „Anbruggen" aber auch schon "Innsbruck" genannt. Die Siedlung bestand aus Holzhäusern, die sich zwischen Inn und dem Anstieg zur Nordkette Nordkette befanden. Zwischen 1133 und 1180 (Gründung der Altstadt) kam es zum Bau einer Brücke, wodurch der kleine Markt stark an Bedeutung gewann. Mit der Gründung der Altstadt wurde die "Untere Anbruggen" (St. Nikolaus) und die "Obere Anbruggen" (Mariahilf) Teil der späteren Stadt Innsbruck. 

Bau der ersten Brücke 

1133 wurde in einem Streit mit Herzog Heinrich von Bayern die Burg Ambras zerstört. Das war vermutlich der Anlass für die Gründung einer Siedlung auf der Nordseite des Tals zwischen dem Inn und dem Anstieg der Nordkette im Gebiet des heutigen St. Nikolaus und Mariahilf. In den Jahrzehnten vor 1180 ersetzten sie den Fährverkehr über den Inn durch eine Brücke. Dadurch wurde der Verkehr an die Nordseite des Tales gelenkt bzw. die Abzweigung in das Ober- und Unterinntal von Wilten im Süden hierher verlegt. Dieser Markt, aus dem Gemeindegebiet von Hötting herausgenommen, wird als "Anbruggen" bzw. "Innsbruck" (verschiedene Schreibweisen) bezeichnet. Die Innbrücke war ein wichtiger Treffpunkt: Vom Unterinntal führte die Landstraße durch die St. Nikolaus-Gasse und die obere Innstraße zur Brücke, von dort steil die heutige Höttingergasse hinauf und die Schneeburggasse entlang in Richtung Oberinntal. Die Brennerstraße von Süden traf bei der Innbrücke auf diese beiden Straßen.

St. Nikolaus-Gasse und St. Nikolauskirche

An der jetzigen St. Nikolaus-Gasse lag von 1313 bis 1789 das Leprosenspital. Um 1500 entstand daneben eine die St. Nikolauskirche. Der Name übertrug sich später auf das ganze Stadtviertel. Die heutige Pfarrkirche wurde 1882-1885 vom Wiener Dombaumeister Friedrich von Schmidt im Stil des Historismus (Neugotik) erbaut.

Blick auf die st. Nikolauskirche die 1885 errichtet wurde. Etwas weiter oben ist das viel ältere Schloss Büchsenhausen zu sehen. Im Hintergrund ragt die Nockspitze auf. Die Aufnahme wurde in den 1890er Jahren gemacht.  
 | Foto: Anton Kogler/Stadtarchiv Innsbruck, Ph-D-G-36
  • Blick auf die st. Nikolauskirche die 1885 errichtet wurde. Etwas weiter oben ist das viel ältere Schloss Büchsenhausen zu sehen. Im Hintergrund ragt die Nockspitze auf. Die Aufnahme wurde in den 1890er Jahren gemacht.
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Nahe der Kirche stand am Gänsbühel von ca. 1500-1854 eine Glocken- und Geschützgießerei. Hier hat etwa Peter Löffler die erste Bronzestatue (König Ferdinand von Portugal) für das Maximiliansgrab in der Hofkirche gegossen. Das Glockengießerhaus wurde erst 1976 abgebrochen. Etwas oberhalb der Pfarrkirche liegt der weite Gebäudekomplex von Schloss Büchsenhausen entlang der Straße zum Apenzoo. An der Stelle des heutigen Waltherparks lag einst die Innsbrucker Floßlände. Die Innflößerei fand mit dem Bau der Eisenbahn (Unterinntalbahn 1858) ihr Ende. Der Park erinnert an den Minnsesänger Walther von der Vogelweide.

Von der „Koatlackn" zum Postkartenmotiv

Nach dem Bau der ersten Brücke über den Inn wurde auch der Markt in die zwischen 1180 und 1204 gegründete und sofort befestigte Siedlung am rechtsseitigen Innufer verlegt. Der ursprüngliche Standort namens 'Anspruggen' (an der Innbrücke gelegen), bestehend aus St. Nikolaus und Mariahilf, wurde zu einer Art Vorstadt Innsbrucks degradiert. Dieser Abstieg setzte sich in den folgenden Jahrhunderten fort und war für jeden sichtbar durch den Verlust an Wert und sozialen Status der Bewohner. So wurden das „Leprosenhaus", das "Sondersiechen"- oder „Infektionsspital" ebenso hier angesiedelt wie später das Gefangenenhaus. Später siedelten sich Handwerks- und Gewerbetriebe an. Ziegeleien, Kalköfen, Steinhütten, aber auch Gießereien entstanden vor allem im heutigen St. Nikolaus. Die Gegend wurde damals zu allem Überdruss im Volksmund mit dem wenig schmeichelhaften Ausdruck „Koatlackn" (Kotloch) belegt, der sich im Volksmund bis heute gehalten hat. Was damals auf eine stets undichte hölzerne Wasserleitung zurückging, deren Nässe die mittelalterlichen Wege permanent aufweichten. Nichtsdestotrotz prägten die schönen Reihenhäuser von jeher das Stadtbild und durch den Bau der Sankt Nikolauser Kirche wurde dieser Stadtteil ebenfalls für schöne Seiten bekannt. Die dort ansässige Bevölkerung wurde in Literatur und Volksmund als grob und eigenbrödlerisch, aber auch als sehr warmherzig beschrieben und steht, durch die recht eigene Aussprache Pate für den Ur-Innsbrucker “Koatlackler” Dialekt.

Das „Turnusvereinshaus“ in der Innstraße 2, um 1918 mit Dienstfahrzeugen der Gendarmerie



 | Foto: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Signatur: Ph-18483
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Das Turnusvereinshaus 

Das Gebäude wurde 1712 errichtet, als Haus für „arbeitsscheue und liederliche Leute“, und diente als Zucht- und Strafarbeitshaus, auch für Strafgefangene, deren Arbeitskraft für das wirtschaftliche Wohl des Staates genutzt werden sollte. Im Jahr 1859 wurde es als Anstalt aufgelassen und von der Stadtgemeinde Innsbruck gekauft und ein Jahr später wurde es  mit großem Gewinn an den „Turnusverein“ weiterverkauft. Damals gab es noch die Verpflichtung für die Innsbrucker Bevölkerung turnusmäßig Soldaten in ihren privaten Wohnungen zu beherbergen. Die wohlhabenderen Bürger kauften bzw. mieteten im „Turnusvereinshaus“ eine Wohnung und konnten so ihre Einquartierungs-Verpflichtung abwälzen. Als 1869 diese Verpflichtung aufgehoben wurde, zog das Landesgendarmerie-Kommando für Tirol dort ein und blieb bis 1918. Anschließend wurde das Gebäude als Wohn- und Geschäftshaus umgebaut, der Name „Turnusvereinshaus“ blieb bis heute erhalten.

In der Bäckerbühelgasse im Stadtteil St. Nikolaus wohnten in den 1970er Jahren zahlreiche Gastarbeiter | Foto: Stadtarchiv Innsbruck
  • In der Bäckerbühelgasse im Stadtteil St. Nikolaus wohnten in den 1970er Jahren zahlreiche Gastarbeiter
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Gastarbeiter in St. Nikolaus 

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Österreich einen Wirtschaftsaufschwung. Arbeitskräfte fehlten und es wurden in den 1960er tausende Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter ins Land geholt. Nach Innsbruck und Umgebung kamen rund 8.000 Gastarbeiter, viele von ihnen blieben. Für die neuen arbeitskräfte wurden teilweise Barracken gebaut, teilweise konnten sie in Wohnungen einziehen, die durch den Bau des Olympischen Ein Brennpunkt war St. Nikolaus, da der Wohnstandard niedrig und das Leben für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter somit leistbar war. Etwa im Turnushaus, Innsbrucks ehemaligem Seuchenhaus und Stadtgefängnis beim Waltherpark, das nach dem Krieg zu einem Wohnhaus umfunktioniert wurde. Eine weitere Station befindet sich in der Bäckerbühelgasse in einem der ältesten Stadtviertel. Der geführte Rundgang dauert 90 Minuten und beleuchtet die sogenannten Anwerbeabkommen, den Zugang zu Wohnraum und die Gründung migrantischer Lokale und Vereine.

Die Innstraße in St. Nikolaus im Jahr 1955 | Foto: Stadtarchiv Innsbruck
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