Heinrich Klier: "Wir tun viel für die Infrastruktur!"

Klier 18 | Foto: Kainz

In der BEZIRKSBLATT-Ausgabe von vor zwei Wochen war ein Interview mit Gerhard Haas zu lesen. Der Touristikkaufmann aus Neustift erklärte darin, warum er sein Hotel Cappella verkaufte und stellte u.a. sinngemäß fest, dass die Gewinne, die am Stubaier Gletscher erzielt werden, im Gegensatz zu vielen anderen Regionen im Tal nicht wieder investiert würden. Der Vorstand der Wintersport AG, Heinrich Klier, sieht das anders!

STUBAI (tk). Gerhard Haas meinte, dass sich durch die Fusion der Stubaier Tourismusverbände die Situation für den Tourismus im Stubai verschlechtert hätte. Er beklagte vor allem, dass Fulpmes und Neustift nicht gut miteinander können und dass der TVB Stubai die meisten Finanzmittel aus dem Budget für den Erhalt der maroden Infrastruktur einsetzen muss. „Darin liegt viel Wahrheit“, sagt Heinrich Klier. Viel zu pessimistisch klingt für ihn aber Haas‘ Resümee: „Man kann auch in Schönheit sterben“.

„Wir investieren Jahr für Jahr!“
Der Vorstand der Wintersport Tirol AG teilt aber im Besonderen Haas‘ Meinung nicht, dernach die Gewinne, die am Stubaier Gletscher erzielt werden, nicht im Tal bleiben – dass in anderen Tälern also andere Spielregeln gelten würden. Klier hat dem BEZIRKSBLATT daher folgende Stellungnahme zukommen lassen:
„Nachdem Gerhard Haas Vater einer der ersten Kommanditisten im Tal und Vizepräsident des Verwaltungsrats ist, hätte er sich doch leicht genaue Informationen einholen können. Er hätte da erfahren können, dass die Gletscherbahn Jahr für Jahr große Summen in die Infrastruktur und die Modernisierung ihrer Anlagen steckt. Auch ein kurzer Blick in die Vergangenheit würde sein Bild zurechtrücken: Als ich 1969 mit der Planung der Gletscherbahn begonnen habe, war Neustift ein Dorf mit 1.600 Einwohnern; das innere Tal war karges Bergbauernland; Höfe in Ranalt und in Falbeson wurden aufgelassen. Der Wintertourismus steckte in den Kinderschuhen; Neustift zählte gerade 37.000 Winternächtigungen. Zunächst bauten wir von Ranalt zur Mutterbergalm ab 1970 eine moderne Hochgebirgsstraße und das trotz großer Hindernisse seitens der Behörden und einiger Grundbesitzer und ohne einen einzigen Schilling Unterstützung durch die öffentliche Hand! Die Meinung an den Gasthaustischen in Neustift war: „‚Lasst‘s den Narren die Straße bauen, die wollten wir eh schon lang und dann ist er sowieso pleite!‘ Pleite ist die Wintersport Tirol AG & Co. Stubaier Bergbahnen AG nicht – sie zählt heute zu den erfolgreichsten Tourismusunternehmen in Tirol. Wenige gaben dem Unterfangen Gletscherbahn eine Chance. Nur Bgm. Siegmund Schönherr, Ander Haas, der den ersten Talverband auf die Beine stellte und der Skischulleiter Leo Pfurtscheller glaubten an meine Vision.

„Wäre dankbar gewesen, wenn sich Stubaier beteiligt hätten!“
Auch der damalige Agrarobmann Mair war seiner Zeit voraus; er sah die Chance, dass durch die Beschäftigung im Tourismus viele Bauern und weichende Bauernsöhne einen Haupt- oder Nebenerwerb bekommen könnten. Ich wäre natürlich dankbar gewesen, wenn sich viele Neustifter oder Stubaier an unserer Gesellschaft beteiligt hätten. Mit den Stubaier Beteiligungen hätte ich aber nur 100 Meter Straße bauen können, dann wäre Endstation gewesen! Also musste ich weitere Geldgeber anwerben, zunächst in Tirol und in Österreich. Als auch das nicht reichte, habe ich meine Münchener Freunde eingeladen. Diesen mutigen Investoren gehört auch heute noch Dank und Anerkennung. 1973 bauten wir zwei Gondelbahnen zum Eisgrat (2.900 m) und den Schlepplift zum Eisjoch (3.200 m) – der Anfang war gemacht! Seither haben wir die Lawinenstriche an der Straße durch Lawinengalerien und einen großen Lawinenauffangdamm bei Grawa gesichert. Aus den drei Anlagen am Gletscher sind inzwischen 25 Anlagen geworden; jedes Jahr werden ältere Anlagen abgetragen und zugunsten modernerer Bahnen ausgetauscht. Allein im Stubai beschäftigt die Wintersport Tirol AG mit ihren Tochterfirmen 300 Mitarbeiter und ist damit der größte Arbeitgeber – und auch der größte Steuerzahler – des Tales. Die Gesamtinvestitionssumme beträgt mittlerweile 185 Millionen Euro, das sind ca. 2,6 Milliarden Schilling. Nachdem sich der Erfolg abgezeichnet hat, haben auch die Neustifter Kommanditanteile erworben. Aus den drei Mutigen vom Anfang sind mittlerweile zwanzig geworden. Sie alle freuen sich mit mir, dass neben den großen Investitionen auch ein Teil für die Gewinnausschüttung übrig bleibt, wie dies vertraglich festgelegt ist. Dass Neustift inzwischen nachhaltig 800.000 Winternächtigungen zählt, verschweigt Gerhard Haas ebenfalls – aus welchen Gründen auch immer. Richtig ist, dass Preisschleudern auf die Dauer den Markt insgesamt verdirbt. Wir haben uns mit unserem Hotel Happy Stubai nie daran beteiligt. Die Sammelbezeichnung für mich und meine Mitstreiter hieß ‚die Einer gschneibten‘. Ich bin zwar in Zirl geboren und aufgewachsen und habe mich in jüngeren Jahren mit Leib und Leben für die Rechte der Tiroler südlich des Brenners eingesetzt; unsere Tiroler Heimat ist für die Köpfe einiger Kirchturmstrategen wahrscheinlich zu groß. Heute wären wir übrigens froh, wenn es mehr ‚einerschneiben‘ würde. Um die Gletscher in warmen Sommern zu schützen, legen wir jährlich im Frühsommer 140.000 qm Vlies aus; vor Einbruch des Winters müssen sie wieder aufgewickelt und eingesammelt werden. Unsere Pistenmannschaft, alle Seilbahnmannschaften und die Mitarbeiter in den gastronomischen Betrieben und den Sportgeschäften geben ihr Bestes, um aus dem Stubaier Gletscher eine touristische Erlebniswelt ersten Ranges zu machen. Viele Preise und Auszeichnungen europaweit bestätigen uns unsere Spitzenposition. Von den vielen Ehrungen, die mir in den letzten Jahren zuteil geworden sind, ist die Ernennung zum Ehrenbürger der Gemeinde Neustift die schönste. Zum Thema Infrastruktur: Von Oktober bis Mai bieten wir im gesamten Stubaital einen Gratisskibus an. Die jährlichen Kosten von 1,5 Mio. Euro werden zu 83 Prozent vom Gletscher bezahlt, obwohl die Gäste aus allen fünf Gemeinden den Skibus nützen und dieser auch für den Transport zu den Talstationen der anderen Bahnen eingesetzt wird. Seit Jahren bemühen wir uns auch mit anderen Neustiftern, einen Golfplatz auf die Beine zu stellen, bisher vergeblich. Auch einer Therme im vorderen Stubai, ähnlich dem Aqua Dome im Ötztal, haben wir eine Beteiligung zugesagt; ebenso für eine Erschließung des Skigebiets Milderaun.

Sturmsichere 3-S-Bahn in Planung
Am Gletscher selbst wird die Infrastruktur laufend verbessert. Die Planungsarbeiten für eine sturmsichere 3-S-Bahn, damit wir auch an den häufiger werdenden Sturmtagen unsere Gäste sicher von der Talstation Mutterberg zur Station Eisgrat befördern können, laufen bereits. Geschätzte Kosten: 10 Millionen Euro. Kann man also der Stubaier Gletscherbahn vorwerfen, zu wenig für die Infrastruktur zu tun oder getan zu haben?“

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