Vergleichsstudie
Leerstandsrate bei Verkaufsflächen deutlich gestiegen

Studie zeigt eine im Vorjahr deutlich gestiegenen Leerstandsrate bei den Shopflächen. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Studie zeigt eine im Vorjahr deutlich gestiegenen Leerstandsrate bei den Shopflächen.
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INNSBRUCK. "Traditionell liegen Salzburg, Innsbruck und die Wiener City – allesamt Tourismus-Hochburgen mit entsprechend hoher Passantenfrequenz – auf den vorderen Plätzen des Städtevergleiches. Im Corona-Jahr 2020 sind es genau diese Cities, die die höchsten Leerstandszugewinne zu verzeichnen haben."  Das Ergebnis des "S+M City-Retail Health Check"  stellt für Innsbruck ein doch ernüchterndes Ergebnis aus.

Neue Studie

Seit 2013 erfasst Standort + Markt in den 20 größten Städten Österreichs sämtliche Shopflächen und verfügt damit über ein unabhängiges Monitoring zum Zustand und den Veränderungen der österreichischen Cities. Der jährliche "S+M City-Retail Health Check" geht mittlerweile in seine achte Runde. Durch die Analyse von 24 Geschäftsbereichen plus 16 ausgewählten Kleinstädten mit insgesamt 13.327 Shops auf einer Fläche von über zwei Millionen Quadratmetern liegt eine sehr hohe Transparenz zum Shopflächen-Geschehen in Österreich vor. So zeichnen sich auch die ersten Corona-Effekte in Ortskernen bereits ab.

Innsbruck

In Innsbruck liegt die Shopflächen-Leerstandsrate aktuell bei 4,4% (2019 noch unter 3%) und die Fluktuationsrate bei 15,3%. Seit 2013 ist die Gesamtverkaufsfläche in der Innsbrucker City um 1% zurückgegangen. Trotz der im Vorjahr deutlich gestiegenen Leerstandsrate kommt Innsbruck auf eine „gesunde“ City-Bewertung.

Rückläufige Entwicklung

"Die rückläufige Flächenentwicklung der letzten 10 Jahre ist stiller Zeuge der veränderten Konsumgewohnheiten. Der Modehandel verliert an den eCommerce und Corona verstärkt diese Entwicklung. Gleichzeitig nimmt der Bekleidungssektor in den innerstädtischen Toplagen noch immer fast die Hälfte der Handelsflächen ein. Die Gastronomie konnte in den letzten Jahren ordentlich zulegen, leidet seit 2020 aber ebenfalls stark unter den Corona-Lockdowns. Wachstumskaiser ist der Leerstand. Die Leerstandsquote in den österreichischen Innenstädten liegt mittlerweile bei 7,5%. Und: Die tatsächlichen Auswirkungen von Covid-19 werden wir erst ab der zweiten Jahreshälfte 2021 sehen", fasst Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die wichtigsten Studienergebnisse zusammen.

Shopflächenrückgang hält an

Mittlerweile finden sich nur mehr 10 Geschäftsbereiche, die eine positive Shopflächenentwicklung aufweisen. Der Flächenverlust war insbesondere in den letzten beiden Jahren deutlich spürbarer als in den Jahren zuvor. Die größten Flächenzugewinne sind in Dornbirn, der Wiener Landstraßer Hauptstraße, in Amstetten und in der Wiener Mariahilfer Straße zu verzeichnen. Krisengeschüttelte Innenstädte der letzten Jahre mit hohen Leerstands- und Fluktuationsraten wie Steyr, Villach und Wiener Neustadt haben auch 2020 eine Gesamtverkaufsflächenreduktion erfahren.
Angesichts der Veränderung des Branchenmix bei Primär- und Sekundärstädten wird deutlich, dass das Kurzfristbedarfsangebot in den österreichischen Cities – wenn auch nur leicht – zunimmt. "Die Bekleidungsbranche hingegen hat deutliche Verluste hinnehmen müssen, seit 2014 ist deren Anteil auf 29% gefallen. Diese Veränderung fiel signifikanter aus als in jeder anderen Branche. Der Bekleidungssektor hat rund 72.500 m² Verkaufsfläche in den letzten 7 Jahren verloren, ist aber weiterhin die mit Abstand dominanteste Branche im Mix", erklärt Standort + Markt Geschäftsführer Hannes Lindner.

Die Ruhe vor dem Sturm?

Was leiten wir aus den umfangreichen Zahlen ab? "Zum einen hat sich herausgestellt, dass die Auswirkungen der Pandemie noch nicht auf der stationären Shopfläche angekommen sind, die Leerstandsquote in den Cities blieb gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt betrachtet nahezu unverändert. Erst nach dem Stopp von staatlicher Unterstützungsleistungen wird sich zeigen, welche Shops tatsächlich weiterhin offenbleiben oder aber von der Bildfläche verschwinden. Hier erwarten wir in den kommenden Beobachtungsperioden definitiv eine erhöhte Dynamik, die sich sowohl im Leerstand als auch in einer deutlich erhöhten Fluktuationsrate bemerkbar machen", ist Hannes Lindner überzeugt.

Was erwartet der Handel von den Regulatoren?

"Corona befeuert nicht nur den eCommerce, sondern mittelfristig auch die Stadt- und Ortskernverödung. Der Handelsverband hat bereits zum Jahreswechsel das Motto für 2021 mit "Leben und Wirtschaften mit dem Virus" ausgegeben. Durch eine Branchendifferenzierung sollen Kollateralschäden bestmöglich eingedämmt werden. Neben der Arbeitsplatzsicherheit sind hier auch soziale und psychologische Faktoren zu nennen. Die staatlichen Hilfen federn zwar das Schlimmste ab, jetzt braucht es aber auch Planungssicherheit und damit eine Strategie für den Weg in die Zukunft. Nur so können wir verhindern, dass die Coronakrise unsere Städte ökonomisch leerfegt", gibt Rainer Will die Marschrichtung vor.

Daher hat der Handelsverband das AID-Modell ausgearbeitet – einen umfassenden Corona-Masterplan mit 3 Schwerpunkten:

Arbeitsplätze retten, Arbeitsplätze sichern & Arbeitsplätze schaffen

Entscheidend ist, die 600.000 Arbeitsplätze im österreichischen Handel nachhaltig abzusichern und zukunftssicher aufzustellen. Die Kurzarbeit ist essenziell, um Jobs zu retten. Flankierend dazu braucht es einen befristeten Covid-Arbeitsplatzsicherungs-Bonus für die Zeit nach dem Ende der Kurzarbeit, um Jobs dauerhaft zu sichern. Zur Förderung neuer Beschäftigungsverhältnisse empfiehlt der HV einen temporären Covid-Arbeitsplatzschaffungs-Bonus in Form eines finanziellen Zuschusses oder eines Erlasses der Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitgeber.

Insolvenzen verhindern, Eigenkapital stärken & Investitionsanreize setzen

Die Politik hat durch staatliche Hilfen wesentlich zum Erhalt des Wirtschaftsstandortes beigetragen. Mit einer stärkeren Verankerung der 'zweiten Chance' in den staatlichen Corona-Maßnahmen, präventiven Restrukturierungsmöglichkeiten und einem leichteren Zugang zu Eigenkapital würde man ein wichtiges Signal setzen, idealerweise schon bevor die Insolvenzregelungen wieder in Kraft gesetzt werden. Das wäre ein win-win für den österreichischen Wirtschaftsstandort und alle Beteiligten – Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Banken, Gläubiger und Zulieferbetriebe. Mit dieser Maßnahme sollen 7.500 Handelsbetriebe, die coronabedingt mit dem Geschäftsbetrieb in Schieflage geraten sind und heuer aufgeben müssten, aufgefangen werden.

Digitalisierung vorantreiben & digitales Fair Play schaffen

Die heimische Wirtschaft bewegt sich in einem Korsett an strengen Vorgaben, während die internationalen Online-Giganten frei wie ein Vogel agieren können. Wir müssen sicherstellen, dass Europa seine Verbraucherinnen und Verbraucher nicht länger als Kunden an digitale Giganten anderer Regionen der Welt verliert und obendrein noch Steuergutschriften nachschickt und den Abfall der Drittstaatensendungen auf eigene Kosten entsorgt. Die Einführung der digitalen Betriebsstätte in der Europäischen Union ist daher überfällig, wenn die EU-Kommission will, dass unsere Wirtschaft im digitalen, globalen Wettbewerb morgen noch eine Rolle spielen soll. Diese Maßnahme soll einen Beitrag leisten, um Österreich unter die EU Top 10 im Bereich der Digitalisierung zu katapultieren und zum Innovation-Leader zu machen. Gleichzeitig soll damit dem Kaufkraftabfluss von fast 60% im Onlinehandel entgegengewirkt und die steuerliche Gleichstellung von Old Economy (23%) und New Economy (9%) erreicht werden.
"Darüber hinaus ist es jetzt an der Zeit, endlich die Vereinfachung des Zuschlagswesens im Handelskollektivvertrag und die Abschaffung der Mietvertragsgebühr anzugehen", so Rainer Will abschließend.

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