Von der Struktur der Empfindungen

Auf den ersten Blick denkt man an Computerdrucke, wenn man die Arbeiten des Osttiroler Künstlers Benjamin Zanon (*1981) sieht. Erst bei näherer Betrachtung lassen sich die hauchdünnen Tu-schestriche erkennen, mit denen Zanon seine Erinnerungen und Empfindungen zu Papier bringt. Ganz persönliche Einblicke ge-währt er in seiner aktuellen Ausstellung im Kunstraum Innsbruck.

Die Präzision, mit der er seine Zeichnungen umsetzt, kann unmöglich von Menschenhand kommen, denken sich viele BesucherInnen beim Anblick von Benjamin Zanons Arbeiten. Mit einfachen Tuschestiften bringt der Osttiroler seine abstrakten Strukturen in penibelster Millimeterarbeit zu Papier. Für die aktuelle Ausgabe der Kulturzeitschrift Quart gestaltete er Zeichnungen für die jeweils linken Seiten des Heftes. Dafür übersetzte er jeden Buchstaben der rechten Seite in ein Symbol und übertrug den Text folglich in eine Zeichensprache, die zwischen vermeintlich konkreten und abstrakten Darstellungen wechselt.

o. UT. - Ohne Untertitel

Die aktuelle Ausstellung im Kunstraum Innsbruck zeigt sehr persönliche Arbeiten von Benjamin Zanon. Porträts von ihm nahestehenden Perso-nen, gepaart mit Erinnerungen aus seiner Kindheit und ganz privaten Empfindungen sind in den filigranen Zeichnungen dargestellt. Eine groß-formatige Papierarbeit zeigt in Spiegelschrift geschriebene Kindheitserin-nerungen, die er mit Kugelschreiber notiert hat. Wie die Erinnerungen in unserem Kopf, verblassen auch diese niedergeschriebenen Reminiszen-zen zusehends. Anlässlich des 20. Todestages seines Vaters Christoph Zanon, einem bedeutenden Osttiroler Schriftsteller, und der Ausstellung im Kunstraum Innsbruck bearbeitete Benjamin Zanon Holzskulpturen wei-ter, die sein Vater zu Lebzeiten nicht mehr fertig stellen konnte. Wie seine titellosen Zeichnungen, heißt auch die Ausstellung o. UT. (ausgeschrie-ben ohne Untertitel). Das Fehlen der Bildtitel entzieht den Zeichnungen auch den letzten erzählerischen Anhaltspunkt und führt die Bilder in die vollkommene Gegenstandslosigkeit.

Im Rahmen der Ausstellung findet am 16.01.2018 ein Künstlergespräch zwischen Benjamin Zanon und Karin Pernegger, Leiterin des Kunstraums Innsbruck und Kuratorin der Ausstellung, statt.

Text von Lena Ganahl

Abb. Benjamin Zanon, 7s1 (fiebern), 2017, Tusche auf Papier, 101 x 72 cm, Foto: Günther Kresser

Wo: Kunstraum Innsbruck, Maria Theresien Straße 34, Arkadenhof, 6020 Innsbruck auf Karte anzeigen
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