Rot-Kreuz-Präsident Ambrozy im Gespräch
„Unsere Mitarbeiter verdienen Respekt und keine Angriffe“

Mitarbeiter des Roten Kreuz in einer Teststraße | Foto: Rotes Kreuz Kärnten
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Das Rote Kreuz ist auch in Kärnten zentral für die Eindämmung und die Bekämpfung der Pandemie. Herr Ambrozy, wo sind Ihre Mitarbeiter und Freiwilligen überall im Einsatz?
Wir sind nun schon seit knapp zwei Jahren im Einsatz und zwar zuerst in den Teststationen und jetzt auch in den Impfstationen. In Summe sind es 88 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Impfeinsatz sind – also 22 pro Impfstation. Wir impfen im Normalfall nur am Wochenende, womit wir gesamt in allen Impfzentren eine Impfkapazität 12.280 pro Woche unterstützend aufweisen konnten. Im Moment sind wir in allen derzeit offenen fünf Impfzentren in Kärnten aktiv – in Wolfsberg, Klagenfurt, Villach und Spittal/Drau und seit vergangenen Samstag auch wieder in St. Veit, womit sich die Kapazitäten noch weiter erhöhen. Darüber hinaus werden wir auch das Impfangebot unter der Woche intensivieren und wir sind auch im Rahmen des Impfbusses im Einsatz. Parallel dazu führen wir auch noch die Verdachtsfall-Testungen und die Antigen-Testungen durch. Die allgemeinen PCR-Bevölkerungs-Testungen finden derzeitig nicht statt, weil die Laborkapazitäten nicht ausreichen, um dies durchzuführen. Ich denke aber, dass auch das nächste Woche wieder möglich sein wird.

Das sind natürlich große Aufgaben, die enorme Kapazitäten binden. Konnte das Rote Kreuz in der Pandemie seinen Mitarbeiterstand dementsprechend aufstocken?
Wir haben die Aufgabe, dass der gesamte sonstige Dienstleistungsbereich des Roten Kreuzes aufrecht bleibt – vom Rettungsdienst, über den Notarztdienst bis hin zur Mobilen Pflege. Das war nur möglich, indem wir Freiwillige, Zivildiener und v.a. zusätzliches Personal eingesetzt haben. Das war übrigens auch im Bereich der Rettungsleitstelle notwendig, denn sie fungiert als Meldesammelstelle. All das haben wir, so glaube ich, sehr gut organisiert. Mit Ausnahme der Tatsache, dass es Organisationsfehler gibt, die nicht in unserem Bereich liegen, insbesondere, was die vereinbarten Testkapazitäten betrifft, sind wir ziemlich gut im Rennen. Ein Problem waren die freien Impfungen, also wo sich die Leute nicht angemeldet haben und wo es natürlich zu Schlangenbildungen und unnotwendig langen Wartezeiten kam. Das ist auch der Grund, warum wir seit Montag keine freien Impfungen mehr durchführen, sondern nur noch angemeldete.

Können Sie sagen, wie viel das Rote Kreuz während der Pandemie aufstocken musste?
Wir haben zwischen 100 und 150 Personen an zusätzlichem Personal aufgenommen, wobei dies teils Aushilfskräfte, Sanitäter und administrative Kräfte waren. Dies sind jedoch leider nur befristete Dienstverhältnisse und wir hoffen, dass sie befristet bleiben – die Hoffnung ist aber nicht, dass die Leute keine Arbeit mehr haben, sondern schlichtweg, dass die Pandemie irgendwann bekämpft ist.

Aber ist es nicht trotzdem so, dass alle Mitarbeiter aktuell mehr leisten müssen, als in „Normalzeiten“?
Ja und ich muss betonen: Alle Mitarbeiter sind mit großem Herz dabei. Teilweise verzichten sie auf ihre Mittagspausen, um die Rückstände beim Impfen aufzuholen und zwar, um die Menschen nicht zu lange warten zu lassen – sie tun es also im Interesse der Bevölkerung. Sie leisten wirklich weit mehr als das, wozu sie verpflichtet sind. Ich darf ein Beispiel bringen: Bei einem Impfbus gibt’s die Vereinbarung, dass im Laufe eines Tages rund 200 Impfdosen verabreicht werden. Letztes Mal wurden in Hermagor stattdessen aber in einem Tag 360 Impfdosen verabreicht – das heißt, die Leute haben ohne Pause und unermüdlich durchgearbeitet, um den dortigen Andrang abzuarbeiten. Auch an anderen Standorten, an denen der Impfbus auftaucht, werden ähnliche Zahlen erreicht. Das bedeutet eben auch, dass die Mitarbeiter pausenlos arbeiten. Was mich dabei aber besonders erschreckt: Sie werden während ihrer Arbeit oftmals angepöbelt und beschimpft – teilweise aus Frustgründen, teilweise auch wegen organisatorischer Mängel, die nicht in unserem Bereich liegen. Aber wenn jemand unangemeldet zu einer Impfung geht, dann muss er zumindest das Risiko einkalkulieren, dass er warten muss, bis er drankommt. All das wird aber an den Mitarbeitern abgeladen und ich kann nur an die Bevölkerung appellieren, dass sie unseren Mitarbeitern, die sich voll im Interesse der Kärntnerinnen und Kärntner einsetzen, den Respekt zollen, den sie sich in Wahrheit verdienen. Ich persönlich kann mich wirklich nur für das bedanken, was die Mitarbeiter tun und leisten. An dieser Stelle möchte ich die Forderung des Roten Kreuzes wiederholen, dass auch für denjenigen, die für Patienten, etwa im Rettungsdienst und darüber hinaus, arbeiten, der entsprechende Bonus ausgezahlt wird, wie auch in allen anderen Gesundheitsberufen.

Sie haben vorhin die Pöbeleien angesprochen. Man hört aus einigen Teilen Kärntens aber sogar von Handgreiflichkeiten, RK-Mitarbeiter werden bei Teststationen nicht selten von sogenannten „Corona-Skeptikern“ bespuckt und absichtlich angehustet.
Die kriegen hier etwas ab, das sie einfach nicht verdient haben. Dass „Corona-Leugner“ oder Impfgegner sich hier in der Art und Weise äußern, ist wahnsinnig schlimm. Es ist aber meiner Meinung nach auch schlimm, dass in Zeiten eines Lockdowns, in der sich die Menschen zu ihrer eigenen Sicherheit isolieren sollten, zu Kundgebungen aufgerufen wird, von denen wir wissen, dass davon ein hohes Infektionsrisiko ausgeht. Dabei werden Leute leider oft auch so aufgehetzt, dass diejenigen Menschen, die im Interesse der Allgemeinheit arbeiten, angegriffen werden. Wir müssen uns aber nicht nur dagegen wehren, sondern v.a. die Bitte aussprechen, dass man das unterlassen soll, weil die Mitarbeiter sind mit großem Einsatz für die Interessen der Menschen tätig und verdienen dafür eigentlich Respekt und keine Anpöbelungen und Angriffe.

Sie haben ausgeführt, wie hart Ihre Mitarbeiter über die eigenen Grenzen gehen müssen. Gleichzeitig gibt es stündlich neue Schreckensmeldungen über Omikron, manche Experten sprechen von einer „Super-Mutation“. Einige Ihrer Mitarbeiter retten sich wahrscheinlich nur noch von Woche zu Woche mit der Hoffnung, dass die Pandemie bald beendet ist. Aber wie lange können sie diese Ausnahmesituation überhaupt noch aushalten?
Ich denke, dass unsere Mitarbeiter motiviert sind und, dass wir die Dinge so organisiert haben, dass es durchaus unter Umständen noch eine längere Zeit möglich ist, das Ganze zu bewerkstelligen. Aber das Wesentlichste ist, um eine Entlastung zu schaffen, dass sich die Menschen impfen lassen. Die Impfung, insbesondere die dritte Impfung, schützt. Zur neuen Omikron-Variante fehlt mir noch jegliche fachliche Information, um zu den Auswirkungen etwas sagen zu können – hierzu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Jedenfalls habe ich wahrgenommen, dass man bereits dabei ist, einen möglichen veränderten Impfstoff zu erarbeiten, der auch diese Variante schützend umfasst. Trotzdem ist es wichtig, dass die Menschen jetzt entweder erstimmunisiert oder geboostert werden, um einen möglichst großen Schutz zu gewährleisten, der sicher auch gegen die neue Variante bis zu einem gewissen Grad hilft. Ich kann deshalb nur appellieren: Bitte lassen Sie sich impfen. Unser Ziel ist es, dass in Österreich 7,5 Millionen Menschen geimpft werden bzw. immunisiert sind – dann denke ich, dass wir mit der Pandemie zurechtkommen und wir ein Ende dieser Pandemie ausrufen können.

Es stellt sich aber noch immer die Frage, warum Österreich in Sachen Impfquote, wenn man es etwa mit den westeuropäischen Ländern vergleicht, so weit nachhinkt.
Ich denke, das hängt schon massiv mit der politischen Auseinandersetzung zusammen und mit dem politischen Kleingeld, das die FPÖ damit wechseln will. Darüber hinaus glaube ich, dass die Bundesregierung sehr leichtfertig gehandelt hat, als sie im Sommer die Pandemie mehr oder weniger heruntergespielt hat und daher die Notwendigkeit für die Impfung bei jenen, die den Vakzinen skeptisch gegenüberstanden, in den Hintergrund gedrängt hat. Man hätte lieber im Sommer die Notwendigkeit klar machen und die Gefahr einer vierten, möglicherweise auch einer fünften Welle in den Vordergrund stellen sollen. Damit wurde eben eine Verniedlichung der Pandemie in den Köpfen der Menschen hervorgerufen.

Diese Fehler im Bund sind wohl unbestritten. In Wirklichkeit ist aber Kärnten mittlerweile auch insbesondere betroffen und am besten Weg, den österreichweit höchsten Inzidenz-Wert zu erreichen. Passierten also nicht auch in Kärnten Fehler?
Das kann ich nicht beurteilen, denn Kärnten ist ja von den Maßnahmen im gleichen Maße betroffen, wie die übrigen Bundesländer, weil es ja zentrale Maßnahmen sind. Was wir aus der Landesregierung wissen: Es ist hier rasch und frühzeitiger, als in anderen Bundesländern, Wien ist hier eine Ausnahme, reagiert worden. Sie haben etwa mit dem Hochfahren der Impfstraßen und Teststraßen relativ früh begonnen, wo in anderen Bundesländern noch über die Notwendigkeit diskutiert wurde. Wir sind ja, was die Impfungen betrifft, nun auch auf der Überholspur, was aus meiner Sicht sehr positiv zu sehen ist. Aber es gibt noch viel zu tun. Wir haben gerade der zuständigen Gesundheitsreferentin noch einmal versichert, dass wir alles tun werden, um die Impfquote bei uns zu erhöhen. Ich habe aber auch deutlich gesagt, dass der Erfolg nicht am Roten Kreuz hängt, nicht an Einzelpersonen, sondern am Ende nur am Gemeinsamen und dazu gehört eben die Bevölkerung. Daher noch einmal der Appell: Wenn wir die Pandemie besiegen wollen, dann können wir das nur gemeinsam tun und da ist die Disziplin und die Bereitschaft der Bevölkerung ein wichtiger Faktor.

Peter Ambrozy: "Nur gemeinsam können wir die Pandemie besiegen!" | Foto: Sissi Furgler
  • Peter Ambrozy: "Nur gemeinsam können wir die Pandemie besiegen!"
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Aber was sagen Sie den Menschen, die mittlerweile die Nase voll haben von dieser Pandemie und die endlich wieder Normalität haben wollen?
Normalität kann man nur erreichen, wenn man die Pandemie bekämpft und Pandemie bekämpfen heißt Impfen und den Experten vertrauen, die, wenn es um die Empfehlungen geht, einen guten Job machen. Die Bevölkerung und die Politik sollten sich an diese Empfehlungen aber auch halten.

Eine Frage, die Sie vielleicht nur schwer beantworten werden können, interessiert die Leser sicher brennend: Gibt es auch beim Kärntner Roten Kreuz Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollen?
Das haben wir auch, da muss man ganz offen sein: Auch wir haben Impfskeptiker und wir haben uns auch schon von Mitarbeitern trennen müssen, die nicht bereit waren, sich an die 3G-Regel zu halten. Bei Neuanstellungen ist es für uns keine Frage, dass ein kompletter Impfnachweis da sein muss, bevor wir ihn oder sie einstellen. Bei den bestehenden Mitarbeitern müssen wir die Maßnahmen, die von der Bundesregierung in der Lockdown-Verordnung festgelegt wurden, befolgen und wir halten das auch striktest ein.

Der 13. Dezember ist der ominöse Tag, an dem der Lockdown allgemein für Geimpfte enden soll. In Kärnten entwickelt sich die pandemische Lage aktuell aber keineswegs überschwänglich positiv. Hand aufs Herz: Glauben Sie persönlich an ein Lockdown-Ende in Kärnten mit 13. Dezember?
Sicher bin ich mir nicht, ob am 13.12. der Lockdown zu Ende sein wird. Das Entscheidende ist, dass die Zahlen nach unten gehen. Wir haben zwar leichte Anzeichen, dass es weniger wird, aber noch nicht so, wie es sein müsste, um den Lockdown zu beenden bzw. Lockerungen einzuführen.

Sie persönlich würden also mit jetzigem Stand das Weihnachtsfest auch für Geimpfte noch nicht „freigeben“?
Ich bin kein Experte, ich kann nur einschätzen: Wenn die Zieldaten, die vorgegeben wurden, erreicht werden sollen, dann wird der 13. nicht ausreichen und ich glaube, dass in dem Fall die Sicherheit Vorrang hat. Es hängt aber sehr stark von den Menschen ab und ob sie bereit sind, sich vollkommen diszipliniert an die Lockdown-Regeln zu halten – das Wesentlichste, neben dem Impfen, ist natürlich die Reduktion der Kontakte.

Mitarbeiter des Roten Kreuz in einer Teststraße | Foto: Rotes Kreuz Kärnten
Peter Ambrozy: "Nur gemeinsam können wir die Pandemie besiegen!" | Foto: Sissi Furgler

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