Weihnachtsbrauchtum
Frau-Tragen, Räuchern und das goldene Rössl

Der Niglo-Umzug in Windischgarsten, am 5. Dezember, gehört zum immateriellen Kulturerbe der Unesco. Viele Figuren gibt es nur im Garstnertal. | Foto: Habersack
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  • Der Niglo-Umzug in Windischgarsten, am 5. Dezember, gehört zum immateriellen Kulturerbe der Unesco. Viele Figuren gibt es nur im Garstnertal.
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Viele Traditionen gibt es um die Weihnachtszeit. Manche sind noch lebendig, einige so gut wie vergessen.

BEZIRK KIRCHDORF. "Weihnachten ist ein christlicher Brauch, der rund um die Wintersonnwende – den Thomas-Tag am 21. Dezember – gelegt wurde. Da beginnen auch die Rauhnächte", weiß Historikerin Katharina Ulbrich aus Waldneukirchen. Ein beliebtes Ritual aus früherer Zeit war das "Bettstaffeltreten". Wollten die Mädchen damals wissen, wen sie heiraten, so traten sie vor dem Schlafengehen gegen das Bett und sprachen: "Bettstaffel, ich tritt' dich, heiliger Thomas, ich bitt' dich, lass' mir erscheinen den allerliebsten meinen." 

Auch bei "Kirschbaum-Beidln" und beim Trittling-Werfen (Holzschuhwerfen) glaubte man und um den Thomastag mehr über den Zukünftigen zu erfahren. "Die Holzschuhe wurden dabei gegen die Tür geworfen. Zeigte die Schuhspitze ins Zimmer, blieb das Mädchen noch daheim. Zeigte sie hinaus, dann kommt demnächst ein junger Mann, der sie heiraten wird. Diese Bräuche waren alle sehr abergläubisch", so Katharina Ulbrich.

Hütlheben

Im Garstnertal war am Thomasabend das Hütlheben der Brauch. Rudolf Kusché beschreibt es in seinem Buch "Gold, das nicht glänzt". Demnach lagen neun Hüte auf dem Tisch und darunter neun verschiedene Dinge, vom Ehering bis zum Kamm. Jeder durfte dreimal einen – oder auch dreimal drei – heben und musste dazwischen vor die Tür gehen. Währenddessen vertauschten die anderen die Dinge. Was man am öftesten erwischte, wurde wahr.

Mit der Thomasnacht sind noch viele weitere Rituale verbunden: Es durfte keine Gabel im Heu stecken, schreibt Kusché weiter – und die Hausfrau durfte von da an nicht Brot backen. Daher wurde am Thomastag oder in den Tagen vorher das Kletzenbrot gebacken. 

Vier Rauhnächte – oder doch nur drei?

Bis heute hält sich das Räuchern in den Rauhnächten. "Es gibt vier Rauhnächte: den 21., den 24. und den 31. Dezember sowie den 5. Jänner", erklärt Ulbrich. zwei von ihnen sind "foast" oder "fett", zwei "dürr". Der 24. Dezember und der 5. Jänner waren foast, weil man gute Speisen wie Rauhnachtkrapfen und Fleisch auftischte. Die anderen beiden galten als dürr, weil das Essen nicht so üppig ausfiel. Hier hakt Heimatforscher Jörg Strohmann vom Heimat- und Museumsverein Windischgarsten ein und fügt hinzu: "Im Garstnertal gab es auf manchen Bauernhöfen drei Rauhnächte, auf anderen jedoch vier. Bei uns ist überliefert, dass der Weihnachtsabend noch zur Fastenzeit gehört und somit dürr ist."

Beim Räuchern geht man mit Weihwasser und Weihrauch durch das ganze Haus. Bei Kusché ist zu lesen, dass man früher vor allem das Krautfass nicht ausließ. Zurück in der Stube, stellen sich alle um die Räucherpfanne und neigen ihre Köpfe über den Rauch. Unter anderem hält man Hüte über die Pfanne, das soll im darauffolgenden Jahr gegen Kopfweh helfen.

Weihnachten 1942 auf dem Bauernhof in Adlwang.  | Foto: Privatarchiv Katharina Ulbrich
  • Weihnachten 1942 auf dem Bauernhof in Adlwang.
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Goldenes Rössl statt Christkind

Nach dem ersten Weltkrieg brachte nicht das Christkind, sondern das "goldene Rössl" die Geschenke zu Weihnachten. Auch dem Nikolaus wurde diese Aufgabe eine Zeit lang zuteil, weil die Nazis das Christkind nicht wollten. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte sich das Christkind dennoch durch. "Den Christbaum gab es in unserer Region erst nach dem zweiten Weltkrieg", fährt Jörg Strohmann fort. Der Adventkranz hielt ebenfalls erst nach dem Krieg Einzug. Während vielerorts heute die – bei uns ursprünglich unüblichen – Perchten ihr Unwesen treiben, hält der Niglo-Umzug am 5. Dezember in Windischgarsten eine besondere Tradition hoch. Seit 2011 gehört er zum österreichischen immateriellen Kulturerbe der Unesco. Einige Figuren, vom Klaubauf bis zur Habergeiß, sind nur im Garstnertal zu finden. Angeführt werden sie vom Niglo-Herrn, auf dessen Stab sich das goldene Rössl befindet.

Das Frau-Tragen

Den Brauch des "Frau-Tragens" gab es unter anderem im Steyrtal. August Pfaffenhuemer vom Verein Kulturregion Eisenwurzen beschreibt: "Ein Bild oder eine Statue der Muttergottes wurde in den Tagen vor dem Heiligen Abend von Haus zu Haus getragen. Zurückzuführen ist das auf die Geschichte der Herbergssuche. Das Bild blieb einige Zeit vor Ort, dann wurde es weitergegeben."

In der heiligen Nacht sollen die Tiere im Stall sprechen können. Katharina Ulbrich weiß: "Diese Idee kommt aus dem germanisch-keltischen Brauchtum, dass sich zur Wintersonnwende die Tore zur Unterwelt öffnen und neue Fähigkeiten herauskommen". Zu Weihnachten und Silvester hängt man übrigens keine Wäsche auf. "Man sagte: Bis zum Heiligen Abend muss alles sauber sein, sonst kommt das Christkind nicht", schildert Katharina Ulbrich. Karten spielen und derbe Späße waren ebenfalls verboten, das rief nämlich das Böse auf den Plan.

Kripperlroas und Apfelhaus

Eine wichtige Zeremonie ist das Krippenaufstellen am 24. Dezember. Oft wird die Krippe schon früher hergerichtet, das Jesuskind folgt erst am Heiligen Abend. Bei der Kripperlroas geht man zu den Nachbarn und schaut sich die Krippen an. Rund 100 davon kann man ab 24. Dezember wieder im gesamten Mollner Gemeindegebiet besuchen. Die Pläne findet man bei öffentlichen Plätzen wie Gemeinde, Gasthäusern und Banken sowie online auf www.molln.at.

Ein Brauch, der bei Handwerkern weit verbreitet war und ist, ist das Apfelhaus. Aus kleinen Stäbchen wurde ein kleines Haus gebaut und hängte Äpfel hinein. Darunter kommen kleine Geschenke.

Störibrot anschneiden

Einen schönen Brauch, für den 26. Dezember gibt es bis heute noch: Das Störibrot – oder Kletzenbrot – anschneiden. Burschen nutzen an diesem Tag die Gelegenheit, um den Mädchen ihre Aufwartung zu machen. Der Bursch schneidet vom "Ster" ein kleine Scherzel ab, dass das Mädchen mit seiner Schürze auffängt. Das Scherzel soll so klein sein, dass es in eine Zündholzschachtel passt. Der Laib muss auf der Anschnittstelle stehenbleiben. Als erschwerte Bedingung wird noch das Messer auf den Scherz gelegt und ein volles Schnapsstamperl auf das Messer gestellt. Ist der Anschnitt vollbracht, wird das Zündholzschachterl vom Dirndl in der Küche in Geschenkspapier gepackt und verschnürt. Ist es dem Burschen wohl gesonnen, so befindet sich in der Zündholzschachtel auch wirklich das Störi-Scherzerl. Ist aber eine Kartoffelschale oder ein Stein darin, so will sie von ihm nichts weiter wissen. Ein leeres Schachterl bedeutet Unentschlossenheit. Am Ende des Besuches hängt sie ihr "Packerl" dem Anschneider um den Hals. Findet dieser zu Hause den Störi-Scherz darin, darf er das Mädchen bei nächster Gelegenheit auf ein Getränk einladen.

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