„Keine Stasi-Methoden!“

Martin Grander im Bezirksblatt-Gespräch.
  • Martin Grander im Bezirksblatt-Gespräch.
  • hochgeladen von Klaus Kogler

In einer zehnteiligen Interview-Reihe während der Sommerwochen bitten wir interessante Personen aus dem Bezirk vors Bezirksblätter-Mikrophon.

KITZBÜHEL/WAIDRING (niko). Wir sprachen mit Dr. Martin Grander, Vize-BH, Leiter Referat Gewerberecht und Grundverkehr über Gewerbliches, Zweitwohnsitze und schwierigen Grundverkehr.

BEZIRKSBLATT: Wir bitten um einen erklärenden Einblick bzw. eine Übersicht über die Agenden des behördlichen Gewerbereferates?
GRANDER:
„Im Gewerbereferat der BH werden hauptsächlich Gewerbeanmeldungen der verschiedensten Gewerbetreibenden entgegengenommen und Betriebsanlagenverfahren abgewickelt. Diese Verfahren beschäftigen sich mit den Auswirkungen der Anlagen auf Nachbarn, Kunden, Arbeitnehmer usw., wobei parallel notwendige Verfahren - wie wasserrechtliche, naturschutzrechtliche oder forstrechtliche Genehmigungsverfahren - von uns mitvollzogen werden.

Im Gewerbereferat wird bzw. werden aber nicht nur die Gewerbeordnung vollzogen, sondern auch viele andere Gesetze (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz/Arbeisruhegesetz, Bäderhygienegesetz, Mineralrohstoffgesetz, Seilbahngesetz, Güterbeförderungsgesetz, usw.). Dem Gewerbereferat unserer BH sind auch das Grundverkehrsgesetz und Höfegesetz zugeteilt.“

Staut es sich im Referat, z. B. ob der Fülle an Gewerbeanmeldungen?
GRANDER:
„Da viele Ansuchen eingehen, sind die MitarbeiterInnen im Gewerbereferat permanent unter Druck. Da mir aber kompetente und motivierte MitarbeiterInnen zur Seite stehen, lassen sich die Ansuchen größtenteils in einer akzeptablen Zeitspanne abarbeiten. Komplizierte Fälle dauern mitunter länger und binden viel Arbeitskraft, dies bringt ein Anlagenreferat aber mit sich.“

Der Grundverkehr ist besonders in der Region Kitzbühel eine sensible, medienwirksame Materie. Wie geht man behördlich damit um? Macht man sich Feinde?
GRANDER:
„Die Vollziehung grundverkehrsrechtlicher Bestimmungen ist in unserem Bezirk eine besondere Herausforderung. Für den Verkehr mit Baugrundstücken gilt ja betreffend EU-Bürger das Erklärungsverfahren, d.h. die Grundkäufer müssen nur erklären, keinen Freizeitwohnsitz zu errichten bzw. ein unbebautes Baugrundstück innerhalb einer bestimmten Zeit zu bebauen. Für den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke benötigt man eine Genehmigung der Bezirks-Grundverkehrskommission, wobei natürlich gewisse Begehrlichkeiten vorhanden sind und der Vollzug der Genehmigungsbestimmungen eine große Herausforderung darstellt. Dabei macht man sich sicherlich auch ‚Feinde‘. Ich sehe es aber dennoch als ganz wesentlich an, die Genehmigungskriterien des Gesetzes objektiv ohne Ansehen der Person streng zu prüfen.“

Angesichts der enormen Zweitwohnsitz-Dichte in der Region – kann man von einem Ausverkauf (an Nicht-Einheimische) sprechen?
GRANDER:
„Es war ganz klar, dass der EU-Beitritt Österreichs auch zwangsläufig eine Öffnung des Grundstücksmarktes nach sich zog. Dies hatte natürlich zur Folge, dass vermehrt vermögende EU-Bürger Grundstücke in attraktiven Regionen Tirols erwarben. Wir leben in einer solchen Region und haben die Folgen dieser Entwicklung zu tragen, mit allen positiven und vor allem negativen Aspekten. Ob man von einem ‚Ausverkauf‘ sprechen kann, wage ich nicht zu beurteilen.“

Stichwort „illegale Freizeitwohnsitze“ – wie ist hier der aktuelle Stand, wie viele Anzeigen im Bezirk gibt es und wie werden diese behandelt? Die Kontrolle dürfte schwierig bis unmöglich sein?
GRANDER:
„Wie erwähnt, gilt für den Erwerb von Baugrundstücken das ‚Erklärungsverfahren‘. Die Behörde hat also keine Möglichkeit, im Vorhinein eine allfällige rechtswidrige Nutzung als Freizeitwohnsitz zu prüfen. Es genügt, wenn der Erwerber erklärt, ein Grundstück nicht als Freizeitwohnsitz zu nutzen. Mit dieser Erklärung bekommt er von der Behörde eine Bestätigung (nötig für die Grundbuchseintragung). Einem Grundkäufer im Nachhinein nachzuweisen, dass er ein Grundstück als Freizeitwohnsitz nutzt, ist sehr schwierig. Die Behörde setzt sich im Ermittlungsverfahren permanent dem Vorwurf aus, durch Nachforschungen beim Grundstück und im persönlichen Lebensbereich des Betroffenen verfassungsgesetzliche Grundrechte zu verletzen. Als juristisch gebildetem Menschen fällt es mir im Hinblick auf fragwürdige Praktiken in autokratischen Staaten auch äußerst schwer, mit ‚Stasi-Methoden‘ und in Geheimdienstmanier persönliche Lebensumstände von Personen auszukundschaften, das hat ein liberaler Rechtsstaat nicht nötig. In der Praxis erhalten die Behörden immer wieder Anzeigen des Landesgrundverkehrsreferenten wegen des Verdachts illegaler Nutzungen von Freizeitwohnsitzen. Wir konfrontieren die Betroffenen offensiv mit den Anzeigen und fordern eine Stellungnahme. Die Stichhaltigkeit dieser Stellungnahmen wird genau geprüft. Meistens argumentieren die Betroffenen damit, einen ‚Arbeitswohnsitz‘ begründet zu haben, was nach bisheriger Lesart den Vorwurf der rechtswidrigen Nutzung als Freizeitwohnsitz ausschloss. In seiner jüngeren Judikatur hat aber der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass von einem anderen Wohnsitz als einem Freizeitwohnsitz nicht gesprochen werden könne, ‚wenn kein deutliches Übergewicht hinsichtlich der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers feststellbar ist, auch wenn er dort gelegentlich seinen Beruf betreffende Tätigkeiten ausüben sollte.‘ Diese Judikatur werden wir künftig verstärkt beachten.
Zu den Zahlen: Es sind  etwa 20 Anzeigen in Bearbeitung, es kommen laufend neue hinzu.“

Ergänzend zur vorigen Frage: Ist der Grundverkehr ein Kampf gegen Windmühlen?
GRANDER:
„Es klingt sehr theatralisch, die Vollziehung des Grundverkehrs so zu bezeichnen, kommt aber betreffend illegale Freizeitwohnsitze der Wahrheit teilweise doch nahe.“

Abschließend: Ihre Meinung zum erzielten Kompromiss in Sachen BH-Um- und Ausbau in Kitzbühel?
GRANDER:
„Der Kompromiss ist im Sinne aller Beteiligten (Kunden, Gemeinde, Bedienstete, ...) aus meiner Sicht zu begrüßen und hoffentlich ein Schlusspunkt in einer nicht immer sehr sachlich geführten Diskussion.“

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