Am eigenen Leib: "Buggeln" auf der Festung

Hans Söllner am 26. Juni in Kufstein – ich habe die Vorbereitungen dieser Veranstaltung begleitet.
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  • Hans Söllner am 26. Juni in Kufstein – ich habe die Vorbereitungen dieser Veranstaltung begleitet.
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KUFSTEIN (mel). Tausende Besucher pilgerten am Freitag zum Konzert von Hans Söllner und seiner Band "Bayaman’Sissdem" auf die Festung Kufstein. Ich habe mich einen Tag lang hinter die Kulissen dieser Großveranstaltung gewagt, und den Aufbau, kleine und mittelschwere Krisen sowie die Künstlerbetreuung und die finalen Checks mitverfolgt.

"Am Anfang war der Rider"

Bereits am Vormittag hätte der Aufbau starten sollen, um diese Zeit war ich aber noch ziemlich allein auf der Festung und zog wieder von dannen. Um 15 Uhr war hingegen schon deutlich mehr los: Die zuvor noch nackte Bühne war bereits verkabelt und behangen wie ein Christbaum. Drei Techniker brauchen etwa fünf Stunden für einen Bühnenaufbau dieser Größenordnung. Die Festung erfodert dabei besondere Planung, denn hier dürfen nur Klein-LKW hinauffahren.
Vor der Bühne traf ich Hansjörg, den Technikchef von Lindner Music, der mich sogleich in die Geheimnisse der Veranstaltungsbranche einweihte. Regel Nummer eins: Den Rider beachten. Diese Liste beinhaltet alles Mögliche und Unmögliche, was sich Künstler und Management für eine Veranstaltung wünschen. Das beginnt bei den Scheinwerfern und endet beim Bio-Veganen Schoko-Kokos-Pudding, der bei exakt 22,5 Grad Innentemperatur drei Minuten nach dem Konzert zum Verzehr bereit stehen soll. "Alle Künstler sind da verschieden. Da gibt es ganz einfache und bodenständige Rider, so wie heute, aber auch abstrakte Forderungen, die wir schwer oder gar nicht erfüllen können. Verhandeln ist hier das A und O", schmunzelte Hansjörg.

Ein Blick in die heiligen Hallen

Anschließend verschlug es mich in den Backstagebereich – das kleine, temporäre Zuhause eines jeden Künstlers. Hier soll sich die Crew wohlfühlen, entspannen und zu Kräften kommen. Umso wichtiger, dass dort alles nach Plan läuft und perfekt aufeinander abgestimmt ist.
"Wir richten uns auch hier nach den Wünschen der Bands", so Martin, Marketingleiter von Lindner Music. "Einmal haben wir für ein Konzert auf der Festung sogar eine ganze Küche im Backstagebereich eingebaut." Im heutigen Fall fiel der Rider etwas bescheidener aus: Regionale Schmankerl aus dem Bioladen, ein paar kühle Getränke und Hans Söllner und seine Band waren zufrieden. Sitzgelegenheiten, Kaffeemaschine und ein Kühlschrank komplettierten diesen gemütlichen Rückzugsort mitten in der Festungsarena.

Wie war das gleich nochmal mit dem Trick 17?

Danach ging es wieder nach draußen und ich versuchte mich mit Lukas von GP-Music am Aufbau von Beachflags und Bannern. Hier merkte ich, wie genau man selbst bei den einfachsten Sachen mitdenken muss: Einpacken, aufbauen, draufkommen, dass man die Schere vergessen hat, runter, rauf, und dann: zu wenig Kabelbinder. Oh Mann! Zum Glück lassen sich mit meterlangem Draht, MacGyver-Techniken und logischem Denken fast alle Probleme beheben.
Als schließlich alle Banner und Flaggen in der richtigen Position hingen, machten wir uns an die Errichtung des Bühnengrabens – dem Territorium der Fotografen und manchmal auch einiger besoffener Crowdsurfer, die hier von den Securities aufgefangen werden.
Ganz schön schwer, diese Absperrgitter. Aufheben, drehen, einklinken…und schon war es passiert: AUA! Lukas quetschte sich den Finger und blutete, als wenn es kein Morgen gäbe. Zum Glück war schon ein Sanitäter vor Ort, der sich sofort um Verband und Versorgung des Verletzten kümmerte. (Gute Besserung, Lukas!)
Bei dieser "Gelegenheit" machte ich mir gleich ein Bild vom Rettungsbereich. Samariterbund-Chef Gerhard Czappek erklärte mir ein paar Eckdaten: "Heute haben wir drei Betten aufgebaut, weitere zehn sind auf Reserve. Wir haben Material für die unterschiedlichsten medizinischen Notfälle vor Ort und sind bestens gerüstet." Ein fundiertes Sicherheitskonzept ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Planung von Großveranstaltungen. Mithilfe der "Maurerformel" wird berechnet, wie viele Sanitäter und Securities es beim jeweiligen Event braucht.
Am Freitag war der Rettungsdienst mit einem Notarzt und neun Sanitätern vertreten, zwei Fahrzeuge waren in unmittelbarer Nähe zur Veranstaltung geparkt. Bei der anschließenden Teambesprechung wurde nochmals vereinbart wer wo stationiert ist. "Die Organisation untereinander läuft sehr gut. Auch wir richten uns immer nach der Art der Veranstaltung und dem Publikum. Beim Operettensommer zum Beispiel herrschen völlig andere Bedingungen als auf einem Rockkonzert", sagt Czappek.

Das Kassahäusl

Meine nächste Erkundungstour führte mich zur Bastion der kühlen Köpfe: die Abendkassa. Innerhalb weniger Minuten kamen gleich mehrere Probleme auf uns zu, die einer raschen Entscheidung und Telefonaten mit den Veranstaltern bedurften: Umtausch von Tickets, zerrissene Karten, Gästelistencheck und das Verteilen von Fotopässen. Hut ab vor der grenzenlosen Geduld und Genauigkeit der charmanten Abendkassadamen!

Jetzt wird es ernst

Gegen 18.30 Uhr warteten bereits mehrere hundert Leute am Festungaufgang auf den Startschuss. Nur noch 30 Minuten bis zum offiziellen Einlass. Die 14 anwesenden Securities erklärten mir, dass bei den Einlasskontrollen u.a. Deos, Regenschirme und Glasflaschen abgenommen werden. Hin und wieder haben Konzertbesucher auch Waffen bei sich. Das Security-Personal ist jedoch auf alle Eventualitäten vorbereitet und bestens eingeschult.
Nachdem der Veranstalter um 19 Uhr sein finales OK gegeben hatte, füllte sich die Festungsarena innerhalb weniger Minuten. Kurz nach 20 Uhr war es schließlich soweit: Hans Söllner und seine Band betraten die Bühne und begeisterten die Fans mit einem lockeren Freiluftkonzert und witzigen Ansagen. Das ganze Konzert über fieberte ich richtig mit, ob ja alles gut gehen würde. Aber zum Glück verlief die Veranstaltung reibungslos und die Besucher verließen glücklich und gut gelaunt die Festungsarena.

Wieder zuhause, hat mir dann mein Handy meine müden Beine bestätigt: Sage und schreibe neun (!) Kilometer habe ich an diesem Tag beim Aufbau zurückgelegt. Was man nicht im Kopf hat, hat man eben in den Füßen und so ist das spannende Veranstalterdasein zugleich auch ein stattliches Workout ;-)

Die nächsten vier Konzerte auf der Festung Kufstein:
3. Juli SIGMA
4. Juli Herbert Pixner
7. Juli TOTO
10. Juli LaBrassBanda

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