Sexuelle Übergriffe
Evita Kufstein ortet mehr Fälle mit K.-o.-Trop­fen

Wenn der gesellige Abend zum Albtraum wird: Im Bezirk Kufstein gibt es einen Anstieg an sexueller Gewalt im Zusammenhang mit K.o.-Tropfen.  | Foto: Pixabay
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  • Wenn der gesellige Abend zum Albtraum wird: Im Bezirk Kufstein gibt es einen Anstieg an sexueller Gewalt im Zusammenhang mit K.o.-Tropfen.
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Alleine seit dem Sommer wurden der Beratungsstelle in Kufstein drei Fälle von sexueller Gewalt mit Vergewaltigungsdrogen gemeldet. Zugetragen haben sich die Fälle im Bekanntenkreis und auf Privatpartys. 

KUFSTEIN. "Ich kann mich an nichts mehr erinnern." Kommt dieser Satz nach einer Party oder durchzechten Nacht, könnte mehr dahinter stecken als nur eine alkoholbedingte Erinnerungslücke. Die oder der Betroffene könnte Opfer von K.-o.-Trop­fen und sexueller Gewalt geworden sein.
Die Kufsteiner Frauen- und Mädchenberatungsstelle Evita schlägt nun jedenfalls Alarm: Es gibt aktuell mehr bekannte Fälle, bei denen Mädchen oder Frauen Opfer einer Vergewaltigung im Zusammenhang mit K.-o.-Tropfen wurden. In der Vergangenheit meldete sich im Schnitt pro Jahr maximal ein Opfer in diesem Zusammenhang in Kufstein bei Evita, wenn überhaupt. Alleine seit dem heurigen Sommer waren es bereits drei. Die Dunkelziffer dürfte sogar deutlich höher liegen. 
Dabei beschränkt sich dieses Phänomen nicht nur auf den Bezirk Kufstein. Laut Evita gibt es im ganzen Bundesland mehr dieser Fälle. Die Opfer sind meistens im Alter von 15 bis 30 Jahren. Auch Burschen und junge Männer werden laut Angaben weiterer Einrichtungen im Netzwerk von Evita immer öfter Opfer von Vergewaltigungsdrogen und sexuellen Übergriffen. 

K.o. auf der Privatparty

Ob die gestiegene Zahl an bekannten Fällen im Bezirk Kufstein an einer höheren Bereitschaft bei jungen Frauen liegt, eine solche Vergewaltigung zu melden, oder nicht, lässt sich aktuell noch schwer einschätzen. Dennoch: "Die Klientinnen erzählen auch von ihrem Bekanntenkreis, dass es dort schon jemandem passiert ist", sagt Evita-Geschäftsführerin Brigitte Winkler. Jedes Opfer habe eine weitere junge Frau gekannt, der dies ebenfalls widerfahren sei, betont Lehmann. Das Erschreckende: Diese Vergewaltigungen passieren meist im Bekanntenkreis und auf Privatpartys – auch im Bezirk Kufstein und im Tiroler Unterland. 
Durch die Corona-Pandemie habe sich 2020 alles in den privaten Bereich gedrängt, erklärt Winkler. "Es gibt bei Mädchen dieser Tage schon ein Bewusstsein, dass man Getränke nicht alleine, unbeaufsichtigt stehen lässt, aber das ist mehr im öffentlichen Raum", erklärt Evita-Geschäftsführerin Lisbeth Lehmann. Im privaten Bereich hätten junge Frauen oft eine geringere Achtsamkeit. Lehmanns Botschaft: "Das kann überall passieren – nicht nur im Lokal, sondern durchaus auch zu Hause." 

Es gibt Drogeriemärkte, die Armbänder anbieten, die anzeigen, ob in einem Getränk Substanzen von K.o-Tropfen enthalten sind. Zu 100 Prozent schützen sie aber nicht.  | Foto: Barbara Fluckinger
  • Es gibt Drogeriemärkte, die Armbänder anbieten, die anzeigen, ob in einem Getränk Substanzen von K.o-Tropfen enthalten sind. Zu 100 Prozent schützen sie aber nicht.
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Bei Erinnerungslücken zum Arzt

Die Fälle sind auch deswegen schwierig, weil sie oft in einer Clique, innerhalb eines Freundeskreises passieren. Im Zuge dessen kommt es auch dort oft zu einer Art Täter-Opfer-Umkehr. 

"Auch wenn die junge Frau eine Anzeige machen will, wir müssen im Aufklärungsgespräch darauf hinweisen, dass der Fall wahrscheinlich gar nicht von der Staatsanwaltschaft aufgenommen wird",

sagt Winkler. Das Dilemma: Der Täter betont, dass der Geschlechtsverkehr im Einvernehmen passiert sei. Das Opfer kann sich wegen der K.o.-Tropfen an nichts mehr erinnern. Die Substanzen können zudem nur noch bis zum Tag nach der "Einnahme" nachgewiesen werden. Wurden sie nicht sofort nachgewiesen, hat das Opfer nichts in der Hand. Deswegen sei es wichtig, sich unmittelbar zum Arzt oder ins Krankenhaus zu begeben, falls nach einer Party oder dem Ausgehen Erinnerungslücken auftauchen, betonen die Evita-Geschäftsführerinnen. 

"Das Thema ist immer nur: Wie schützen sich Mädchen? Auf Täterseite wird überhaupt nicht geschaut, was es auch an Aufklärung braucht, dass jemandem bewusst wird, dass sein Tun strafbar ist und er Hilfe braucht", sagt Lisbeth Lehmann.  | Foto: Barbara Fluckinger
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Aufeinander aufpassen und mehr Bewusstsein

Ihre Botschaft an junge Frauen: Es sei besonders wichtig, aufeinander aufzupassen – auch auf privaten Feiern. Wenn auffälliges Verhalten bei einer Freundin beobachtet wird – Schwindel, Übelkeit, eingeschränkte Koordination der Bewegung oder Bewusstseinsverlust, – gilt es wachsam zu sein, bei ihr zu bleiben und sie zu schützen.
Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, ein Bewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen, dass auch die Täter Hilfe brauchen, betonen Winkler und Lehmann. "Das Thema ist immer nur: Wie schützen sich Mädchen? Auf Täterseite wird überhaupt nicht geschaut, was es auch an Aufklärung braucht, dass jemandem bewusst wird, dass sein Tun strafbar ist und er Hilfe braucht", sagt Lehmann. (bfl)

Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.
Weitere Beiträge über Evita in Kufstein findest du hier.

Verein Evita Kufstein blickt nach zwanzig Jahren zurück
Wenn der gesellige Abend zum Albtraum wird: Im Bezirk Kufstein gibt es einen Anstieg an sexueller Gewalt im Zusammenhang mit K.o.-Tropfen.  | Foto: Pixabay
Die Evita-Geschäftsführerinnen Brigitte Winkler und Lisbeth Lehmann (v.l.) bieten in der Beratungsstelle Kufstein Hilfe für Frauen und Mädchen an, die Opfer von Gewalt wurden.  | Foto: Barbara Fluckinger
"Das Thema ist immer nur: Wie schützen sich Mädchen? Auf Täterseite wird überhaupt nicht geschaut, was es auch an Aufklärung braucht, dass jemandem bewusst wird, dass sein Tun strafbar ist und er Hilfe braucht", sagt Lisbeth Lehmann.  | Foto: Barbara Fluckinger
Es gibt Drogeriemärkte, die Armbänder anbieten, die anzeigen, ob in einem Getränk Substanzen von K.o-Tropfen enthalten sind. Zu 100 Prozent schützen sie aber nicht.  | Foto: Barbara Fluckinger
Egal ob in der Öffentlichkeit oder auf Privatpartys: Man sollte sein Getränk nicht aus den Augen verlieren.  | Foto: Pixabay
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