Halter missachten Leinenpflicht
Immer wieder reißen freilaufende Hunde in Wörgl Rehe

Nahe der Wörgler Sprungschanze fanden die Jäger gerade erst diesen Monat wieder ein von Hunden gerissenes Reh. | Foto: Obholzer
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Immer wieder finden die Waidleute von freilaufenden Hunden gerissene Rehe im Wörgler Jagdgebiet. Sie appellieren eindringlich an die Halter: "Hunde im Wald, Flur und Feld an die Leine!" Der Auftrag zum Abschuss wurde erteilt!

WÖRGL (nos). Im schneereichen Winter 2018/19 kam das Wild nur mit hohem Energieaufwand zu den Fütterungsstellen, besondere Ruhe war nötig, die Tiere hatten kaum Chance und Energie zu fliehen, wenn sie aufgescheucht wurden. "Dem Wörgler Wild wurde es besonders schwer gemacht. Von Dezember bis April fanden wir im Jagdrevier eine Vielzahl von Hunden gerissener Rehe. Ein Wanderer musste sogar mitansehen, wie zwei Hunde ein Reh rissen und fast zur Gänze auffrassen. Das sind schreckliche Bilder", berichtet Sabine Obholzer, Pächterin der Wörgler Genossenschaftsjagd.

Wild braucht einen ungestörten Rückzugsort

Während die Wörgler Bevölkerung stetig wächst und Wohnraum sowie Freizeiteinrichtungen wie Mountainbike- und Wanderrouten, Skigebiete etc. ausgebaut werden, wird der Lebensraum für das Wild immer kleiner und die Tiere werden immer öfter gestört.

"Auf das Wildern der Hunde werden wir nur durch Zufälle beim Reviergang oder aufmerksame Spaziergänger aufmerksam. Selten meldet der Hundebesitzer selbst ein totgebissenes Tier. Wildernde Hunde waren sogar tagelang, herrenlos und fernab von Forst- und Wanderwegen unterwegs und kehren mit blutiger Schnauze nach Hause. Wie viel gerissene Rehe es tatsächlich sind, bleibt unbekannt, denn wird ein Reh gerissen, liegt es längstens zwei bis drei Nächte im Wald und wird vom Fuchs geholt", schildert die Jagdpächterin.

"Einzelne solcher Fälle treten immer wieder auf, auch bei uns im Bezirk", erklärt Bezirksjägermeister Michael Lamprecht aus Thiersee auf Nachfrage der BEZIRKSBLÄTTER. Dass es in Wörgl aktuell ein vermehrtes Aufkommen gäbe, sei ihm aber noch nicht zur Kenntnis gebracht worden: "Normalerweise werde ich darüber von der Behörde, der Polizei oder den Jagdpächtern informiert."

"Das Reh hat kaum eine Chance, dem jagenden Hund zu entkommen. Das Wild durchlebt eine Hetzjagd. Es stirbt meist einen qualvollen Tod oder muss vom Jäger mit einem Fangschuss erlöst werden. Erst nachdem der Hund das Reh gerissen hat, ist sein Trieb befriedigt. Dabei wird es oft sehr stark verletzt: abgerissene Hinterläufe, offene Bisswunden in Hals und Brustkorb … und auch angefressen, wie wir in Wörgl sehen mussten. Wenn Hunde eine führende Rehgeiss treffen, wird gleichzeitig auch der Nachwuchs getötet", führt Obholzer weiter aus. Ein Hund, der ein Stück Wild wittert, sei nicht mehr von seinem Jagdtrieb abzuhalten. Er stelle dem Wild nach, bis er es erwischt hat und verbeiße sich in ihm.

Für die Jägerin bleibt klar:

"Tatsache ist, reißt ein Hund ein Mal, so reißt er immer wieder. Das will kein Tierliebhaber!"

Bezirksjägermeister Lamprecht pflichtet bei: "Für ein Reh ist eine solche Hatz durch einen Hund eine Katastrophe. Der Hund hat diesen Instinkt, auch wenn ihn seine Halter nur als Haus- und Schoßhund kennen."

Nicht allen Hundebesitzern sei bewusst, dass ihr Vierbeiner in freier Wildbahn an die Leine gehört. "Das hat mit Verantwortung zu tun! Wenn wir Jäger Hundebesitzer bitten, den Hund anzuleinen, stoßen wir meist auf Unverständnis. Es gibt immer ein erstes Mal, so wie heuer bei einem Wörgler Labrador. Er hetzte und biss ein Reh zu Tode, für die Hundebesitzerin bislang unvorstellbar", weiß die Jägerin zu berichten.

Strafen, Abnahme oder sogar Abschuss

Ein Verstoß gegen den Leinenzwang kann teuer werden, Strafen und Schadenersatzansprüche bis zum Verlust des Hundes sind die Folge, wenn ein Hund wildert. Gemäß Landespolizeigesetz herrscht im gesamten Waldgebiet Leinenzwang, laut Verordnung der Stadtgemeinde sind Hunde auch auf den Spazierwegen Möslalmweg und Filzweg sowie auf den Wörgler Laufstrecken Fuss-Fit-Runde, Egger Runde, Feller Strecke, Grisu Runde, Solar Klingler Runde und der Abkürzungsstrecke an die Leine zu nehmen. Geldstrafen von bis zu 360 Euro drohen bei Zuwiderhandeln.

"Der Jäger ist mit seinem Hund sehr verbunden, sind sie uns wohl ein treuer Begleiter. Als Pächterin des Wörgler Jagdreviers sah ich mich nach den vielen Vorfällen verantwortlich, meinem Aufsichtsjäger und Jagdkollegen den Auftrag zum Abschuss von wildernden Hunden  zu erteilen. Einen wildernden Hund zu erlegen ist ein unschönes Jagderlebnis. Viel schöner ist ein gutes und respektvolles Verhältnis zwischen Tier, Mensch und allen Natur-, Tier- und Wildtierliebhabern!"

Sabine Obholzer, Jagdpächterin Wörgler Genossenschaftsjagd.

Gemäß § 35 Abs. 2c und Abs. 5 des Tiroler Jagdgesetz 2004, Novelle 2015 – der Paragraph regelt die Befugnisse der Jagdschutzorgane – ist es Jägern erlaubt

"Hunde, die wildernd angetroffen werden oder sich außerhalb der Einwirkung ihres Herrn befinden und offensichtlich eine Gefahr für das Wild darstellen, und Katzen, die in einer Entfernung von mehr als 1.000 Metern vom nächstgelegenen bewohnten Haus oder wildernd angetroffen werden, zu töten, und zwar auch dann, wenn sie sich in Fallen gefangen haben. Haushunde sowie Gebrauchshunde, wie etwa Jagd-, Such-, Blinden-, Polizei- und Hirtenhunde, dürfen nicht getötet werden, wenn sie als solche erkennbar sind, in dem ihnen zukommenden Dienst verwendet werden und sich nur vorübergehend der Einwirkung ihres Herrn entzogen haben."

"Abschuss ist das letzte Mittel"

"Ich setze natürlich zu aller erst auf den Dialog mit den Besitzern", erklärt Bezirksjägermeister Lamprecht, "aber wenn diese nicht anzutreffen sind, so etwas immer wieder vorkommt, dann wird man den gesetzlichen Rahmen ausschöpfen müssen. Der Abschuss ist aber für uns Jäger immer das letzte Mittel. Einen wildernden Hund oder eine Katze abzuschießen wirft immer ein extrem schlechtes Licht auf die Jägerschaft, egal wie gerechtfertigt die Maßnahme ist." Sabine Obholzer hält fest: "In meiner Jagdperiode seit 2015 kam es noch zu keinen Abschüssen dieser Art. Leider haben sich die Fälle von durch Hunde gerissenen Rehen gehäuft und man muss hier etwas unternehmen." Sie verweist auch auf die touristisch geprägte Wildschönau, wo sich solche Vorfälle ebenfalls häufen sollen.

Die Wörgler Jagdpächterin und ihre Waidwerks-Kollegen appellieren an die Hundehalter den Leinenzwang ernst zu nehmen und einzuhalten. Und sie hoffe auf Verständnis, wenn es zu Anzeigen bei Zuwiderhandeln komme. Zwangsweise Abschüsse von wildernden Hunden wolle man von Seiten der Jäger jedenfalls vermeiden, es könne aber notwendig werden.

Alle Beiträge zum Thema wildernde Hunde finden Sie hier.
Alle Beiträge zum Thema Jäger finden Sie hier.

Nahe der Wörgler Sprungschanze fanden die Jäger gerade erst diesen Monat wieder ein von Hunden gerissenes Reh. | Foto: Obholzer
Reste eines im Dezember 2018 von zwei Hunden gehetzten und schließlich gerissenen Rehs im Wald bei Bad Eisstein. | Foto: Obholzer
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