Analyse
Kokain schwimmt weiterhin im Kufsteiner Abwasser vorne mit
Kufstein bleibt laut Abwasseranalyse 2021 eine österreichische Hochburg für Kokain. Es gab zwar einen Rückgang bei der Partydroge Ecstasy, der Cannabis-Konsum ist aber gestiegen.
KUFSTEIN. Wer sich einen Überblick über den Drogenkonsum in europäischen Städten verschaffen will, kann seine Augen auf das Abwasser der einzelnen Regionen richten. In dessen Tiefen schwimmen auch Drogen bzw. deren Stoffwechselprodukte, welche Rückschlüsse auf den Drogenkonsum zulassen. Genau diese Tatsache macht sich das abwasserbasierte Drogenmonitoring zu Nutze.
So wurden im Jahr 2021 Abwässer von 110 Kläranlagen in 90 europäischen Städten genau unter die Lupe genommen. Über eine Woche lang wurden im Sommer für die jährliche "SCORE-Studie" täglich Proben vom Zufluss der Kläranlagen entnommen. Mit dabei auch neun österreichische Regionen, in denen ein Drogenmonitoring durchgeführt wurde. Die untersuchten Regionen waren Graz, Innsbruck, Hall-Wattens, Strass im Zillertal, Millstättersee, Kapfenberg, Hofsteig, Erlauftal und Kufstein. Auch Abwasser einer Südtiroler Kläranlage wurde analysiert. Die Untersuchung lässt Rückschlüsse auf den Drogenkonsum von fast einer Million Menschen in Österreich und Südtirol zu.
Kokain ist oft in Kufsteiner Nasen
Das Ergebnis der europaweiten Abwasseranalyse bestätigt Trends, die bereits 2020 beobachtbar waren. Der Pro-Kopf-Konsum an Alkohol und Nikotin innerhalb Österreichs ist relativ einheitlich, auch Kufstein schwimmt hier im Trend mit. Anders sieht es bei Kokain aus: Dieses bleibt eine Droge, die in der Festungsstadt oft konsumiert wird. Vielmehr noch weist Kufstein innerhalb von Österreich nach wie vor den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Kokain auf. Die Ergebnisse zeigten bei Kokain einen Verbrauch von 401,61 mg pro 1.000 Personen pro Tag, wobei diese Mengen an einem sogenannten "Konsummarker" gemessen werden.
Im Vergleich zum Jahr 2020 ist das immerhin ein leichter Rückgang, damals verzeichnete Kufstein noch 404,04 mg pro 1.000 Personen pro Tag. Mit einem hohen Kokainkonsum steht die Festungsstadt zudem nicht alleine da. Der Kokainkonsum in Kufstein liegt im "Trend" innerhalb der westösterreichischen Regionen – Innsbruck (274,18 mg) und Hofsteig (351,72 mg) verzeichnen ebenfalls hohe Werte.
Mehr Cannabiskonsum
Ein hoher Anstieg im Vergleich zum Jahr 2020 ergab sich im vergangenen Jahr in Kufstein bei Cannabis: 91,24 mg pro 1.000 Personen pro Tag wurden hier gemessen, 2020 waren es "nur" 59,41. Der Studienleiter und Leiter des zuständigen forensisch-toxikologischen Forschungslabors an der Innsbrucker Gerichtsmedizin, Herbert Oberacher, beobachtete dieses Phänomen allerdings in mehreren Regionen Österreichs und behandelt dies mit Vorsicht. "Das hängt auch immer davon ab, in welcher Phase des Lockdowns man war bzw. welche Maßnahmen gerade in Kraft waren", sagt Oberacher.
Cannabis wird in städtischen Regionen jedenfalls typischerweise mehr konsumiert als in ländlichen Regionen. Zwischen österreichischen Regionen ist dabei in der Regel kein großer Unterschied beobachtbar. "Da reiht sich Kufstein einfach ein", sagt Oberacher.
Weniger griffen zu Ecstasy
Der Vergleich zwischen den Ergebnissen vor der Pandemie (2019) und den vergangenen beiden Pandemie-Jahren 2020 und 2021 bringt einen deutlichen Ausreißer für Kufstein: So wurde die Partydroge Ecstasy (MDMA) deutlich weniger konsumiert und hatte 2021 "nur" einen Wert von 3,07 mg pro 1.000 Personen pro Tag – das im Vergleich zu 34,88 im Jahr davor.
Bei den restlichen Substanzen ergeben sich im Vergleich vor der Pandemie und danach oft nur geringe Unterschiede. So blieben nicht nur der Alkohol- und Nikotinkonsum auf dem gleichen Level, auch der Cannabiskonsum war 2021 laut Analyse gleich hoch wie vor der Pandemie. Die Zahlen zeigen in gleicher Manier bei Kokain ein ähnliches Niveau, lediglich 2021 gab es einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2020. Bei den Amphetaminen gab es über die zwei Pandemiejahre eine leichte Zunahme.
Damit reiht sich Kufstein im Groben in einen österreichweiten Trend ein:
„Die Covid-19 Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen scheinen Auswirkungen auf den Drogenmarkt zu haben. Auch wenn es regionale Unterschiede gibt, legen unsere Ergebnisse nahe, dass es insgesamt zu einem Rückgang beim Konsum von Partydrogen, insbesondere von MDMA/Ecstasy (minus 50 Prozent) aber auch Kokain (minus 10 Prozent) und Cannabis (minus 10 Prozent), gekommen ist",
erklärt Herbert Oberacher zu den Entwicklungen in ganz Österreich.
Das konsumiert der typische Kufsteiner
Ein typischer Einwohner oder eine typische Einwohnerin Kufsteins trinkt laut der Abwasseranalyse 2021 im Schnitt "jeden Tag ein Glas Wein, raucht ungefähr drei Zigaretten und konsumiert 0,08 Joints sowie rund ein Milligramm an aufputschenden Drogen“, veranschaulicht Studienleiter Herbert Oberacher die Ergebnisse.
Auch wenn die Werte immer wieder schwanken, sei der Kokainkonsum in Kufstein einfach vorhanden, sagt Oberacher. Dieser sei aber auch in einer Größenordnung, wie sie in Westösterreich in urbanen Regionen durchaus sein könne und zu erwarten sei, so der Studienleiter abschließend. (bfl/red)
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