Nachtgespräch
Marie-Luisa Frick sprach in Kufstein über Menschenrechte
Die Philosophin Marie-Luisa Frick beleuchtete beim 14. Kufsteiner Nachtgespräch Fragen rund um das Thema "Menschenrechte in Zeiten der Pandemie".
KUFSTEIN. "Dieses Thema bewegt viele", betonte Kulturreferent Klaus Reitberger zu Beginn des 14. Nachtgespräches am Freitag, den 26. November in Kufstein. Das angesprochene Thema: Menschenrechte in Zeiten der Pandemie. Ob der gegenwärtigen Situation ist dies aktueller denn je.
Auf Grund des Lockdowns blieben die Plätze im Theater des Kultur Quartiers zwar leer, abgehalten wurde das Nachtgespräch dennoch als Online-Veranstaltung via Livestream. Als Gast begrüßen konnte Reitberger dieses Mal Marie-Luisa Frick, Philosophin und seit 2016 Assoziierte Professorin am Institut für Philosophie in Innsbruck. In einem rund vierzigminütigen Vortrag definierte sie zunächst, was Menschenrechte sind. Im Anschluss gab es für das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Menschenrechte geben Rahmen vor
Den Beginn der Menschenrechte ortet Frick im 17. bzw. 18. Jahrhundert. Dabei können Menschenrechte alleine aber nicht ein einfacher Schlüssel zur Lösung gegenwärtiger Probleme im Diskurs um die Pandemie sowie Impfpflicht sein. Dies auch, weil sie – als Aufzählung von Ansprüchen und Rechten verstanden – nicht nur ein einzelnes Menschenrecht auflisten. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gibt es sogar 29 Rechte, die auch untereinander unter Umständen in Konflikt geraten können.
Die Menschenrechte, so Frick, geben vielmehr den Rahmen vor, in welchem Staaten arbeiten und nicht das Bild. "Menschenrechte als solche, überspitzt formuliert, gibt es nicht. Es gibt bestimmte Interpretationen von Menschenrechten, auch die Interpretationen ihrer einzelnen Stellungen, der Pflichten, die aus ihnen fließen, die Pflichten, die wiederum andere Rechte begrenzen. Menschenrechte brauchen entsprechende Theorie, um wirklich konkret, sinnvoll angewandt zu werden", betont Frick.
Mehrere Rechte und Ziele in der Waagschale
In ihrem Vortrag ging die Philosophin auch auf die Themen Impfpflicht und Meinungsfreiheit ein. Menschenrechte spielen in der Pandemie konkret beim Thema Impfpflicht eine Rolle. "Für viele ist die körperliche Freiheit das Menschenrecht schlechthin", sagt Frick. Sie unterscheidet in ihren Ausführungen strikt zwischen "Impfzwang" und "Impfpflicht". Nachdem Menschen bei einer Impfpflicht noch immer die Wahl und Entscheidungsfreiheit haben, sich nicht impfen zu lassen, sei die Menschenwürde damit nicht verletzt.
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit könne dabei laut Frick in der Debatte nicht alleine in die Waagschale gelegt werden. Es kommen das Recht auf körperliche Unversehrtheit anderer Menschen und höhere Güter hinzu, allen voran die öffentliche Gesundheit als höheres Ziel.
"Wenn ein Staat keine Gesundheitsversorgung mehr aufrecht erhalten kann, weil das System kollabiert – und davor stehen wir (...), – wenn die öffentliche Gesundheit gefährdet ist, sind die Menschenrechte gefährdet und ganz konkret das Recht auf Leben von vielen Menschen, die dieses Gesundheitssystem brauchen und jeder von uns könnte ein solcher Mensch sein",
erklärt Frick. Betroffen könne beispielsweise durch einen Verkehrsunfall jeder sein. Wir alle seien abhängig davon, dass die Gesundheitsversorgung sichergestellt ist. Wenn man also dieses höhere Ziel in die Waagschale lege, werde die körperliche Unversehrtheit von Impfskeptikern "federleicht", so Frick.
Meinungsfreiheit ist demokratisches Grundrecht
Das Recht auf Meinungsfreiheit, so Frick, ist dabei nicht nur das Recht eine Meinung zu äußern oder eine Einstellung kundzutun, sondern auch das Recht Informationen über Grenzen hinweg zu teilen - unabhängig davon, ob sie richtig oder falsch sind. Grenzen dieses Rechtes gebe es wiederum an Rechten anderer: Sie dürfen also keine Verleumdung oder Betrug begehen.
"Aus menschenrechtlicher Sicht kann man in vielen Bereichen sagen: das was relativ leger durch Soziale Medien geht, ist tatsächlich eine potentielle Verletzung von Menschenrechten anderer",
so Frick.
Meinungsfreiheit sei aber nicht nur ein Menschenrecht, sondern auch ein demokratisches Grundrecht. Auch wenn es also gute menschenrechtliche Gründe gebe, Menschen vor Falschinformationen zu schützen, sei dies aus demokratischer Sicht ein Opfer, das man niemals aufbringen dürfte, so Frick. (bfl)
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